BFH-Urteil zu Verrechnungspreisen im Zoll

BFH-Urteil zu Verrechnungspreisen im Zoll

Der BFH stellt klar: Nachträgliche Preiserhöhungen können den Zollwert beeinflussen. Unternehmen müssen nun stärker belegen, dass keine Preisbeeinflussung vorlag – besonders bei konzerninternen Anpassungen.

Mit BFH-Urteil Az.: VII R 36/22 vom 15. Juli 2025 hat der BFH die Kriterien definiert, inwieweit nachträgliche Preiserhöhungen der unterjährigen Verrechnungspreise zu einer zollrechtlichen Nachbelastung führen. 

Ausgangslage des Rechtsstreits waren Kaufgeschäfte zwischen verbundenen Unternehmen. Die Unternehmen hatten vereinbart, dass die Klägerin eine als fremdüblich bezeichnete „Agreed Margin“ erhalten solle. Die unterjährigen Kaufpreise, welche zugleich als Zollwertgrundlage dienten, wurden mittels einer Datenbankanalyse bestimmt, indem eine errechnete fremdübliche Bandbreite für Umsatzrenditen ermittelt wurde. Da die tatsächlich erzielten Umsatzrenditen erheblich über der vereinbarten Marge lagen, wurde die Klägerin nachträglich mit der Differenz durch die Konzerngesellschaften belastet. Das HZA betrachtete die Nachbelastungen als zollwertrelevant und erließ entsprechende Nacherhebungsbescheide. 

Nachbelastungen als Indiz für Preisbeeinflussung 

In seiner Entscheidung vom 15. Juli 2025, Az.: VII R 36/22, stellt der BFH klar, dass nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen, die zu Nachzahlungen führen, auf eine Preisbeeinflussung hindeuten, sodass eine Anpassung des Zollwertes geboten erscheint. Da die nachträglichen Kostenbelastungen zudem über Jahre anhielten, spreche vieles dafür, dass die unterjährigen Verrechnungspreise durch die Verbundenheit beeinflusst gewesen seien. Die Beweislast liege bei der Klägerin, dass keine Preisbeeinflussung zum Einfuhrzeitpunkt gegeben gewesen sei. 

Abgrenzung zu Hamamatsu 

Der BFH verdeutlicht, dass das Hamamatsu-Urteil des EuGH und die bisherige Rechtsprechung (Senatsurteil vom 17.05.2022 – VII R 2/19) sich auf Fälle bezogen hatten, bei denen eine nachträgliche Preissenkung erfolgte. Anders als bei einer nachträglichen Preiserhöhung liege in der Preissenkung gerade kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Preise durch die Verbundenheit im Lichte des Zollrechts beeinflusst waren. Insofern seien diese Urteile auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. 

Was bedeutet das Urteil konkret? 

Zollrechtlich bedeutet dieses, dass bei nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen zwischen Erstattungs- und Nachbelastungsfällen zu differenzieren sein wird. Bei Erstattungsfällen bleibt eine Erstattung der Abgaben praktisch ausgeschlossen, da keine Preisbeeinflussung angenommen wird. Mithin ist der unterjährige Verrechnungspreis als Transaktionswert final. 

Bei Nachbelastungen hingegen obliegt es nunmehr dem Einführer, nachzuweisen, dass keine Preisbeeinflussung durch die Verbundenheit vorlag. Hierbei liegt in der Nachbelastung bereits ein Indiz für die Beeinflussung vor, welches sich bei langjähriger, gleichbleibender Praxis verstärkt. Die Einführer müssten nunmehr unter Vorlage aussagekräftiger Verrechnungspreisdokumentationen darlegen können, dass die unterjährigen Preise dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten. Ein (einfaches) Benchmarking wie im vorliegenden Fall hatte der BFH als nicht hinreichend angesehen, um eine Preisbeeinflussung ausschließen zu können. 

Kritische Betrachtung des Zielmargenansatzes im Zollrecht 

An dieser Stelle wird deutlich, dass aus zollrechtlicher Sicht eine Anwendung des sogenannten „Target-Margin-/Zielmargenansatzes“ durchaus kritisch zu betrachten ist bzw. regelmäßig zu Diskussionen führen wird, da der vorgenannte Ansatz bei der Aussteuerung von Gesellschaften mit Routineaktivitäten (z. B. Routinevertriebsgesellschaften, sog. „Low-Risk Distributor“) zwischen verbundenen Unternehmen bei Liefer- und Leistungsbeziehungen mit Auslandsbezug regelmäßig angewendet wird, um unterjährige Verrechnungspreise am Jahresende derart zu korrigieren, dass die Routinegesellschaft eine mit dem Funktions- und Risikoprofil im Einklang stehende Vergütungsbandbreite (z. B. Bandbreite an Nettorenditen eines „Low-Risk Distributor“) erzielt. Folglich wird bei derartigen Jahresendanpassungen aus ertragsteuerlicher Sicht eine insgesamte Ergebniskorrektur zur Erreichung eines fremdüblichen Entgelts vorgenommen, wohingegen bei der zollrechtlichen Betrachtung allein auf den unterjährigen Transaktionspreis abgestellt wird. Theoretisch betrachtet wären in den Fällen, in denen Jahresendanpassungen erforderlich wären, die unterjährigen Preise nicht fremdüblich, obgleich aus zollrechtlicher Sicht diese als Basis für die Zollbestimmung herangezogen werden. 

Handlungsempfehlungen für international tätige Unternehmen 

International agierende Unternehmen sollten bei Verrechnungen innerhalb der Unternehmensgruppe (sog. Intercompany-Geschäfte) die angemeldeten Zollwerte im Lichte des BFH-Urteils überprüfen. Dies schließt auch die Überprüfung der Vereinbarungen ein, welche bei der Frage der Preisbeeinflussung einzubeziehen sind. Hierzu ist unseres Erachtens eine Zusammenarbeit zwischen der Zollabteilung, Legal und der Steuerabteilung (Verrechnungspreise) erforderlich. Es muss sichergestellt sein, dass sowohl die verrechnungspreisrechtlichen als auch die zollrechtlichen Aspekte rechtskonform und im Unternehmensinteresse berücksichtigt werden. 

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