Krankschreibung: Keine Entgeltfortzahlung bei entzündetem Tattoo

Krankschreibung: Keine Entgeltfortzahlung bei entzündetem Tattoo
  • 21.08.2025
  • Lesezeit 3 Minuten

Wird ein Mitarbeiter krank, ist sein Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Doch wie sieht es aus, wenn ein Arbeitnehmer infolge einer neu gestochenen Tätowierung arbeitsunfähig wird?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 1, S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verpflichtet, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zur Dauer von sechs Wochen zu leisten, wenn ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass den Arbeitnehmer ein Verschulden trifft.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG) hat ein Arbeitnehmer aber keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, wenn es zu einer Entzündung aufgrund einer gestochenen Tätowierung kommt.

Neues Tattoo am Unterarm entzündet sich – Unternehmen verweigert Entgeltfortzahlung

Im konkreten Fall ließ sich die Arbeitnehmerin ihren Unterarm mit einer Tätowierung verzieren. Die Tätowierung entzündete sich jedoch sehr stark, sodass sie für mehrere Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung mit dem Argument, dass die Arbeitnehmerin an ihrer Arbeitsunfähigkeit ein Verschulden träfe.

Die Angestellte erhob daraufhin Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht. In dem erstinstanzlichen Verfahren obsiegte der Arbeitgeber mit seiner Ansicht. Mit der Berufung wehrte sich die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil.

Eigenes Verschulden: Landesarbeitsgericht gibt Arbeitgeber Recht

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das LAG stellte fest, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet habe. Ein Verschulden im Rahmen des EZFG liegt nach der Auffassung des Gerichts dann vor, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichen Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt.

Ein Verschulden war anzunehmen, da die Klägerin damit hätte rechnen können, dass sich ihre Tätowierung entzündet. Die Klägerin hatte selbst angegeben, dass solche Entzündungen in bis zu fünf Prozent aller Fälle auftreten können. Eine völlig fernliegende Komplikation aufgrund der Tätowierung sei damit laut dem Gericht auszuschließen. Dieses Risiko, so argumentierte die Kammer, sei vergleichbar mit häufigen Nebenwirkungen bei Medikamenten, die bereits als „häufig“ ab einer Wahrscheinlichkeit von über einem Prozent eingestuft werden.

Die Schlussfolgerung: Wer sich dann bewusst Tätowieren lässt, geht vorsätzlich das damit einhergehende Risiko ein und verstößt gegen das Eigeninteresse an der Erhaltung der Gesundheit und erfüllt damit die Voraussetzungen für ein Verschulden nach dem EFZG. Damit entfällt der Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. 

Hinweise für Arbeitgeber

Die Auffassung des LAG überzeugt. Tätowierungen gehören heute für viele Menschen zum Lebensstil bzw. zum persönlichen Erscheinungsbild. Die Zahl der Tätowierungen nimmt seit Jahren ständig zu.

Dennoch können Tätowierungen bei Komplikationen nicht nur medizinische, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Aufgrund der medialen Aufmerksamkeit, die das Urteil zurzeit erfährt und ein höchstrichterliches Urteil des Bundesarbeitsgericht zu diesem Thema noch aussteht, sollten sich Arbeitgeber bei entsprechenden Sachverhalten auch auf dieses Urteil berufen, da die dargelegten Argumente in diesem spezifischen Kontext überzeugen können. Jedoch sollte immer eine Einzelfallprüfung stattfinden.

Zu beachten ist, dass dieses Urteil auch im Bereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung finden dürfte, da nach den entsprechenden Tarifverträgen eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ebenfalls nur zum Tragen kommt, wenn Beschäftigte ohne eigenes Verschulden in Folge von Krankheit arbeitsunfähig sind.

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Autor dieses Artikels

Ralf Pelz

Manager

Rechtsanwalt

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