Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau von Gasnetzen: Neue Anforderungen

Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau von Gasnetzen: Neue Anforderungen
  • 24.10.2025
  • Lesezeit 3 Minuten

Die Energiewende wirkt zunehmend auch auf die handelsrechtliche Rechnungslegung. So hat sich jüngst auch der Energiefachausschuss (EFA) des IDW mit der Frage befasst, welche bilanziellen Konsequenzen sich aus den Klimazielen bis 2045 für Gasnetzbetreiber ergeben. Denn die bisher häufig zugrunde gelegte Annahme einer dauerhaften Gasversorgung – die sogenannte „Ewigkeitsvermutung“ – ist angesichts der angestrebten Treibhausgasneutralität bis 2045 nicht mehr uneingeschränkt tragfähig. Damit rücken Rückstellungen für Stilllegungs- und Rückbauverpflichtungen deutlich stärker in den Fokus der handelsrechtlichen Jahresabschlusserstellung.

In einer Stellungnahme an die Bundesnetzagentur vom 25. Juli 2025 weist das IDW auf mögliche Unterschiede zwischen der regulatorischen und handelsrechtlichen Behandlung von Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau hin. Diese Differenzen können zu erheblichen Herausforderungen bei der Finanzierung führen. Aus handelsrechtlicher Sicht sind Rückstellungen bereits zu bilden, sobald eine Außenverpflichtung besteht und mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist.

Gasnetzbetreiber müssen künftig sorgfältig prüfen, ob aufgrund gesetzlicher, vertraglicher oder faktischer Rahmenbedingungen Verpflichtungen zur Stilllegung oder zum Rückbau entstehen können. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn bislang keine konkrete behördliche Anordnung vorliegt. Dabei sind unterschiedliche Szenarien – von der möglichen Weiternutzung für alternative Gase (zum Beispiel Wasserstoff) bis hin zur vollständigen Aufgabe der Infrastruktur – zu berücksichtigen.

Die Bewertung solcher Verpflichtungen erfordert eine fundierte Analyse der zu erwartenden Erfüllungskosten (inklusive Demontage, Entsorgung, Umweltmaßnahmen etc.) sowie eine realistische Einschätzung des Zeitpunkts der Inanspruchnahme. Zudem sind regulatorische Entwicklungen – etwa im Rahmen des Entwurfs RAMEN Gas oder der Umsetzung der EU-Richtlinie 2024/1788 – in die Überlegungen einzubeziehen, auch wenn sie für die handelsrechtliche Bilanzierung nicht unmittelbar maßgeblich sind.

Für die Praxis bedeutet das: Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den bilanziellen Konsequenzen und eine enge Abstimmung zwischen Finanzbereich, technischer Abteilung und Rechtsberatung sind unerlässlich. Unternehmen sollten rechtzeitig interne Prozesse aufsetzen, um Verpflichtungen zu identifizieren, Szenarien zu bewerten und die bilanziellen Auswirkungen nachvollziehbar abzubilden.
 

Fazit und Handlungsfelder: 

Mit dem Wegfall der Ewigkeitsvermutung können für Gasnetzbetreiber Stilllegungs- und Rückbauverpflichtungen bestehen, die zu einer Passivierungspflicht führen. Netzbetreiber sollten jetzt systematisch prüfen, welche Netzteile künftig nicht weiter genutzt, umgewidmet oder stillgelegt werden müssen, um Bilanzierungssicherheit zu schaffen und künftige Kostenanerkennung sicherzustellen. Rückstellungen für Stilllegung (Sicherung, Entleerung, Abklemmen etc.) und Rückbau (Entfernung, Entsorgung) sollten zudem getrennt erfasst und Verpflichtungen sorgfältig dokumentiert werden. Die BNetzA-Festlegung RAMEN Gas und die Umsetzung der EU-Richtlinie 2024/1788 werden entscheidend für die zukünftige Kostenanerkennung sein. Unternehmen sind gut beraten, die weitere Entwicklung der Regelungen eng zu verfolgen und Stilllegungspläne vorzubereiten, die regulatorischen Anforderungen (Dokumentation, Kostenermittlung, Genehmigungspflicht) entsprechen.
 

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Autor dieses Artikels

Daniel Deutsch

Partner

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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