Medizinische Fachangestellte verweigert Corona-Schutzimpfung: Kündigung unwirksam?

  • 17.04.2023
  • Lesezeit 3 Minuten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied jüngst, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion nicht gegen das Maßregelungsverbot verstößt.

Demnach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, wenn der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt (§ 612 a BGB).

Dieser Entscheidung lag folgender Fall zugrunde

Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie weigerte sich, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich (fristgemäß) zum 31. August 2021. Hiergegen hat die Klägerin geklagt und insbesondere geltend gemacht, dass die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstoße. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.

Laut BAG war die Impfweigerung nicht das Kündigungsmotiv

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg (BAG, Urt. v. 30.03.2023 – 2 AZR 309/22; Pressemitteilung des BAG v. 30.03.2023). Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehlt an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers.

Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei sei es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestünden keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.

Praxishinweis

Zwar können Kündigungen in Zeiten von Corona und im Zusammenhang damit gerechtfertigt sein. Beispielsweise können/konnten auch betriebsbedingte Kündigungen aufgrund von Betriebsschließungen erfolgen. Dies ist aber eingehend zu prüfen. Es gelten die üblichen kündigungsrechtlichen Bestimmungen und kein Sonderkündigungsrecht.

Und auch wenn derzeit die Masken-, Isolations- und Impfpflicht(en) nicht mehr bestehen, ist die Frage der rechtlich erlaubten Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie, wie die Impfpflicht, nicht „aus der Welt“.

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