Krankmeldung kann durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht infrage gestellt werden

  • 07.06.2023
  • Lesezeit 2 Minuten

Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Keine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgrund der Krankmeldung eines Arbeitnehmers bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Urteil vom 8. März 2023, Az. 8 Sa 859/22)

In dem entschiedenen Fall war der Kläger zunächst vom 2. Mai 2022 bis 6. Mai 2022 krankgeschrieben. Die Beklagte erklärte am 2. Mai 2022, dem Kläger am 3. Mai 2022 zugegangen, die Kündigung zum Monatsende. Letzterer legte anschließend zwei Folgebescheinigungen vor, die seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Monatsende auswiesen. Die Beklagte hatte Zweifel an der Echtheit der Erkrankung und verweigerte die Lohnfortzahlung, da der Kläger für die verbleibende Zeit des Arbeitsverhältnisses vollständig krankgemeldet war und bereits am 1. Juni 2022 eine neue Tätigkeit aufnahm.

Das Landesarbeitsgericht betonte, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung komme ein hoher Beweiswert zu, der nicht erschüttert worden sei. Für eine Erschütterung sei erforderlich, dass die Beklagte tatsächliche Umstände, die Zweifel an der Erkrankung des Klägers begründen, darlegt und beweist. Auf die im Urteil vom Bundesarbeitsgericht (Az. 5 AZR 149/21) aufgestellten Grundsätze komme es nicht an. So hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dann erschüttert sei, wenn ein Arbeitnehmer am Tag der eigenen Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben werde und die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit exakt die Dauer der Kündigungsfrist umfasse (sog. zeitliche Koinzidenz). Dies liege hier anders, da es eine Arbeitgeberkündigung sei, mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegen haben und es an der zeitlichen Koinzidenz fehle. Die Krankschreibung des Klägers sei der Kündigung durch die Beklagte zeitlich vorausgegangen.

Das Urteil zeig, dass für die Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein die zeitliche Koinzidenz nicht ausreicht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zugelassen. Nach dem Landesarbeitsgericht könne der Umstand, dass der Kläger zu Beginn seiner neuen Tätigkeit wieder gesund gewesen sei, eine andere Beurteilung rechtfertigen. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht in der Sache entscheiden wird.

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Autor dieses Artikels

Dr. Jörg Buschbaum, LL.M.

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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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