Modulbauweise: Vergaberechtliche Hürden beim seriellen Bauen

Foto: Mehrere Kräne in einer Skyline bei Sonnenuntergang.
  • 18.08.2025
  • Lesezeit 6 Minuten

Lässt sich bei Funktionsbauten in Modulbauweise die Gesamtvergabe von Planungs- und Bauleistungen an einen Generalübernehmer rechtfertigen? Wie eine vergaberechtskonforme Gesamtvergabe von Modulbauleistungen möglich wird.

Immer mehr Kommunen setzen bei funktionalen Gebäuden mit typischer Nutzung – etwa Kindertagesstätten, Feuerwachen oder Schulgebäuden – auf die modulare Bauweise. Auch die Bundesregierung sieht in seriellen Bauten einen Beitrag zur Lösung der Wohnungsnot.

Die Modulbauweise beschreibt die Errichtung weitgehend standardisierter Gebäude mit Typengenehmigung. Das Bauwerk wird nach dem Baukastenprinzip aus großformatigen, seriell im Herstellerwerk vorgefertigten Bauteilen (Modulen) zusammengesetzt. Diese reichen von einzelnen Tragstrukturen bis hin zu vollständig vormontierten, dreidimensionalen Raumeinheiten (z. B. Containern). Die Module werden aufbaubereit zur Baustelle geliefert und dort lediglich verankert, verbunden und angeschlossen.

Modulbauweise zunehmend gefragt

Zu den Vorteilen zählen u. a. kürzere Bauzeiten, standardisierte Abläufe, geringere Risiken witterungsbedingter Verzögerungen, hohe Kostensicherheit, reduzierte Belastungen der Baustellenumgebung sowie eine größere Flexibilität und Wirtschaftlichkeit.

Während bei konventioneller Bauweise zahlreiche Einzelgewerke durch unterschiedliche Auftragnehmer ausgeführt werden, tritt bei der Modulbauweise regelmäßig der Modulanbieter als Generalunternehmer auf, der eine schlüsselfertige Leistung zu einem Pauschalpreis erbringt.

Vergaberechtliche Hürden

Das Vergaberecht sieht eine solche Gesamtvergabe allerdings kritisch und setzt ihr enge Grenzen. Vor allem im Interesse des Schutzes mittelständischer Betriebe, dem es gesetzlich – neben dem Ziel wirtschaftlicher öffentlicher Beschaffung – ausdrücklich verpflichtet ist (§ 97 Abs. 4 Satz 1 GWB), verlangt es grundsätzlich eine möglichst weitgehende Aufteilung der zu beschaffenden Leistung in (qualitative) Fach- oder (quantitative) Teillose.

Dennoch existieren verschiedene Begründungsansätze, die den Weg zu einer vergaberechtskonformen Gesamtvergabe von Modulbauleistungen ebnen können.

Diese sollen im Folgenden skizziert werden.

Leistungsbestimmungsrecht

Die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für eine bestimmte Bauweise – etwa zugunsten modularer Bauweise – lässt sich im Einzelfall mit seinem Leistungsbestimmungsrecht rechtfertigen. Der öffentliche Auftraggeber ist bei seiner Beschaffungsentscheidung rechtlich grundsätzlich ungebunden und weitgehend frei: Er bestimmt, was beschafft werden soll. Diese Entscheidung ist dem eigentlichen Vergabeverfahren und dessen rechtlicher Strukturierung vorgelagert.

Auch die Überlegung, wie die den Beschaffungsbedarf auslösende Aufgabe optimal gelöst werden kann, obliegt der Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers selbst. Das Vergaberecht regelt also grundsätzlich nicht, was beschafft wird, sondern lediglich wie dies zu erfolgen hat.

Für die konkrete Entscheidung – etwa zugunsten einer Kita in Modulbauweise statt in herkömmlicher Bauweise – benötigt der öffentliche Auftraggeber laut Rechtsprechung nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe. Die Leistungsbestimmung muss willkürfrei erfolgen und darf andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminieren. Angesichts der marktverengenden Wirkung einer Gesamtvergabe von Modulbauleistungen sind diese objektiven Gründe in den Vergabeunterlagen darzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren.

Allerdings: Kritische Stimmen in Literatur und Rechtsprechung lesen das Losbildungsgebot zunehmend in das Leistungsbestimmungsrecht hinein. So betont das OLG München, dass die Beschaffungsautonomie kein Freibrief für eine Gesamtvergabe sei. Besonders problematisch ist die Einbindung vorgelagerter Planungs- und nachgelagerter Bauleistungen in einen Gesamtauftrag durch einen General- oder Totalübernehmer. Das OLG Rostock hält unter Verweis auf die grundsätzliche (Fach )Losfähigkeit von Planungsleistungen eine solche Integration, die es als Mittel zur Erreichung des Beschaffungsziels betrachtet, für vergaberechtlich unzulässig.

Fehlende Aufteilbarkeit der Leistung

Unabhängig vom Umfang des Leistungsbestimmungsrechts ist die Gesamtvergabe eines seriellen Modulbaus dann nicht losbildungswidrig, wenn eine sinnvolle Aufteilung der modularen Gesamtbauleistung in Fachlose faktisch nicht möglich ist.

Dies kann der Fall sein, wenn die Leistungen einem einheitlichen baugewerblichen Fachzweig zuzuordnen sind und – mit Blick auf die Marktstruktur – nicht durch unterschiedliche Fachunternehmen erbracht werden können. Ein etabliertes „Fachlos Modulbau Feuerwache“ wäre hier ein denkbares Beispiel.

Die modulare Bauweise ist zunehmend von Standardisierung geprägt. Die werkseitige Vorfertigung und spätere Zusammensetzung der Module auf der Baustelle verkürzen die Bauzeit erheblich, führen jedoch auch dazu, dass sich einzelne Gewerke technisch kaum trennen lassen. Zwar wären Leistungen wie Sanitär, Elektro oder Dacharbeiten theoretisch auslagerbar, praktisch bestehen jedoch häufig Hindernisse: Hersteller bieten oft nur komplett integrierte Lösungen an, die auf interne Prozesse und spezifische Verankerungssysteme abgestimmt sind. Eine Herauslösung einzelner Gewerke birgt das Risiko technischer Schnittstellenprobleme, erhöhten Koordinationsaufwands und möglicher Inkompatibilitäten – insbesondere bei sicherheitsrelevanten Bauten.

Auch in diesen Fällen gilt: Die Gründe für die angenommene Unteilbarkeit der Leistungen sind detailliert zu dokumentieren.

Streng zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang erneut die Einbindung von Planungsleistungen. So muss insbesondere nachvollziehbar dargelegt werden, warum für bestimmte Planungsphasen kein eigenständiger Markt existiert. Dies kann etwa bei der Werkplanung (Leistungsphase 5 HOAI) der Fall sein, da diese regelmäßig tiefgehende Kenntnisse des Fertigungsprozesses beim Modulhersteller voraussetzt, die außerhalb des Herstellerbetriebs kaum verfügbar sind.

Ausnahme im Einzelfall

Letztlich kann eine Gesamtvergabe serieller Modulbauleistungen an einen Generalunternehmer nach § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB auch ausnahmsweise zulässig sein, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

Voraussetzung ist eine umfassende, dokumentierte Abwägung, die sowohl die für als auch die gegen eine Gesamtvergabe sprechenden Gründe berücksichtigt. Dabei müssen wirtschaftliche und technische Aspekte explizit benannt und tragfähig belegt werden. Die Anforderungen der Rechtsprechung sind hier streng – die Zulässigkeit einer Ausnahme ist kein Automatismus.

Ausschlaggebend ist, dass die Entscheidung nicht lediglich auf Wunschdenken beruht: Allein der Wunsch nach Skaleneffekten, kürzeren Bauzeiten oder geringerer Koordination reicht nicht aus, um eine Losaufteilung zu umgehen.

Auch hier gilt: Planungsleistungen wie die Genehmigungs- oder Werkplanung sind differenziert zu betrachten. Selbst wenn sie grundsätzlich losfähig sind, kann ihre Einbindung in einen Gesamtauftrag zulässig sein, wenn überzeugend dargelegt werden kann, dass eine gesonderte Vergabe im konkreten Fall nicht sachgerecht ist.

Fazit: Eine rechtssichere Gesamtvergabe muss sorgfältig vorbereitet werden

Grundsätzlich gilt: Öffentliche Auftraggeber, die im Rahmen serieller Bauvorhaben Leistungen an einen General- oder Totalübernehmer vergeben möchten, müssen ihre Argumente gut darlegen, objektiv begründen und sorgfältig dokumentieren.

Mit der richtigen Vorbereitung und einer standfesten Begründung ist eine rechtssichere Gesamtvergabe möglich. Kommunen, Behörden und öffentliche Unternehmen können dann von den Vorteilen seriellen Bauens profitieren.

 

Vielen Dank an Dr. Peter Czermak für seine wertvolle Unterstützung beim Verfassen dieses Beitrags.

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Autor dieses Artikels

Dr. Christian Teuber

Partner

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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