Zukunftsfinanzierungsgesetz: BMF und BMJ veröffentlichen Referentenentwurf für einen attraktiveren Kapitalmarkt

  • 24.04.2023
  • Lesezeit 6 Minuten

Am 12. April 2023 wurde der lang ersehnte Referentenentwurf des Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) veröffentlicht.

Der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes verfolgt im Wesentlichen die Ziele, die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts zu stärken und die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts als bedeutenden Teil eines starken Finanzplatzes Europa zu erhöhen. Hierzu sieht der Referentenentwurf umfangreiche Maßnahmen und Regelungen aus dem Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und dem Steuerrecht vor, umso für Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital zu erleichtern. 

Im Überblick: Die Ziele und Maßnahmen des neuen Zukunftsfinanzierungsgesetzes 

Nach der Veröffentlichung des Eckpunktschreibens zum Zukunftsfinanzierungsgesetz am 29. Juni 2022 durch das BMF und das BMJ, wurde nun der Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz veröffentlicht. Ziel des Zukunftsfinanzierungsgesetzes ist es, sowohl den deutschen Finanzmarkt als auch den Standort Deutschland für nationale und internationale Unternehmen und Investoren attraktiver zu gestalten. 

Der Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz erkennt, im Einklang mit der vom Bundeskabinett am 27. Juli 2022 beschlossenen Start-up-Strategie der Bundesregierung, die besondere Bedeutung von Start-ups für das Wachstum der deutschen Wirtschaft und sieht hierzu neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen und der Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts auch Regelungen zur Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen vor. 

Die vorgesehenen finanzmarktrechtlichen Anpassungen sollen den Zugang zum Kapitalmarkt sowie die Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU erleichtern und zugleich die Digitalisierung des Kapitalmarkts vorantreiben. Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in Form von Erleichterungen zur Eigenkapitalgewinnung sowie die Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen durch Steuererleichterungen und Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vor. 

Finanzmarktrechtliche Anpassungen

Im Rahmen der finanzmarktrechtlichen Anpassungen sieht der Referentenentwurf Erleichterungen bei den Börsenzulassungsanforderungen und bei den Zulassungsfolgepflichten vor. Hierzu werden beispielsweise das Mindestkapital für einen Börsengang von derzeit 1,25 Millionen Euro auf eine Million Euro gesenkt und Regelungen für Akquisitionszweckgesellschaften (Special Purpose Acquisition Companies, „SPACs“) eingeführt, die Unternehmen zur Vorbereitung eines Börsengangs dienen. 

Darüber hinaus sieht der Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes vor, dass Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Krypto-Wertpapiere. Da die Begebung von Inhaberaktien auch als Krypto-Wertpapiere eine Vielzahl gesellschafts- und geldwäscherechtlicher Fragestellungen aufwerfen würde, ist für Inhaberaktien eine Beschränkung der elektronischen Begebung auf Zentralregisterwertpapiere vorgesehen. Das eWpG war bei seiner Einführung bereits so formuliert worden, dass punktuelle Änderungen des eWpG und des Aktiengesetzes ausreichend sind. 

Im Weiteren enthält der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes eine Bereichsausnahme für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von der AGB-Kontrolle nach den §§ 307, 308 Nummer 1a und 1b BGB, die in Verträgen über erlaubnispflichtige Geschäfte nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) und dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) verwendet werden. Von der Bereichsausnahme erfasst werden AGB in allen Verträgen über Finanzdienstleistungen, die mit großen Finanzunternehmen oder mit kleinen und mittleren Finanzunternehmern geschlossen werden, sofern diese für das Geschäft, welches Vertragsgegenstand ist, eine aufsichtsrechtliche Genehmigung haben. 

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz verfolgt ebenfalls das Ziel, finanzmarktrechtliche Verfahrensabläufe zu digitalisieren und zu internationalisieren. Hierzu sieht der Referentenentwurf die Ersetzung von Schriftformerfordernissen durch elektronische Kommunikationsverfahren, die Bereitstellung und Verwendung von Musterformularen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie eine Kommunikation auf Englisch als internationaler Arbeitssprache vor.  

Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts

Da die Beschaffung von Eigenkapital für die im Fokus des Zukunftsfinanzierungsgesetzes stehenden Wachstumsunternehmen und Start-ups von großer Bedeutung ist, soll diesen eine flexiblere Gestaltung ermöglicht werden. Hierzu sieht der Referentenentwurf die Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien (dual class shares) sowie die Erleichterung und Beschleunigung von Kapitalerhöhungen vor. Die bislang bestehende Grenze beim vereinfachten Bezugsrechtsausschluss im Aktienrecht wird von 10 Prozent des Grundkapitals auf 20 Prozent erhöht.

Auch die Grenzen des bedingten Kapitals bei Unternehmenszusammenschlüssen sowie für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung steigen von 50 und 10 Prozent auf jeweils 60 bzw. 20 Prozent. Im Weiteren ist vorgesehen, dass Streitigkeiten über die Angemessenheit der Höhe des Ausgabebetrages bei Kapitalmaßnahmen gemäß § 255 Aktiengesetz (AktG) nicht mehr im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens zuzulassen, sondern stattdessen im Spruchverfahren zu entscheiden sind. 

Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen

Auch die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Wachstumsunternehmen und Start-ups sollen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz verbessert werden. Hierzu wird für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung und die Aktie als Vermögensanlage der Steuerfreibetrag in § 3 Nummer 39 Einkommensteuergesetz (EStG) von derzeit 1.440 auf 5.000 Euro angehoben. 

Des Weiteren wird der Anwendungsbereich der Regelung zur aufgeschobenen Besteuerung (§ 19a EStG) signifikant ausgeweitet, umso die gerade für Start-ups und Wachstumsunternehmen besonders hinderliche sog. Dry-Income-Problematik weitgehend zu lösen. Durch die verbesserten steuerlichen Rahmenbedingungen soll es jungen Unternehmen erleichtert werden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und sich im internationalen Wettbewerb um Talente zu behaupten.

Die im vergangenen Jahr angekündigte Einführung eines Freibetrags für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und von Aktienfondsanteilen wurde im Gesetzentwurf des BMF nicht umgesetzt. Gleiches gilt für die ebenfalls angekündigte Abschaffung des gesonderten Verlustverrechnungskreises für Aktienveräußerungsverluste.

Darüber hinaus sollen durch eine Änderung von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG die Verwaltungsleistungen von alternativen Investmentfonds (AIF) im Sinne des § 1 Abs. 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs von der Umsatzsteuer befreit werden. Nach der derzeitigen Rechtslage erstreckt sich der Umfang der Umsatzsteuerbefreiung auf Investmentfonds im Sinne der OGAW-Richtlinie und auf die Verwaltung solcher AIF, die den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterliegen.

Ausblick und Inkrafttreten

Der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes findet sowohl in der Finanzbranche als auch in der Start-Up-Branche positive Resonanz und bietet die Chance, den deutschen Finanzmarkt zu stärken und für internationale Teilnehmer attraktiver und somit wettbewerbsfähiger zu werden. Der Entwurf enthält konkrete Verbesserungen und Vorhaben, die auf der Angebotsseite bessere Rahmenbedingungen insbesondere zur Finanzierung von Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU schaffen und zugleich Anreize für Anlegerinnen und Anlegern bieten, Vermögen mit Wertpapieren aufzubauen. 

Dem Referentenentwurf zufolge sollen die geplanten Maßnahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes noch in der ersten Hälfte der laufenden Legislaturperiode in Kraft treten. Vor der finalen Fassung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes haben nun die (Bundes-)Länder, (Bundes-)Institutionen, Verbände und Organisationen im Rahmen der sog. Ressortabstimmung die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Über den weiteren Verlauf werden wir Sie in Zukunft selbstverständlich informieren und stehen Ihnen für Fragen zum Zukunftsfinanzierungsgesetz oder anderen aufsichtsrechtlichen Themen jederzeit gerne zur Verfügung.

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Autor dieses Artikels

Jörg Mühlenkamp

Partner

Rechtsanwalt, Steuerberater

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