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BFH-Urteil zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist bei Geschäftsführerhaftung VII R 20/23
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BFH: Geschäftsführer haften wie Steuerschuldner – Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist greift auch bei Vertreterpflichten (§§ 34, 35 AO). Urteil stärkt Gleichbehandlung bei Haftungsbescheiden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte kürzlich die Frage zu entscheiden, ob die zur Haftung eines Entrichtungsschuldners entwickelte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist gemäß § 191 Abs. 3 S. 1 AO i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO auch bei der Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern anzuwenden ist, wenn diese aufgrund gesetzlicher Pflichten (§§ 34, 35 AO) Steuererklärungen oder Steueranmeldungen für Vertretene abzugeben haben.
Der BFH hat dies bejaht.
Der Kläger war in den Jahren 2006 bis 2011 Geschäftsführer der X-GmbH. Da die X-GmbH für diese Jahre keine Steuererklärungen abgab, nahm das Finanzamt (FA) zunächst Vollschätzungen der Besteuerungsgrundlagen vor. Erst im Rahmen einer am 30. Oktober 2014 angeordneten Betriebsprüfung gab die X-GmbH erstmals Steuererklärungen ab. Daraufhin erließ das FA gegenüber der X-GmbH geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2011 und einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2010. Aus diesen Bescheiden ergaben sich erhebliche Abgabenrückstände der X-GmbH, welche diese nicht ausgleichen konnte. Schließlich wurde im Jahr 2015 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der X-GmbH eröffnet. In Anschluss erließ das FA am 13. April 2016 einen Haftungsbescheid gegen den Kläger gemäß § 69 AO. Dieser Haftungsbescheid wurde jedoch im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens am 30. Oktober 2017 gemäß § 130 AO wieder aufgehoben. Dem vorausgegangen war bereits am 9. Januar 2017 ein Strafbefehl gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung in den Jahren 2007 bis 2012. Auf dieser Grundlage erließ das FA am 7. Mai 2018 erneut einen Haftungsbescheid gegen den Kläger über Umsatzsteuer 2006 bis 2011 und Körperschaftsteuer 2010 auf Grundlage von § 71 AO. Zur Begründung bezog sich das FA auf den Strafbefehl und machte sich dessen Feststellungen zu Eigen. Der gegen diesen erneuten Haftungsbescheid erhobene Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
In der Vorinstanz (Az.: 8 K 45/19 H) entschied das Finanzgericht Düsseldorf (FG), hinsichtlich der Haftung für die Umsatzsteuer 2006 sei bei Erlass des Haftungsbescheid vom 7. Mai 2018 die zehnjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen und hob daher den angefochtenen Haftungsbescheid bezüglich der Umsatzsteuer 2006 auf. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte das FG aus, dass, trotz der fehlenden Abgabe von Steuererklärungen, der Beginn der Festsetzungsfrist nicht nach § 191 Abs. 1 AO i. V. m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO gehemmt gewesen sei. Der Anlauf der Festsetzungsfrist sei nur gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen gehemmt, der gesetzlich verpflichtet sei, eine Steuererklärung abzugeben. Dies wäre vorliegend die X-GmbH als Schuldnerin der Steuer. Gebe jedoch der Steuerschuldner die gesetzlich vorgeschriebene Steuererklärung nicht ab, sei die Festsetzungsfrist nicht gegenüber dem Haftungsschuldner gehemmt.
Diesen Feststellungen widersprach der BFH in seiner Entscheidung vom 18. März 2025. Dazu führte er aus, die bisher höchstrichterliche Rechtsprechung zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist bei der Haftung des Entrichtungsschuldners gem. § 191 Abs. 3 S. 1 AO i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO ist auf Haftungsschuldner entsprechend anwendbar, wenn diese aufgrund von gesetzlichen Pflichten (§§ 34, 35 AO) Steuererklärungen für Vertretene abzugeben haben. Der gesetzliche Vertreter oder Geschäftsführer ist dann Steuerpflichtiger im Sinne von § 33 Abs. 1 AO kraft eigener steuerrechtlicher Pflichten.
Nach den Feststellungen des BFH lagen die Voraussetzungen des Haftungstatbestands gemäß § 71 AO vor und auch für die Umsatzsteuer 2006 war keine Festsetzungsverjährung eingetreten. § 191 Abs. 3 S. 1 AO verweist für den Erlass von Haftungsbescheiden auf die Vorschriften über die Festsetzungsfrist. Die jeweilige Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Haftungstatbestand verwirklicht worden ist (§ 191 Abs. 3 S. 3 AO). Ist jedoch die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid gemäß § 191 Abs. 3 S. 4 AO nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.
Bereits höchstrichterlich geklärt war bisher, dass, für Fälle, in welchen der haftungsbegründende Pflichtverstoß darin begründet ist, dass eine Steueranmeldung (Entrichtungssteuer) nicht abgegeben wurde, die Festsetzungsfrist für den Entrichtungsschuldner mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung eingereicht wird, beginnt, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 191 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO).
Nicht vollständig geklärt war hingegen die Frage, ob die von der Rechtsprechung zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist für die Haftung von Entrichtungsschuldnern entwickelte Rechtsprechung auch allgemein für Haftungsschuldner im Sinne des § 191 Abs. 1 S. 1 AO gilt, wenn der Haftungsschuldner zwar nicht selbst Steuerschuldner ist, jedoch aufgrund gesetzlicher Pflichten (§§ 34, 35 AO) Steuererklärungen oder Steueranmeldungen für einen Vertretenen abzugeben hat.
Der BFH ist der Ansicht, dass die Anlaufhemmung gemäß § 191 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO trotz der Bestimmung des § 191 Abs. 3 Satz 3 AO zu beachten ist. Die Haftung des Geschäftsführers knüpft an die Nichtabgabe der Steuererklärung für die GmbH an. Die §§ 34 und 35 AO begründen eine Pflicht zu Abgabe der Steuererklärung im Rahmen eines eigenen Pflichtverhältnisses gegenüber der Finanzverwaltung. Damit sind die gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigte, im Rahmen der §§ 34 und 35 AO, Steuerpflichtige im Sinne des § 33 Abs. 1 AO kraft eigener steuerrechtlicher Pflichten und nicht kraft abgeleiteter Pflichten.
Zusätzlich stellt der BFH fest, dass ein Haftungsschuldner, würde man hier die Regeln zur Anlaufhemmung nicht entsprechend anwenden, gegenüber dem Entrichtungsschuldner, der eine Steuererklärung abzugeben oder eine Steueranmeldung vorzunehmen hat, ungerechtfertigte Vorteile erlangen würde. Der Haftungsschuldner könnte sich, anders als der Entrichtungsschuldner, darauf berufen, dass nicht er für sich selbst zur Abgabe oder Anmeldung verpflichtet sei, und daher die Anlaufhemmung folglich nicht gelte und die Festsetzungsfrist früher eintreten könne. Handelt es sich bei dem Haftungsschuldner jedoch gerade um diejenige Person, welche als gesetzlicher Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigter (§§ 34, 35 AO) die steuerlichen Pflichten des Steuer- beziehungsweise Entrichtungsschuldners zu erfüllen hat, führe dies zu sachwidrigen Ergebnissen.
Schließlich konnte sich der Kläger vorliegend, hinsichtlich des am 2. Mai 2018 erneut, diesmal auf Grundlage von § 71 AO, ergangenen Haftungsbescheids, nicht auf einen entgegenstehenden Vertrauensschutz aufgrund der vorherigen Aufhebung des Haftungsbescheids vom 13. April 2016 berufen. Der am 2. Mai 2018 ergangene Haftungsbescheid betraf nicht denselben Sachverhalt wie der aufgehobene Haftungsbescheid. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn, wie hier, die Inanspruchnahme auf einer anderen Haftungsnorm beruht als im ersten Bescheid. Daher konnte der neue Haftungsbescheid vom 2. Mai 2018 rechtmäßig ergehen.
Der BFH stellt mit seinem Urteil klar: Wer steuerliche Pflichten in Vertretung erfüllt, ist hinsichtlich der Festsetzungsfrist wie der eigentliche Steuerschuldner zu behandeln. Die Anlaufhemmung wirkt sowohl für Entrichtungs- als auch für Haftungsschuldner. Wer steuerliche Pflichten in seiner Funktion als Vertreter verletzt, muss verfahrensrechtlich gleichbehandelt werden wie der Vertretene.
Dr. Rahel Reichold
Partner
Rechtsanwältin
Sabine Hofbauer, LL.M.
Senior Manager
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
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