Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vollständig beendet – Auswirkungen für Management und Vertragspartner

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) wurde zum 1. Mai 2021 endgültig beendet. Welche Auswirkungen hat dies auf Management und Vertragspartner betroffener Unternehmen?

Im März 2020 wurde mit dem COVInsAG ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht. Bestandteil dieses Maßnahmenpakets war die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflichten und korrespondierende Regelungen für Vertragspartner. In zwei Schritten ist die Aussetzung der Antragspflicht bis zum 31. Dezember 2020 wieder aufgehoben worden.

Bis zum 30. April 2021 gewährte die Bundesregierung solchen Unternehmen weiterhin von einer Antragstellung abzusehen, die in der Regelung aufgeführte Fördermittel beantragt hatten und nach Erhalt der Fördermittel nicht mehr insolvenzreif waren. Zu den engen Voraussetzungen für eine Aussetzung nach dem 1. Januar 2021 hatten wir berichtet.

Gefährlich war es für die Geschäftsführung trotz Aussetzung, einen insolvenzreifen Betrieb fortzuführen, obwohl – vor dem Hintergrund der Suspendierungsregelungen – berechtigterweise keine Insolvenzantrag gestellt werden musste. Außerhalb der Insolvenzordnung geregelte Vorgaben waren teilweise trotzdem einzuhalten. So drohten etwa schon deshalb persönliche Straf- und Haftbarkeitsrisiken, wenn man Geschäftspartner über die eingetretene Insolvenzreife im Unklaren hält. Es wog also Unternehmer in trügerischer Sicherheit. Darauf hatten wir mehrfach hingewiesen (zuletzt hier).

Es ist auch besondere Vorsicht für Vertragspartner geboten, da das Anfechtungsrecht seit dem 1. Oktober 2020 wieder scharf geschaltet ist. D. h., dass das Risiko, nach dem Erhalt einer Leistung eines späteren Insolvenzschuldners die erhaltene Leistung unter dem rechtlichen Aspekt der Insolvenzanfechtung wieder zurückgewähren zu müssen, mindestens genauso hoch ist wie vor der COVID-19-Pandemie. 

Unsere Einschätzung und Empfehlung

Die gesamte Aussetzung der Antragspflicht zum 1. Mai 2021 zu beenden ist richtig. Es ist gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv, insolvenzreife Unternehmen weiterhin von der Insolvenzantragstellung abzuhalten. Man darf dabei nicht übersehen, dass die Werthaltigkeit der Ansprüche von Lieferanten, Arbeitnehmern und allen anderen Vertragspartnern durch jeden Tag der Aussetzung zunehmend gefährdet werden. Mit der Eigenverwaltung bietet auch das Insolvenzrecht passende Möglichkeiten, den Gläubigerschutz zu wahren und gleichzeitig die Restrukturierungsmöglichkeiten zu verbessern.

Für einen vorübergehenden Zeitraum war es trotzdem wichtig die Insolvenzantragspflichten für Unternehmen und Unternehmer zu suspendieren, die von der Pandemie betroffen sind. Nicht nur mangelnde Einnahmen und eine daraus folgende Zahlungsunfähigkeit stellten ein Problem dar, sondern vor allem auch Planungs- und Prognosesicherheit waren zu Beginn der Pandemie für viele Unternehmen schlicht unmöglich. Folgerichtig war auch, die Suspendierung der Antragspflichten für solche Unternehmen bis zum 30. April 2021 beizubehalten, die auf Auszahlung der Fördermittel warteten.

Nicht stringent schützt der Staat nun allerdings Unternehmen, die noch keine ausreichenden Fördermittel erhalten haben, obwohl diese beantragt sind. Noch immer sind erhebliche Teile der Überbrückungshilfe III nicht ausgezahlt. Tritt nunmehr Zahlungsunfähigkeit ein, beginnt die dreiwöchige Frist, in der ein Insolvenzantrag zu stellen ist. Das gilt auch dann, wenn die Auszahlung von Fördermittel für einen späteren Zeitpunkt als drei Wochen angekündigt ist. Hier hilft nur eine Brückenfinanzierung bis zur Auszahlung der Fördermittel. Ansonsten ist das nach Ablauf der Frist Insolvenzverschleppung.

Spätestens seit dem 1. Mai 2021 müssen alle pandemiegeschädigten Unternehmen wieder eine mittelfristige Perspektive bieten, in der sämtliche Verbindlichkeiten rechtzeitig bezahlt werden können (positive Fortbestehensprognose). Hier ist besondere Vorsicht geboten, vor allem durch die noch immer bestehenden Unsicherheiten der Pandemie. Sollte die positive Fortbestehensprognose nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit vorliegen, kommt es darauf an, ob die vorhandenen Vermögenswerte ausreichen, um die Schulden zu begleichen (Überschuldungsstatus). Es muss deshalb bei den mittelfristigen Planungsrechnungen ständig nachjustiert werden, sofern Zweifel bestehen, um zeitnah zwingenden Handlungsbedarf zu erkennen.

Wichtig ist es für krisengebeutelte Unternehmen jetzt tätig zu werden. Zur Vermeidung einer Insolvenzverschleppung kommt hinzu, dass nur für das Jahr 2021 pandemiegeschädigte Unternehmen noch von Sonderregelungen im Restrukturierungsrecht profitieren können. So hat der Gesetzgeber etwa vorübergehend einen erleichterten Zugang zum Schutzschirmverfahren vorgesehen. Auch können die zum Jahresbeginn eingeführten Restrukturierungshilfen vor der Insolvenz helfen, wenn die Schuldenlast nicht zum Geschäftsbetrieb passt.

Zur News-Übersicht