Rechtlich bedenkliche Musterklausel: FAQ der EU-Kommission zur verpflichtenden No-Russia-Klausel in Verträgen

  • 05.03.2024
  • Lesezeit 3 Minuten

Bereits mit dem 12. Sanktionspaket im Dezember 2023 hat die EU mit Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 die sogenannte No-Russia-Klausel eingeführt. Hiernach sind Unternehmen für Ausfuhren ab dem 20. März 2024 verpflichtet, in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt (sog. No-Russia-Klausel).

Neben der Verbotsklausel haben die Unternehmen vertraglich angemessene Sanktionen für den Fall der Verletzung der No-Russia-Klausel zu vereinbaren.  

Diese Verpflichtung besteht jedoch nur, wenn  

Gegenstand der Lieferung sind. 

Zudem entfällt diese Pflicht, wenn die Lieferung in ein Partnerland, derzeit USA, Japan, Vereinigtes Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und die Schweiz (gem. Anhang VIII der Verordnung 833/2014), ausgeführt wird.  

Zudem bestehen für Altverträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, bis zum 20. Dezember 2024 Ausnahmen.  

FAQ der EU Kommission

Am 22. Februar 2024 hat die EU-Kommission FAQs zur Anwendung und Ausgestaltung der No-Russia-Klausel erlassen. Neben Hinweisen zum Anwendungsbereich und Umgang mit Bestandsverträgen enthalten die FAQs auch wichtige Auslegungshilfen bzgl. angemessener Sanktionen. Die Kommission stellt klar, dass die vertraglichen Sanktionen den Warenempfänger abschrecken sollen, die Güter nach Russland zu re-exportieren. Hierzu sollte eine solche Klausel neben einem Sonderkündigungsrecht eine spürbare Vertragsstrafe enthalten.  

Musterklausel

Die FAQs enthalten eine Musterklausel, welche nach Ansicht der Kommission alle Anforderungen des Art. 12g EU-Verordnung 833/2014 abdeckt. 

Nach Prüfung der Klausel wird ausdrücklich davon abgeraten, die Klausel 1:1 in Verträgen zu verwenden, soweit die Verträge dem deutschen Recht unterliegen. Die Musterklausel berücksichtigt die Anforderungen des Art. 12g, allerdings sind die deutschen Anforderungen an die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) u.E. nicht erfüllt. So ist beispielsweise die Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe unklar, es fehlt unter anderem die Regelung zur Anrechnung der Vertragsstrafe auf sonstige Schadensersatzansprüche.  

Unter das deutsche AGB-Recht fallen nicht nur die als „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ bezeichneten Klauseln, sondern auch alle Vertragsklauseln, sobald diese zur mehrmaligen Nutzung entworfen oder tatsächlich mehrfach genutzt werden. Daher sind in der Regel Standardverträge und -klauseln als AGB einzustufen.  

Hält die Klausel eine Inhaltskontrolle nach dem deutschen AGB-Recht nicht Stand, wird diese von einem Zivilgericht als unwirksam eingestuft. Sie gilt dann nicht mehr als vertraglich verpflichtend beziehungsweise vereinbart.  

Aufgrund des strikten deutschen AGB-Rechts sollte diese Klausel daher nur in überarbeiteter und auf Verträge angepasster Form verwendet werden. Es wird dazu geraten, dies in Zusammenarbeit mit einer Rechtsabteilung oder Fachanwälten zu tun.  

Zudem müssen diese AGB-Klauseln wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein, was in der Regel nicht der Fall ist, wenn beispielsweise auf die AGB beziehungsweise die No-Russia-Klausel erst in der Auftragsbestätigung verwiesen wird.  

Rechtsfolge einer unwirksamen No-Russia-Klausel ist, dass gerade kein vertragliches Re-Exportverbot nach Russland besteht, mithin eine buß- und strafrechtlich ahndungsfähige Verletzung des Art. 12g EU-Verordnung 833/2014 gegeben sein könnte. Es drohen dann gegenüber den Handelnden und dem Unternehmen Bußgelder oder bei Vorsatz sogar Haftstrafen.  

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Sven Pohl

Director

Rechtsanwalt

Mareike Höcker

Manager

Rechtsanwältin

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