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Der BFH erleichtert Steuerpflichtigen den Nachweis verspäteter Postzustellungen. Strukturelle Zustellprobleme privater Dienstleister können die Zugangsvermutung erschüttern und den Rechtsschutz stärken.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 29. Juli 2025 (Az. VI R 6/23) eine für die steuerliche Verfahrenspraxis bedeutsame Entscheidung zur Bekanntgabe von Verwaltungsakten getroffen. Im Mittelpunkt steht die Frage, unter welchen Voraussetzungen die gesetzliche Vermutung des Zugangs gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO widerlegt werden kann, wenn Finanzämter Einspruchsentscheidungen per einfachem Brief, insbesondere über private Postdienstleister, versenden.
Ausgangspunkt der Entscheidung war ein Einspruch des Klägers gegen seinen Einkommensteuerbescheid. Die ablehnende Einspruchsentscheidung des Finanzamts datierte auf Freitag, den 28. Januar 2022, und wurde per einfachem Brief an den Steuerberater des Klägers versandt. Mit dem Versand beauftragte das Finanzamt einen privaten Postdienstleister, der im Gewerbegebiet des Kanzleibüros regelmäßig nur von Dienstag bis Freitag zustellt. Post, die für eine Samstagszustellung vorgesehen war, wurde in der Praxis erst am darauffolgenden Montag zugestellt. Im Büro des Prozessbevollmächtigten ging die Einspruchsentscheidung tatsächlich erst am 3. Februar 2022 ein und wurde mit diesem Datum gestempelt. Ein Posteingangsbuch wurde nicht geführt, der Briefumschlag war nicht mehr vorhanden. Auf Basis dieses Zugangs erhob der Kläger am 3. März 2022 Klage gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung. Das mit der Sache befasste Finanzgericht Münster (Urteil vom 11. Mai 2023 – Az. 8 K 520/22 E) wies die Beteiligten während des Verfahrens auf Zweifel bezüglich der Wahrung der Klagefrist hin. Der Kläger argumentierte, dass der tatsächliche Zugang der Einspruchsentscheidung laut Eingangsstempel seines Beraters am 3. Februar 2022 erfolgt sei und er deshalb die Frist gewahrt habe. Laut Kläger habe das Finanzamt keinen zuverlässigen Postdienstleister beauftragt und trage insgesamt auch die Beweislast für die Zustellung.
Das FG wies die Klage dennoch wegen Nichteinhaltung der Klagefrist als unzulässig ab. Die gesetzliche Bekanntgabevermutung sei vom Kläger nicht entkräftet worden. Der vom Kläger vorgebrachte Eingangsstempel seines Steuerberaters reiche dafür nicht aus. Mit den Sendungsdaten des Versanddienstleisters könne nachvollzogen werden, wann das Schreiben vom Finanzamt zur Post gegeben wurde, sodass laut FG ausreichende objektive Beweismittel zur Verfügung stehen.
Der BFH sah dies im Rahmen der Revision anders und hob das Urteil des FG auf. Der Senat stellte klar, dass substantiierte Hinweise auf strukturelle Zustellprobleme ausreichen können, um erhebliche Zweifel am Zugang innerhalb der Dreitagesfrist zu begründen. Die gesetzliche Vermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei zwar grundsätzlich stark, könne aber durch plausible und nachvollziehbare Tatsachen erschüttert werden. Das Erfordernis eines substantiierten Tatsachenvortrags darf laut BFH nicht dazu führen, dass die Regelung über die objektive Beweislast, die nach dem Gesetz das Finanzamt trifft, zu Lasten des Steuerpflichtigen umgekehrt wird. Entscheidend ist nach Auffassung des BFH vielmehr, dass der Steuerpflichtige konkrete Umstände vorträgt, aus denen sich ergibt, dass ein typischer Zugang innerhalb der damals gültigen Dreitagesfrist (seit 1. Januar 2025 gilt eine Viertagesfiktion) im konkreten Zustellgebiet nicht gewährleistet ist. Dies könne – wie im Streitfall – insbesondere bei privatwirtschaftlichen Logistikmodellen mit beschränkten Zustelltagen der Fall sein. Das Verfahren wurde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG Münster zurückverwiesen.
Für die Praxis bedeutet das Urteil eine spürbare Stärkung der Rechtsschutzmöglichkeiten. Steuerberater und Fachanwälte sollten Zustellabläufe ihrer Mandanten künftig noch genauer im Blick behalten und strukturelle Besonderheiten frühzeitig dokumentieren. Gleichzeitig wird deutlich, dass Finanzämter, die flächendeckend auf private Postdienstleister zurückgreifen, im Streitfall verstärkt darlegungspflichtig werden könnten. Die Entscheidung zeigt, dass allein die formale Aufgabe zur Post im Einzelfall nicht genügt, wenn der tatsächliche Zugang zweifelhaft ist. Der BFH bestätigt mit der Entscheidung erneut, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts kein bloßer Formalakt ist – sondern ein zentraler verfahrensrechtlicher Anknüpfungspunkt, dessen Voraussetzungen im Streitfall sorgfältig zu prüfen sind.
Dr. Rahel Reichold
Partner
Rechtsanwältin
Simon Bloch
Manager
Rechtsanwalt
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