EU-Verordnung reguliert drittstaatliche Subventionen

  • 26.01.2023
  • Lesezeit 4 Minuten

Eine neue Verordnung der Europäischen Union (EU) soll die Regelungslücke bei drittstaatlichen Subventionen schließen. Das bedeutet neue Hürden für M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions) und die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren.

Vor wenigen Tagen ist die Verordnung (EU) 2022/2560 in Kraft getreten, die sich mit drittstaatlichen Subventionen befasst, die den Binnenmarkt verzerren. Sie gilt ab dem 12. Juli 2023. Die EU will damit Wettbewerbsverzerrungen, die durch drittstaatliche Subventionen verursacht werden, beseitigen.

Während Subventionen von Mitgliedstaaten den strengen Regelungen des EU-Beihilferechts und damit der Kontrolle durch die Europäische Kommission unterliegen, bestand bei Subventionen aus Drittstaaten bisher eine Regelungslücke, die nun geschlossen werden soll. Die neue Verordnung wird künftig insbesondere Auswirkungen auf M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions) sowie öffentliche Vergabeverfahren haben.

Drei neue Instrumente für die Europäische Kommission 

Die neuen Vorschriften sehen drei Instrumente zur Überprüfung drittstaatlicher Subventionen durch die Kommission vor: 

  • eine anmeldebasierte Fusionskontrolle für M&A-Transaktionen,
  • eine anmeldebasierte Kontrolle für öffentliche Vergabeverfahren, sowie
  • die Möglichkeit der Überprüfung drittstaatlicher Subventionen auf eigene Initiative der Europäischen Kommission

Anmeldepflichten bestehen in folgenden Fällen:

M&A-Transaktionen sind anmeldepflichtig, wenn 

  • mindestens eines der fusionierenden Unternehmen, das erworbene Unternehmen oder das Gemeinschaftsunternehmen in der EU niedergelassen ist und dort 
  • einen Umsatz von mindestens 500 Millionen Euro erzielt und 
  • die beteiligten Unternehmen in den zurückliegenden drei Jahren von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben.

Die Anmeldung hat nach Vertragsschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder dem Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung, jedoch zwingend vor dem Vollzug zu erfolgen.

Bei der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren ist der Erhalt drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen gegenüber dem Auftraggeber anmeldepflichtig, wenn 

  • der geschätzte Auftragswert mindestens 250 Millionen Euro beträgt und 
  • dem Wirtschaftsteilnehmer in den vergangenen drei Jahren finanzielle Zuwendungen von insgesamt mindestens 4 Millionen Euro pro Drittstaat gewährt wurden.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, muss eine Erklärung abgeben werden, welche die erhaltenen drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen aufführt und bestätigt, dass diese keiner Anmeldepflicht unterliegen.

Konsequenzen einer unterlassenen Anmeldung

Bei unterlassener Anmeldung drohen den beteiligten Unternehmen empfindliche Strafen, die ein Bußgeld von bis zu 10 % des Gesamtumsatzes zum Gegenstand haben können, den die Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt haben.

Eine Anmeldemeldepflicht besteht jedoch erst ab dem 12. Oktober 2023.

Prüfung drittstaatlicher Subventionen unabhängig von Anmeldeschwellen

  • Die Kommission kann auch auf eigene Initiative tätig werden, ohne dass es auf die vorgenannten Anmeldeschwellen ankommt. 
  • Das Initiativrecht umfasst auch drittstaatliche finanzielle Zuwendungen, die in den zurückliegenden fünf Jahren vor dem 12 Juli 2023 gewährt wurden.
  • Die Kommission kann sogar bereits vollzogene M&A-Transaktionen prüfen und anordnen, dass diese rückgängig zu machen sind.

Erhalt „drittstaatlicher finanzieller Zuwendung“ als Voraussetzung für die Anmeldepflichten

Die Anmeldepflichten setzen den Erhalt „drittstaatlicher finanzieller Zuwendungen“ voraus. Dieser Begriff hat einen sehr weiten Anwendungsbereich. Es reicht schon aus, sich durch eine direkte/ indirekte finanzielle Zuwendung des Drittstaats einen Vorteil zu verschaffen. Dies kann sogar in der Bereitstellung oder dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen durch oder von privaten Einrichtungen vorliegen. In der Praxis wird diese weite Definition zu erheblichem Ermittlungsaufwand und Beurteilungsschwierigkeiten bei den betroffenen Unternehmen führen.

Konsequenzen der Verordnung 

Unternehmen müssen bei M&A-Transaktionen und öffentlichen Vergabeverfahren künftig neben möglichen EU-beihilferechtlichen Fragestellungen auch sorgfältig prüfen, ob der Anwendungsbereich der neuen EU-Verordnung eröffnet ist und ob hieraus Anmeldepflichten resultieren. Zukünftig sollten Unternehmen den Erhalt finanzieller Zuwendungen aus Drittstaaten verfolgen und dokumentieren, um möglichen Sanktionen zu entgehen. Diesen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand sollten sie bereits im Vorfeld von M&A-Transaktionen und bei der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren beachten, und bei Fragen zum Thema gegebenenfalls professionelle Beratung einholen.

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Autoren dieses Artikels

Dr. Stefan Meßmer

Partner

Rechtsanwalt

Christoph Reinhardt

Manager

Rechtsanwalt

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