§ 316a HGB Satz 2 enthält die Definition des „Unternehmens von öffentlichem Interesse“ (Public Interest Entity). Public Interest Entity – kurz PIE – bezeichnet danach:
• kapitalmarktorientierte Unternehmen im Sinne des § 264d HGB,
• CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 KWG, und
• Versicherungsunternehmen.
Der Begriff Unternehmen von öffentlichem Interesse wurde durch die Bilanz- Richtlinie 2013/34/EU eingeführt. Am 11. April 2022 veröffentlichte das International Ethics Standards Board for Accountants (IESBA) die überarbeitete Definition einer „Public Interest Entity“ (PIE) im International Code of Ethics .
PIEs sind also Unternehmen, die aufgrund ihrer öffentlichen Relevanz besondere Aufmerksamkeit genießen. Diese Unternehmen umfassen neben bestimmten Banken und Versicherungen auch jene, deren Aktien oder Anleihen an regulierten Märkten gehandelt werden. Regulierte Märkte sind durch staatliche Aufsicht geprägt, was bedeutet, dass Zulassungsvoraussetzungen, Handelsorganisation und fortlaufende Verpflichtungen gesetzlich geregelt sind. Zu den bekanntesten regulierten Märkten in Deutschland gehören der Prime Standard und der General Standard der Frankfurter Börse. Unternehmen, die hier gelistet sind, haben den Vorteil, dass sie leichter Kapital beschaffen können, da diese Märkte eine hohe Liquidität aufweisen. PIEs müssen daher besondere Auflagen erfüllen, um das Vertrauen der Anleger zu gewinnen und zu erhalten.
Externe Rotation – Obligatorischer Wechsel des Abschlussprüfers
Unternehmen von öffentlichem Interesse („PIE“) sind verpflichtet, ihren Abschlussprüfer nach einer bestimmten Zeitspanne zu wechseln („Externe Rotation“). Die maximale Mandatsdauer beträgt 10 Jahre.
Für Kreditinstitute (außer Sparkassen und Genossenschaftsbanken) und Versicherungen gilt, dass der Prüfer nach dem 10. Prüfungsjahr gewechselt werden muss.
Vorgaben, die die Auswahl des Abschlussprüfers einschränken, sind bei allen prüfungspflichtigen Unternehmen (PIE und Nicht-PIE) ungültig.
Der Prüfungsausschuss muss frühzeitig klären, wann ein Prüferwechsel erforderlich ist.
Anforderungen an die Unternehmensführung und Offenlegung
Die Unternehmensführung von PIEs erfordert die Einhaltung strenger Standards. Die Pflichten der Unternehmensführung sind durch spezifische Informations- und Dokumentationspflichten klar definiert.
Mitglieder von Aufsichtsräten und Prüfungsausschüssen in Unternehmen von öffentlichem Interesse stehen unter behördlicher Kontrolle. Das Bundesamt für Justiz oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind befugt, Bußgelder zu verhängen,
- wenn die Überwachung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers unzureichend war,
- wenn die Empfehlung zur Bestellung eines Abschlussprüfers nicht ordnungsgemäß erfolgte oder
- wenn der Vorschlag an die Hauptversammlung zur Bestellung eines Abschlussprüfers nicht gemäß der EU-Verordnung vorgelegt wurde.
Diese Verstöße stellen in der Regel Ordnungswidrigkeiten dar, können aber auch als Straftaten eingestuft werden, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden können.
Prüfungs- und Offenlegungspflichten von Banken und Versicherungen
Banken und Versicherungen unterliegen strengen Prüfungsanforderungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Diese Anforderungen umfassen regelmäßige Überprüfungen der externen Rechnungslegung und die Verpflichtung, Berichte schneller und in standardisierten Formaten offenzulegen. Neben der Erstellung von Konzernabschlüssen nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) müssen Banken und Versicherungen ihre Berichte im European Single Electronic Format (ESEF) veröffentlichen. Dieses digitale Format ermöglicht Analysten und Anlegern eine effiziente Analyse und Vergleichbarkeit der Berichte. Zudem wird die Qualität der Prüfungen durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS überwacht, die sicherstellt, dass die Prüfungen ordnungsgemäß durchgeführt werden und dass die Wirtschaftsprüfer regelmäßig Transparenzberichte veröffentlichen.