Bundessozialgericht: Auch als Geschäftsführer angestellte Anwälte können sozialversicherungspflichtig sein

  • 08.09.2022
  • Lesezeit 3 Minuten

Das Bundessozialgericht hat im Juni entschieden, dass Rechtsanwälte, die als Gesellschafter-Geschäftsführer eines Unternehmens tätig sind, grundsätzlich sozialversicherungspflichtig sein können.

In dem zugrundeliegenden Fall hatten fünf Rechtsanwälte, die Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH sind, gegen die Feststellung der Deutschen Rentenversicherung Bund, sie seien sozialversicherungspflichtig, geklagt. Die Kläger beriefen sich auf ihre Selbstständigkeit und verwiesen dazu auf die Stellung des Anwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege.

Die Bundesrechtsanwaltsordnung gewährleiste in § 1 ausdrücklich ihre Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit auch als Geschäftsführer einer Anwaltsgesellschaft. Die Kläger hielten zunächst jeweils 20 Prozent, nach Ausscheiden eines Klägers 25 Prozent der Gesellschaftsanteile. Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung wurden mit einfacher Mehrheit gefasst. Ihre Geschäftsführerverträge sahen ein festes Monatsgehalt von brutto 6.500,00 Euro zuzüglich eines 13. Monatsgehalts und einer gewinnabhängigen Vergütung von 10 Prozent des tantiemepflichtigen Gewinns vor. Zudem bestanden Ansprüche auf Weiterzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von sechs Monaten sowie auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen.

Entscheidung des Bundessozialgerichts

Mit Urteil vom 28. Juni 2022 (Az. B 12 R 4/20 R) wies das Bundessozialgericht die Revisionen der Kläger gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zurück. Bei Rechtsanwaltsgesellschaften komme es – wie allgemein bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung – für die Frage einer Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung der Gesellschafter-Geschäftsführer darauf an, ob sie über die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verfügen, die Geschicke des Unternehmens zu bestimmen.   Aufgrund ihres Gesellschaftsanteils und der Regelungen im Gesellschaftsvertrag verfügten die Minderheitsgesellschafter nicht über die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, die Geschicke der Rechtsanwaltsgesellschaft zu bestimmen. Die Geschäftsführerverträge enthielten zudem typische Regelungen für eine abhängige Beschäftigung. Daher seien die Geschäftsführer im Grundsatz sozialversicherungspflichtig.

Mein Praxishinweis

Nur dann, wenn die Geschäftsführer-Gesellschafter einer Rechtsanwalts-GmbH über eine Sperrminorität verfügen oder Mehrheitsgesellschafter sind, sind sie – nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung – als nicht versicherungspflichtig anzusehen und müssen keine Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung entrichten. Dies müssen Rechtsanwälte bei der Gründung einer GmbH zukünftig zwingend beachten. Insbesondere müssen dann auch Befreiungsanträge von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung rechtzeitig zum Tätigkeitsbeginn als GmbH-Geschäftsführer gestellt werden. Bei der Krankenversicherung kommt es dann allein auf die Höhe des Gehalts an, ob man sich gesetzlich versichern muss oder privat versichern kann.

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Autor dieses Artikels

Mona Baron

Senior Manager

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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