Regierungsentwurf: Änderungen im Mindeststeuergesetz geplant

Regierungsentwurf: Änderungen im Mindeststeuergesetz geplant
  • 18.09.2025
  • Lesezeit 15 Minuten

Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf zum Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG-ReGE) beschlossen. Er bringt wichtige Neuerungen für HGB- und IFRS-Bilanzierer sowie beim CbCR Safe Harbour.

Am 3.9.2025 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – im Folgenden kurz: MinStAnpG-ReGE) beschlossen.

Artikel 1 Änderung des Mindeststeuergesetzes

Der folgende Beitrag stellt einige wesentliche geplante Änderungen des MinStG durch das MinStAnpG-ReGE auf der Basis des Regierungsentwurfs (Bearbeitungsstand: 21.08.2025) dar. Dabei werden auch die beiden Diskussionsentwürfe vom 8.8.2024 und vom 2.12.2024 und der Referentenentwurf vom 5.8.2025 berücksichtigt.

I.    (Nicht) Ansatz von aktiven latenten Steuerüberhängen; insbes. bei HGB-Bilanzierern

Die Komplexität des MinStG besteht darin, dass es umfangreiche Verweise auf andere Rechtsvorschriften enthält; so wie bei der Ermittlung des Mindeststeuergewinns oder Mindeststeuerverlustes und bei der Ermittlung der angepassten erfassten Steuern die Verweise auf verschiedene Rechnungslegungsstandards, nämlich die anerkannten Rechnungslegungsstandards ( § 7 Abs. 4 MinStG), wie z.B.  IFRS, HGB, US-GAAP oder die zugelassenen Rechnungslegungsstandards (§ 7 Abs. 37 MinStG). 

Diese Standards sind keineswegs einheitlich. Gleichwohl hat sich das Inclusive Framework der OECD bei den Arbeiten an den GloBE Model Rules gedanklich an der dynamischen Bilanzierungsmethode nach IFRS als Basis der Ermittlung des Mindeststeuergewinnes oder -verlustes und der angepassten erfassten Steuern orientiert. Nach diesem Konzept sind bei der Berechnung des Steueraufwands/-ertrags sowohl gezahlte und zurückgestellte Steuern als auch steuerliche Aufwendungen oder Erträge aus der Bildung oder Auflösung von latenten aktiven oder passiven Steu-erpositionen zu berücksichtigen.

Dabei sind auch Überhänge aus aktiven latenten Steuern nach IFRS 12 zwingend auszuweisen, wobei aber die Ansatz- und Bewertungskriterien zu berücksichtigen sind. Dies kann zum Nichtausweis oder Niedriger Bewertung von aktiven latenten Steuern aus Verlustvorträgen nach IFRS 12 führen, wenn z.B. keine ausreichenden Gewinnerwartungen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von fünf Jahren bestehen. Verbessern sich später die Gewinnerwartungen, so sind aktive latente Steuern nach IFRS erstmals anzusetzen bzw. höher zu bewerten, was zu einem Ausweis eines entsprechenden Steuerertrags führt. Damit löst sich allerdings die periodische Zuordnung eines Steuerertrags von der handels- und steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, da die Buchung des Steuerertrags auch in Perioden erfolgen kann, in denen kein handels- oder steuerlicher Verlust, sondern vielmehr ein Gewinn entsteht. Technisch könnte  damit auch in einem „Hochsteuerland“ durch den bilanziellen Verschiebungseffekt eine Niedrigbesteuerung von unter 15 % in einem Gewinnjahr entstehen.

Hier greift bereits das geltende MinStG durch Korrekturregelungen ein (§§ 44 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 MinStG), wodurch die ertrags- und aufwandswirksamen Effekte von aktiven latenten Steuerpositionen, insbesondere aus Verlustvorträgen, dem Verlustentstehungsjahr unabhängig von den Ansatz-und Bewertungskriterien nach IFRS zugeordnet werden. Durch diese Korrektur durch die Anpassungsvorschriften des MinStG steht auch in späteren Gewinnjahren der entsprechende steuerliche Aufwand aus der Auflösung des so nur für Mindestbesteuerungszwecken gebildeten fiktiven aktiven latenten Steuerpostens zur Verfügung. Die Gefahr einer rein technisch bedingten Niedrigbesteuerung in einem Hochsteuerland ist damit, was die Berücksichtigung von steuerlichen Verlusten bzw. Verlustvorträgen angeht, vordergründig gebannt.

Lösen die Korrekturvorschriften des MinStG bereits den Konnex von den Ansatz- und Bewertungskriterien für aktive latente Steuerpositionen für IFRS-Bilanzierer, so sollten sie sich auch für HGB-Bilanzierer von dem Bilanzierungswahlrecht nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB lösen (vgl. Röd-der/Altenburg, UBG 2024, 353, Das Mindeststeuergesetz, S. 353, 365) und den fiktiven Aufwand oder Ertrag aus den aktiven latenten Steuerpositionen unabhängig von der Ausübung des Wahlrechts zulassen, denn es ist nicht ersichtlich, warum das MinStG hier HGB-Bilanzierer anders als IFRS-Bilanzierer behandeln sollte. 

Genau an diesem Punkt setzt das MinStAnpG-RegE an und will mit der Anpassung des derzeit geltenden § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStG durch Einbeziehung des Bilanzierungswahlrechts in die Korrekturvorschrift die bislang bestehende Unsicherheit beseitigen und die HGB-Bilanzierer damit den IFRS-Bilanzieren gleichstellen. Im Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStAnpG-ReGE kommt das durch folgende Ergänzung zum Ausdruck:
„entsprechendes gilt auch für ... den Verzicht auf den Ansatz eines sich insgesamt ergebenden Steueranspruchs.“

In der Begründung des 1. Diskussionsentwurfs finden sich hierzu folgende Erläuterungen:

„Der Gesamtbetrag  der angepassten latenten Steuern für ein Geschäftsjahr für eine Geschäftseinheit umfasst auch einen Überhang an aktiven latenten Steuern, selbst wenn das Wahlrecht nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in Anspruch genommen wurde und der Aktivüberhang entsprechend nicht in der Bilanz angesetzt wurde. Die Entwicklung der in dem netto ausgewiesenen Aktivüberhang enthaltenen Positionen muss anhand geeigneter Daten nachvollziehbar sein.“

Im Regierungsentwurf (Stand 21.8.2025) werden darüber hinaus auch vergleichbare ausländische Vorschriften mit einbezogen (Regierungsentwurf, Bearbeitungsstand 21.8.2025 S. 52): 

„Darüber hinaus werden aktive und passive latente Steuern bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der angepassten latenten Steuern einbezogen, wenn sie aufgrund eines Aktivüberhangs infolge § 274 des Handelsgesetzbuches oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung nicht in der Bilanz angesetzt wurden.“

Dies steht im Gegensatz zur bisherigen Gesetzesbegründung des derzeit geltenden MinStG, nach der das Ansatzwahlrecht zum Ausweis des aktiven latenten Steuerüberhangs in der HGB-Bilanz spätestens im Übergangsjahr ausgeübt werden muss und andernfalls die latenten Steuern nicht im Rahmen der angepassten latenten Steuern berücksichtigt werden könnten.

Entsprechend soll auch für das Übergangsjahr die Einbeziehung aktiver latenter Steuern in die erfassten Steuern stets und unabhängig davon sichergestellt werden, ob das im Fall des Aktivüberhangs nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB (oder den entsprechenden ausl. Vorschriften) bestehende Ansatzwahlrecht ausgeübt wurde oder nicht. Dies ergibt sich daraus, dass für die Bestimmung der Steuerattribute des Übergangsjahres (§ 82 Abs. 1 – 3 MinStG) der § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStAnpG-RegE entsprechend gelten soll (§ 82 Abs. 4 Nr. 1 MinStAnpG-ReGE).

Es bleibt zu hoffen, dass diese Änderungen Eingang in die endgültige Fassung des MinStAnpG finden.

Für die Praxis bleibt allerdings anzumerken, dass Vorschriften für das Übergangsjahr (§ 82 MinStG) und die übererarbeiteten Korrekturvorschriften (§ 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStAnpG-ReGE) für die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern nicht auf die CbCR Safe-Harbour Vorschriften anzuwenden sind. Ergibt sich nach den Safe-Harbour Vorschriften, die ohne Anpassung (nur) auf die tatsächliche handelsrechtliche Bilanzierung abstellen, aus den oben dargestellten Gründen technisch eine Niedrigbesteuerung, so kann diese Option für dieses Jahr und damit auch für die Folgejahre nicht ausgeübt werden und es ist nach den regulären Regeln über die Ermittlung des Mindeststeuergewinns- oder Mindeststeuerverlusts und den angepassten erfassten Steuern die „Hochbesteuerung“ darzulegen (vgl. zu diesem Verhältnis der Safe Harbour-Regeln zu den regulären Berechnungsregeln auch: Rödder/Altenburg, ebenda).

II.    Anpassungen beim CbCR Safe Harbour

Der CbCR Safe Harbour enthält drei selbstständige Tests („ETR-Test“, „Substanztest“, „De minmis Test“), die auf Basis eines „qualifizierten“ länderbezogenen Berichts angewendet werden können, wenn die Option pro Jurisdiktion ausgeübt wird. Die OECD hat im Dezember 2023 ihre dritte Verwaltungsrichtlinie mit umfänglichen Hinweisen zu Anwendung und notwendigen Voraussetzungen der CbCR Safe Harbour Regelung veröffentlicht. Die Neuregelungen setzen die aus der dritten Verwaltungsrichtlinie bekannten Anforderungen an die Datenbasis des qualifizierten länderbezogenen Berichts in nationales Recht um. Sie enthalten verpflichtende Regelungen zur Anpassung der den CbCR Safe Harbour-Tests zugrundeliegenden Gewinn- und Steuergrößen, sowie bei PPA Adjustments und Inkongruenzen. Im Einzelnen:

1.    Rechnungslegungsgrundlagen des CbCR Safe Harbour

In § 87 MinStG sind die grundlegenden Definitionen für den CbCR Safe Harbour geregelt. § 87 Abs. 1 Satz 1 MinStG lautet bislang:

„Ein länderbezogener Bericht (§ 138a der Abgabenordnung) ist qualifiziert, wenn dieser mit einem qualifizierten Konzernabschluss erstellt wurde.“

§ 87 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a MinStG lautete in Bezug auf die Definition des qualifizierten Konzernabschlusses bisher:

„die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichenen Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten vor Konsolidierungsanpassungen und Zwischenergebniseliminierungen und ohne Anpassungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2, sofern diese nach § 15 Abs. 1 Satz 3 nicht zulässig sind.“

Durch die Verwendung des Wortteils „abschluss“ entstand Unsicherheit darüber, ob damit die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abschlusses gemeint war, die bislang nach Handelsrecht nicht bestand.

An diese Stelle tritt nunmehr § 87 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MinStAnpG-ReGE:

Qualifizierte Rechnungslegungsdaten sind

„1.    Die Berichtspakete; Berichtspakete sind die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichenen Rechnungslegungsdaten der Geschäftseinheiten, wenn sie den § 138a AO enthaltenen Anforderungen für die länderbezogenen Berichterstattung entsprechen.“

Damit soll Punkt 2.3.1. der vom Inclusive Framework am 15. Dezember 2023 angenommenen Administrative Guidance umgesetzt werden. Für das jeweilige getestete Steuerhoheitsgebiet müssen die Angaben für alle Geschäftseinheiten einheitlich aus derselben Datenquelle (Jahresabschlüsse oder Berichtspakete) stammen. Damit sollen entweder die Berichtspakete für die Erstellung des länderbezogenen Berichts genutzt werden, mit denen auch der Konzernabschluss erstellt wird oder die Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten, die nach einem anerkannten oder zugelassenen Rechnungslegungsstandards erstellt wurden (Begründung S. 66 f).

2. Konsistente Verwendung von Rechnungslegungsdaten

Die einheitliche und konsistente Verwendung der Daten bezieht sich auf die Geschäftseinheiten des jeweils getesteten Steuerhoheitsgebiets. Die Verwendung verschiedener Datenquellen (Jahresabschlüsse oder Berichtspakete) und damit die Zugrundelegung verschiedener Rechnungslegungsstandards für verschiedenen getestete Steuerhoheitsgebiete ist grundsätzlich zulässig (Punkt 2.3.2. der Administrative Guidance vom 15.12.2023).

Nach dem bisherigen Wortlaut des MinStG bestand das „Betriebsstättenproblem, da für Betriebsstätten oft nur abweichende Rechnungslegungsdaten zur Verfügung stehen, da Betriebsstätten steuerlichen Zuordnungskonzepten folgen, nicht aber immer verpflichtend handelsrechtliche Abschlüsse zu erstellen sind.

Bei uneingeschränkter Geltung des Konsistenzgrundsatzes könnte daher in Ländern, in denen die Unternehmensgruppe sowohl Anteile Tochtergesellschaften hält als auch Betriebsstätten unterhält die Option für den CbCR Safe Harbour nicht ausgeübt werden. 

Diesbezüglich regelt nunmehr § 87 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 MinStAnpG-ReGE, dass Betriebsstätten vom Konsistenzprinzip ausgenommen sind. Als qualifizierte Rechnungslegungsdaten für Betriebsstätten werden die Rechnungslegungsunterlagen anerkannt, die auch dem länderbezogenen Bericht zulässigerweise zugrunde gelegt wurden (§ 87 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MinStAnpG-ReGE).

Damit wird die Möglichkeit zur Option für den CbCR Safe Harbour auch für den Betriebsstättenfall sichergestellt.

3. „Push-Down Accounting“ – „PPA-Adjustments” (§ 87a MinStG-ReGE)

Die Regelungen des CbCR Safe Harbour's bezgl. des sog. „Push-Down Accounting“, die nach Unternehmenserwerben durch Share-Deals zu beachten sind, sollen nunmehr in einem neuen § 87a MinStAnpG-ReGE aufgestellt werden. Bislang findet sich hier in § 87 MinStG nur eine Verwei-sung auf § 15 MinStG. 

Nach § 87a Abs. 1 MinStAnpG-ReGE darf für nach dem 31.12.2022 beginnende Geschäftsjahre eine Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode auch beim CbCR Safe Harbour berücksichtigt werden, wenn sie auch Eingang in die Berichtspakete oder Jahresabschlüsse gefunden hat, die Grundlage des länderbezogenen Berichts waren. Ist das sog. „Push-Down“ in die Rechnungslegung der Geschäftseinheit und im länderbezogenen Bericht einbezogen worden, so sind dem Gewinn oder Verlust aus dem länderbezogenen Bericht (§ 87 Nr. 4 MinStG) gem. § 87a Abs. 2 MinSt-GAnpG-ReGE Wertminderungen eines Geschäfts- oder Firmenwerts, welche auf einem Beteiligungserwerb nach dem 30. November 2021 beruhen für Zwecke des CbCR-Substanztest wieder hinzuzurechnen. Für den Effektivsteuersatztest gilt dies nur dann, wenn das Berichtspaket oder der Jahresabschluss nicht bereits eine Umkehrung der latenten Steuerschuld oder den Ansatz oder die Erhöhung eines latenten Steueranspruchs in Bezug auf die Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwerts enthalten.

4.    Anpassungen bei Inkongruenzen (§ 87b MinStAnpG-RegE)

Mit dem neuen § 87b MinStAnpG-RegE sollen Anpassungen für Zwecke des CbCR Safe Harbours für Aufwendungen und Erträge vorgenommen werden, die sich aus Inkongruenzen ergeben. Damit sollen die Vorgaben aus der OECD-Administrative Guidance aus Dezember 2023 im Hinblick auf „Hybrid Arbitrage Arrangements“ umgesetzt werden. Inkongruenzen ergeben sich insbesondere – aber nicht nur – dann, wenn Aufwendungen und Erträge beim Leistenden und beim Empfänger steuerlich so unterschiedlich qualifiziert werden, dass sich daraus aus Konzernsicht Besteuerungslücken ergeben.

Inkongruenzen werden in dem neuen § 87b Abs. 1 MinStAnpG-ReGE umfangreich definiert, Sie liegen von, wenn eine Vereinbarung zwischen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe zu Folgendem führt:

  1. zum Abzug von Aufwendungen ohne eine entsprechende Erhöhung von Erträgen oder des Gewinns,
  2. zum doppelten Abzug von Aufwendungen oder zur doppelten Verlustnutzung oder 
  3. zur doppelten Berücksichtigung von Steuern.

In den § 87b Abs. 2 bis 4 MinStAnpG-RegE werden die vorstehend benannten Inkongruenzen im Einzelnen definiert. § 87 Abs. 5 MinStAnpG-RegE enthält die Anwendungsvorschrift, wonach die Korrekturregeln für Inkongruenzen grds. für Vereinbarungen gelten, die nach dem 15. Dezember 2022 abgeschlossen wurden.

Für frühere Vereinbarungen kann sich auch im Erfüllungszeitraum die Anwendung der Korrekturregelung für die Inkongruenzen ergeben, wenn wesentliche Veränderungen der Vereinbarungen oder der bilanziellen Behandlung vorliegen (näheres in § 87 Abs. 5 Satz 2 MinStAnpG-RegE).

4.    Korrespondierende Dividenden/inkongruente Dividenden (§ 87 Abs. 5 und 7 MinStAnpG-RegE)

Die jetzt vorgesehene Fassung des § 87b Abs. 5 und 7 MinStAnpG entschärft das Problem des 1. Diskussionsentwurfs des MinStAnpG, für sog. korresondierende Dividenden, die aufgrund einer verunglückten Fassung des § 87 Nr. 4 und 5a MinStAnpG (i.d.F. des 1. Diskussionsentwurfs) zu einer weitgehenden Aushebelung des CbCR Safe Harbours hätte führen können. 

Nach dem 1. Diskussionsentwurf sollte in einem neuen § 87 Nr. 5a MinStAnpG der Begriff der korrespondierenden Dividenden wie folgt definiert werden:
„Korrespondierende Dividenden sind Erträge, die aufgrund der steuerlichen Qualifikation beim Leistenden als Dividende für Zwecke des länderbezogenen Berichts vom Gewinn oder Verlust vor Steuern bei den Leistungsempfängern ausgenommen sind.“

Diese Dividenden sollten im Rahmen des CbCR Safe Harbours beim Leistungsempfänger nach dem geänderten § 87 Nr. 4 MinStAnpG (i.d.F. des 1. Diskussionsentwurfs)  dem Gewinn hinzugerechnet werden, ohne dass damit Langzeitbeteiligungen oder Schachtelbeteiligungen (§ 20 MinStG) ausgenommen werden sollten. Da Dividenden im Normalfall für den Leistungsempfänger steuerfrei sind, hätte sich damit die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der effektiven Steuerquote erheblich verbreitern können, ohne dass damit eine entsprechende Erhöhung der Steuern einhergegangen wäre. Dies hätte bedeutet, dass sich der Anwendungsbereich des CbCR Safe Harbours für Holdings drastisch verringert hätte, weil vielfach eine Hochbesteuerung von mindestens 15 % nicht mehr mit den vereinfachten Berechnungsgrundlagen dieses Safe Harbours hätte nachgewiesen werden können. Eine Hochbesteuerung könnte dann vielfach nur noch durch die reguläre Berechnung nachgewiesen werden, weil in diesem Rahmen der Dividendenkürzungsbetrag für Schachtelbeteiligungen und Langzeitbeteiligungen (§ 20 MinStG) zu berücksichtigen ist. 

Dieses Problem kann u.E. nach den neuen § 87 Abs. 5 und 7 MinStG-RegE nicht mehr bestehen, da der Begriff der korrespondierenden Dividenden nicht mehr verwendet wird und anstelle dessen Korrekturen nur bei inkongruenten Dividenden vorzunehmen sind (§ 87 Abs. 5 MinStAnpG-RegE), die nur dann vorliegen, wenn die Dividenden beim Empfänger steuerfrei sind, bei der leistenden Geschäftseinheit jedoch nicht als Dividende einzustufen sind (§ 87 Abs. 7 MinStAnpG-RegE).

III. Wesentliche Änderungen im regulären Vollberechnungssystem

1.    Latente Steuern

Latente Steuern sollen fortan teilweise auf Basis eines sog. MinSt-Buchwertes zu ermitteln sein (§ 50 Abs. 1a MinStAnpG-RegE) 

Mit der Ergänzung wird Punkt 2 „Divergences between GloBE and accounting carrying values” der vom Inclusive Framework on BEPS am 24. Mai 2024 angenommenen Verwaltungsleitlinien umgesetzt. In der Folge ist für die Ermittlung des Gesamtbetrags der latenten Steuern die temporäre Differenz zwischen dem Mindeststeuer-Buchwert und dem steuerlichen Wert maßgebend (Begründung Reg-E, S. 53).

Solche Divergenzen zwischen dem Finanzabschluss nach den Rechnungslegungsvorschriften und den Vorschriften des MinStG entstehen beispielsweise durch folgende Korrekturvorschriften des MinStG:

  • § 25 MinStG - Korrekturposten Pensionsaufwand;
  • § 34 MinStG - Wahlrecht für die Bewertung aktienbasierter Vergütungen;
  • § 37 MinStG - Wahlrecht für Konsolidierung anstelle der Bewertung gruppeninterner Transaktionen nach dem Drittvergleichsmaßstab, soweit diese zwischen Geschäftseinheiten der Unternehmens-gruppe innerhalb desselben Steuerhoheitsgebietes vereinbart wurden;
  • § 35 MinStG – Wahlrecht für die Bewertung nach der Gewinnrealisierungsmethode anstelle „fair value accounting“.

Auch die bisher in § 50 Abs. 4 MinStG geregelte Nachversteuerung soll durch die Bildung von sog. „Nachversteuerungsgruppen“ erleichtert werden (§ 50a MinStAnpG-RegE). 

2.    „Vor Pillar-Two-Steuern“ als nicht erfasste Steuern (§ 45 Abs. 2 Nr. 2 MinStAnpG-RegE)

Für die reguläre Vollberechnung gelten (wahrscheinlich nur laufende) Steuern aus Geschäftsjahren, die dem Übergangsjahr vorhergehen („Vor-Übergangsjahr-Steuern“), als nicht erfasste Steuern, was prinzipiell die effektive Steuerquote erhöhen kann. Dafür sollen diese Steuern nach der Begründung des RegE bei der Berechnung des Mindeststeuergewinns oder Mindeststeuerverlustes nicht mehr herauszurechnen sein (§ 45 Abs. 2 Nr 2 MinStAnpG-RegE).

Diese Korrekturvorschrift gilt wohl für den CbCR Safe Harbour nicht, da in § 87 Abs. 4 Satz 1 MinStAnpG RegE die Anwendung des § 45 Abs. 2 Nr. 2 MinStAnpG-RegE explizit ausgeschlossen wird.

3.    Reorganisationen (§ 66 Abs. 2 MinStAnpg-RegE)

Bei Upstream Mergern und ähnlichen Fallkonstellationen, die nach nationalem Steuerrecht im wesentlichen steuerneutral bei Buchwertfortführung durchgeführt werden konnten, ist in der Bilanz des übernehmenden Unternehmens im Regelfall ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust auszuweisen, der durch Wegfall der Anteile an der übertragenden Geschäftseinheit und Übernahme  der Buchwerte für die übergegangenen Wirtschaftsgüter entsteht. Es waren Zweifel aufgekommen, ob auch die Vorschrift über die Mindeststeuerreorganisation (§ 66 MinStG), diesen Vorgang „mindeststeuerneutral“ zulässt. Durch die Neufassung des § 66 Abs. 2 MinStAnpG-RegE soll diese Problematik gelöst und im Wesentlichen ein Gleichlauf zum nationalen Steuerrecht hergestellt werden, in dem ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust (bei Buchwertansatz für die übergegangenen Wirtschaftsgüter) außer Ansatz gelassen wird. Dies gilt allerdings nur, wenn auch eine Anteilsveräußerung nach § 21 MinStG steuerfrei gewesen wäre. Damit wird der Gleichlauf zwischen § 66 MinStG und § 21 MinStG auf Anteilseignerebene hergestellt.

IV. Sonstiges

Umfangreiche Änderungen bzw. Einfügungen betreffen die Berichtigung des Mindeststeuerberichts (§ 75a MinStAnpG-RegE), die Steuerattribute des Übergangsjahrs (§ 82 MinStAnpG-RegE), ausgeschlossene Steuerattribute (§ 82a MinStAnpG-RegE), die Bewertung gruppeninterner Übertragungen (§ 82 b MinStAnpG)-RegE , die nach dem 30. November 2021 und vor Beginn des Übergangsjahrs stattgefunden haben und die Vorschriften über das Übergangsjahr (§ 82c MinStAnpg-RegE).

Reminder: Die obige Darstellung des MinStAnpG-RegE ist nicht vollständig. Es sollten nur einige wesentliche praxisrelevante Änderungsvorschläge des Entwurfs dargestellt werden. 

Für den vollständigen Wortlaut verweisen wir auf den Entwurf des Gesetzes. 

Artikel 4 Änderung des Einkommensteuergesetzes
Die Abzugsbeschränkung für betrieblich veranlasste Rechteüberlassung (§ 4j EStG) wird gestrichen.

Artikel 5 und 6 Änderung des AStG
Neben Änderungen des § 9 AStG (Freigrenze) und des § 13 AStG (Kürzungsbetrag bei Beteiligung an ausländischer Gesellschaft) wird  § 11 AStG an § 8b Abs. 3 und 5 KStG angepasst und die entsprechende Anwendung des (geänderten) § 11 Abs. 1 bis 4 AStG für Organgesellschaften angeordnet (§ 11 Abs. 6 AStG (neu).

Weitere Änderungen durch den Regierungsentwurf betreffen das Finanzverwaltungsgesetz (Art. 2, das EU-Amtshilfegesetz (Art. 3) und das Investmentsteuergesetz. 

Schlussbemerkung:

Die Reformbestrebungen machen deutlich, dass die Finanzverwaltung und die Bundesregierung trotz der jüngst aufgekommenen grundsätzlichen Kritik weiterhin an der Mindeststeuer festhalten wollen.

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Autor dieses Artikels

Dr. Klaus-Jörg Dehne

Head of Quality Legal & Tax

Rechtsanwalt

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