Strafrechtliche Folgen bei Verstößen gegen Embargovorschriften

  • 16.01.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Verstöße gegen Embargomaßnahmen der Europäischen Union haben nicht nur Folgen für die Reputation eines Unternehmens, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen.

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG sind unter anderem vorsätzliche Verstöße gegen Verkaufs-, Liefer- und Dienstleistungsverbote bestimmter Embargovorschriften strafbewährt. Dafür sieht das Gesetz Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Wer solche Verstöße fahrlässig begeht, handelt immerhin ordnungswidrig. Im Raum stehen Geldstrafen von bis zu 500000 Euro. Bei Verstößen gegen ein Waffenembargo gemäß § 17 AWG droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Unternehmen geraten wegen Verstößen schnell in den Fokus der Ermittlungsbehörden

Ein bekanntes Beispiel ist ein inzwischen eingestelltes strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ein mittelständisches Unternehmen. In einer Verkaufsstelle des Unternehmens kaufte ein Kunde Elektronikartikel, die in der Russlandembargo-Verordnung als Luxusgüter gelistet sind. Solche Güter dürfen nicht zur Verwendung in Russland verkauft, geliefert, verbracht oder ausgeführt werden. Als Rechnungsadresse teilte der Kunde dem zuständigen Mitarbeiter eine Adresse in der Türkei mit und legte dazu passende Ausweispapiere vor. Diese waren vermutlich gefälscht, um einen reibungslosen Abschluss des Kaufvertrages zu ermöglichen. Der Käufer meldete anschließend die Ware zur Ausfuhr bei der Zollstelle am Flughafen an, die die Ausfuhr wegen eines Verstoßes gegen das Russlandembargo stoppte. In der Folge wurde ein Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsleitung der Verkäuferin eröffnet. Im Raum stand für die zuständige Staatsanwaltschaft, dass diese vorsätzlich die Elektronikartikel zur Verwendung in Russland verkauft habe.

In einem anderen Fall verkaufte und lieferte ein deutsches Unternehmen an ein russisches Unternehmen Waren, die als solche nicht im Russlandembargo gelistet waren. Allerdings sollten diese Waren als Ersatzteil eines gelisteten Gutes dienen. Nach der Russlandembargo-Verordnung ist es nicht nur verboten, gelistete Güter zu verkaufen oder zu liefern, sondern auch an Unternehmen in Russland, oder zur Verwendung dort unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe im Zusammenhang mit den Gütern, zu leisten. Technische Hilfe umfasst dann auch die Lieferung von Ersatzteilen zur Wartung und Reparatur von gelisteten Gütern.

Auffällig ist daneben, dass die Exporte von im Russlandembargo sanktionierten Gütern aus der Europäischen Union in russische Nachbarstaaten seit Beginn des Ukraine-Krieges angestiegen sind. Dies betrifft insbesondere die Lieferung von elektronischen Geräten, die unter anderem wichtige Halbleiter enthalten. Vermutet werden hier Geschäfte zur Umgehung der Verbote aus der Russlandembargoverordnung, indem die Geräte aus den Nachbarstaaten nach Russland geliefert werden. In Art. 12 Russland-Embargoverordnung wird jedoch die wissentliche und vorsätzliche Beteiligung an Tätigkeiten, die die Umgehung der Embargoverordnung zum 

Gegenstand haben, verboten. Entsprechend betrafen im Jahr 2022 die meisten Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen die Russland- und Belarus-Embargos Umgehungsgeschäfte.

Sanktionsverstöße sind jedoch nicht nur hinsichtlich des Russlandembargos von strafrechtlicher Relevanz, wie ein Ermittlungsverfahren gegen ein deutsches Unternehmen, das im Bereich der militärische Kommunikationstechnik tätig ist, zeigt. Presserecherchen hatten den Verdacht erhärtet, dass das Unternehmen Satellitentechnik und -produkte an das myanmarische Militär - zum Teil über ein myanmarisches Unternehmen - geliefert haben soll. Die Tätigkeiten hätten auch noch nach und entgegen den Verschärfungen der Myanmarembargo-Verordnung im Jahr 2018 stattgefunden. In diesem Zusammenhang soll das deutsche Unternehmen unter anderem einen Vertrag mit dem myanmarischen Militär und einem myanmarischen Unternehmen geschlossen haben. Die Auftragsbestätigung erfolgte über ein Unternehmen mit Sitz in Singapur, die Lieferung der Waren an ein Unternehmen in Vietnam. Von dort seien die Vertragsgegenstände nach Myanmar gelangt. Die Myanmarembargo-Verordnung enthält personenbezogene Sanktionsmaßnahmen sowie Beschränkungen in den Bereichen Dual-Use-Güter, Überwachungstechnologie und Ausrüstung für die interne Repression. Daneben ist in ihr ein Umgehungsverbot statuiert. Derzeit ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft gegen das deutsche Unternehmen.

Das deutsche Unternehmen reagierte und lässt eine Kanzlei die Geschäfte des Unternehmens untersuchen und bewerten. Eine unternehmensinterne Untersuchung als Folge eines Verdachtes von Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht kann sinnvoll sein, um weitere straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen, zum Beispiel nach § 130 OWiG oder der Unterlassenstrafbarkeit von Verantwortlichen, zu begegnen. Ein adäquates unternehmensinternes Compliance Management-System setzt zudem voraus, dass bei möglichen Verstößen gegen Rechtsvorschriften diesen durch die zuständigen Personen nachgegangen wird.

Sollte ein Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht drohen oder bereits eingeleitet worden sein, ist zu empfehlen, im Strafrecht als auch im Außenwirtschaftsrecht, Beratung einzuholen.

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Mareike Höcker

Manager

Rechtsanwältin

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