Wirtschaftsprüfer ✓Rechtsanwälte ✓ Steuerberater ✓ und Unternehmensberater ✓: Vier Perspektiven. Eine Lösung. …
Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Beratung von Unternehmen ✓ Erfahrene Prüfer ✓ Exzellente Beratung ✓ …
Rechtsberatung für Unternehmen ✓ Erfahrene Rechtsanwälte ✓ Exzellente juristische Beratung ✓ Maßgeschneiderte …
Steuerberatung für Unternehmen und Familienunternehmen ✓ Erfahrene Steuerberater ✓ Exzellente Beratung ✓ …
Unternehmensberatung für Unternehmen ✓ Erfahrene Consultants ✓ Exzellente Beratung ✓ Maßgeschneiderte Lösungen » …
Das Arcomet-Urteil des EuGH und seine Folgen – schlummert in allen Verrechnungspreismodellen ein Umsatzsteuerrisiko?
Finanzgericht kassiert Zollbescheid und folgt Baker Tillys Argumentation
Baker Tilly baut Beratung im Bereich Immobilienbewertung weiter aus
Baker Tilly berät Capmont bei Add-on-Akquisitionen im Elektro-Segment
Neuer Partner im Bereich Immobilienbewertung: Baker Tilly baut Beratung aus
Vergabepraxis 2025: DVNW-Regionalgruppe Dortmund zu Gast bei Baker Tilly
EU-Entgelttransparenzrichtlinie – das kommt auf Unternehmen zu
Krankschreibung: Keine Entgeltfortzahlung bei entzündetem Tattoo
BFH-Urteil zur Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist bei Geschäftsführerhaftung VII R 20/23
Wer trägt das Risiko bei E-Mail-Betrug im Geschäftsverkehr?
Studie: Zwei Drittel der deutschen Automobilzulieferer rechnen mit einer Marktbereinigung
Regulating the Future: Web3 & Crypto
Branchenübergreifende Expertise für individuelle Lösungen ✓ Unsere interdisziplinären Teams kombinieren Fachwissen …
Carve-out oder Kollaps? So retten sich Automobilzulieferer
BGH billigt Baukostenzuschüsse für Batteriespeicher
Baker Tilly baut ESG-Beratung im Bankenwesen mit Simone Yuson aus
Individuelle Beratung ✓ maßgeschneiderte Lösungen von Experten aus Wirtschaftsprüfung, Steuer-, Rechts- & …
Baker Tilly bietet ein breites Spektrum individueller und innovativer Beratungsdienstleistungen in an. Erfahren …
Baker Tilly in Deutschland erneut mit zweistelligem Umsatzwachstum
Braunschweiger Traditionslogistiker Wandt begibt sich mit Baker Tilly in Eigenverwaltung
Energiestudie: Unsicherheit bremst Investitionen von Industrie und Versorgern in Deutschland
EuGH-Urteil zu Arcomet: Verrechnungspreisanpassungen können umsatzsteuerliche Risiken bergen. Warum klare Verträge entscheidend sind und welche Folgen für Unternehmen drohen.
Mit Urteil vom 4. September 2025 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-726/23 „SC Arcomet Towercranes SRL“ seine Rechtsprechung zu den umsatzsteuerlichen Auswirkungen einer nachträglichen Anpassung der Entgelte für die grenzüberschreitende konzerninterne Leistungsverrechnung konkretisiert. Das Urteil wurde mit Spannung erwartet, da in diesem Zusammenhang sehr unterschiedliche Rechtsauffassungen kursieren und die aufgeworfenen Fragestellungen zentrale Aspekte für das Verständnis des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems der EU-Mitgliedstaaten betreffen.
Nachfolgend werden die angesprochenen Fragen dargestellt und auch eingeordnet, inwiefern das o.g. EuGH-Urteil darauf Antworten findet.
Im Urteilsfall ging es um die Verrechnung zwischen den Arcomet-Gesellschaften in Belgien und in Rumänien. Die rumänische Tochtergesellschaft war operativ in der Kranvermietung tätig. Die hierfür erforderlichen Verträge mit Lieferanten und Kunden wurden von der rumänischen Gesellschaft direkt im eigenen Namen abgeschlossen, die belgische Muttergesellschaft war in diese Leistungskette nicht involviert. Nach einem schriftlichen Vertrag verpflichtete sich die belgische Gesellschaft allerdings gegenüber der rumänischen Gesellschaft, administrative und kaufmännische Aufgaben z.B. im Bereich der Strategie und Planung, der Aushandlung von Vertragskonditionen für Liefer- und Finanzierungsverträge oder der Qualitätssicherung zu erbringen. Auch Arcomet Rumänien ging Verpflichtungen ein, insbesondere im vorgesehenen Umfang am Geschäftsmodell der Kranvermietung mitzuwirken.
Die Besonderheit bestand darin, dass das Entgelt für die vertraglich definierten Leistungen anhand des angewendeten Verrechnungspreismodells berechnet wurde. Nicht nur die Höhe des Entgelts selbst, auch die Zahlungsrichtung war davon abhängig, welcher Gewinn bzw. Verlust vor der Verrechnungspreisanpassung auf der Ebene der rumänischen Gesellschaft entstehen würde. In einem fest definierten Spektrum, nämlich bei einer Marge von -0,71% bis 2,74%, wurde keine Zahlung fällig. Bei einer Gewinnmarge von über 2,74% war der übersteigende Gewinn von Arcomet Rumänien an Arcomet Belgien abzuführen, bei einem Verlust von über -0,71% war der übersteigende Betrag von Arcomet Belgien an Arcomet Rumänien zu zahlen.
Im streitgegenständlichen Zeitraum betrug die Gewinnmarge durchgängig über 2,74%. Den übersteigenden Betrag hat Arcomet Belgien gegenüber Arcomet Rumänien in Rechnung gestellt. Dem Fall wurde im Vorfeld besondere Aufmerksamkeit beigemessen, weil er zwei grundsätzliche Fragestellungen anspricht, die für sämtliche Verrechnungspreisanpassungen von Bedeutung sind und für die bislang keine einheitliche Rechtsmeinung besteht.
Erstens: Unter welchen Voraussetzungen liegt einer nachträglichen Anpassung der Verrechnungspreise ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zugrunde?
Zweitens: Unter welchen Voraussetzungen ist – sofern ein Leistungsaustausch vorliegt – der Vorsteuerabzug für die empfangende Gesellschaft möglich?
Das Arcomet-Urteil betrifft nur Teilaspekte, die den oben genannten Fragen zugrunde liegen. Außerdem bezieht sich der EuGH auf Sachverhaltsaspekte, die in der Praxis in zahlreichen Fällen anders gelagert sein können. Dennoch lassen sich aus dem Urteil einige zentrale Erkenntnisse oder zumindest Tendenzen ableiten.
Das Gericht hat zunächst recht konkret die Frage geprüft, ob den Verrechnungspreisanpassungen im konkreten Fall ein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Der EuGH hat dies im Urteilsfall bejaht. Dabei hat er sich im Wesentlichen darauf bezogen, dass die beteiligten Konzerngesellschaften eine klare vertragliche Vereinbarung getroffen haben, in der die zu erbringende Leistung konkret definiert wurde. Dabei kann nach Auffassung des Gerichts auch ein Verrechnungspreis den Gegenwert für die erbrachte Leistung darstellen, solange ein unmittelbarerer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und der Gegenleistung in Form des verrechnungspreisbasierten Entgelts besteht.
Besonders hervorzuheben ist der Hinweis des Gerichts, dass es der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegensteht, dass nach der vertraglichen Regelung ein vollständiger Ausfall des Entgelts (bei einer Marge von unter 2,74 %) möglich ist oder sogar eine eigene Zahlungsverpflichtung (bei einer negativen Marge unter -0,71%) des vermeintlichen Leistungsempfängers begründet wird. Der EuGH betont, dass es ausreichend ist, wenn die Vergütung nach genauen Kriterien berechnet wird und sie insofern frei von Unwägbarkeiten ist. Dass nach diesen Kriterien das Entgelt auch ausfallen kann, steht nach Auffassung des EuGH dieser Beurteilung nicht entgegen.
Aus dem Arcomet-Urteil sollte daher der Schluss gezogen werden können, dass bei einer klaren Vereinbarung der erbrachten Leistungen ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch auch dann gegeben ist, wenn das Entgelt auf verrechnungspreisrelevanten Kriterien basiert, selbst wenn es nach diesen Kriterien komplett ausfallen könnte.
Der EuGH hat sich jedoch leider nicht mit der Frage beschäftigt, welche umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen wären, wenn die Zahlungsverpflichtung wegen einer negativen Marge von unter -0,71% in die andere Richtung entstanden wäre. Der Generalanwalt hat in seinem Schlussantrag vom 3. April 2025 (unter Hinweis auf die fehlende Relevanz für den vorgelegten Sachverhalt) angedeutet, dass in diesem Fall neben der Einordnung als Entgelt für eine Leistung des Zahlungsempfängers Arcomet Rumänien auch eine gewährte Finanzierung durch die Muttergesellschaft in Betracht kommen würde. Ebenfalls nicht angesprochen wurde vom EuGH die Möglichkeit, die wechselnde oder zumindest unklare Zahlungsrichtung könnte auch eine Indikation für einen tauschähnlichen Umsatz sein. Aus dem Urteilstext dürfte jedoch herauszulesen sein, dass für den EuGH dieser Aspekt nachrangig ist.
Vom EuGH war im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger, hier Arcomet Rumänien, lediglich die Vorlagefrage zu beantworten, ob die Finanzbehörden über die Rechnung hinaus weitere Nachweise dafür einfordern können, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs (z.B. vorsteuerunschädliche Verwendung) gegeben sind. Diese Frage hat der EuGH eindeutig und u.E. wenig überraschend bejaht.
Nicht beantwortet hat der EuGH die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein ausreichender Zusammenhang zu vorsteuerunschädlichen Umsätzen gegeben ist. Dies betrifft insbesondere nachträgliche, rein aus Verrechnungspreissicht vorgenommene Anpassungen, die in der Praxis kaum als Kostenelement in die Kalkulation der Entgelte für die Verwendungsumsätze einfließen dürfte.
Eine im Urteil zugrundeliegende Anpassung der Ergebnisse, oftmals als Zielmargenansatz (“Target Margin Approach”) benannt, wird regelmäßig von Unternehmensgruppen bei grenzüberschreitenden Liefer- und Leistungsbeziehungen genutzt, um die Verrechnungspreise auf eine fremdübliche Höhe zu bringen. In der Praxis findet eine solche Ergebnisaussteuerung oftmals bei Unternehmen in Bezug auf grenzüberschreitende Warenlieferungen innerhalb der Unternehmensgruppe Anwendung, insbesondere in Bezug auf eine Ergebnisaussteuerung von Vertriebsgesellschaften. Im Urteil wird recht pauschal von einer Betriebsergebnismarge gesprochen, wobei die Bestimmung der anzuwendenden Ergebniskennzahl, beispielsweise “net margin” oder “net cost plus” durchaus ein wichtiger Baustein einer derartigen Struktur ist. Ferner wird im Urteil eine Korrektur an das obere Ende der Bandbreite dargestellt.
In der Praxis wird oft mit den entsprechenden Finanzbehörden diskutiert, ob eine Anpassung nicht an den Median der Bandbreite erfolgen muss, wenn das aus Sicht einer der involvierten Länder erforderlich ist. In Deutschland ist in § 1 (3a) AStG geregelt, dass der Median als korrektiv anzuwenden ist, wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft macht, dass ein anderer Wert innerhalb der Bandbreite dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht. Man kann kontrovers diskutieren, ob eine vom Steuerpflichtigen vollzogene Anpassung im Rahmen des Zielmargenansatzes dazu führt, dass man nicht außerhalb der Bandbreite ist und damit keine weitere Anpassung an den Median erfolgen muss, oder ob die Anpassung dennoch auf den Median erfolgen muss, da dieser außerhalb der Bandbreite lag. Eine Aussage zu dieser in der Praxis relevanten Frage ist nicht im Urteil enthalten. Ferner gibt es keine Ausführungen zu einer möglichen Auswirkung auf Zollwerte bzw. eine möglicherweise notwendige Korrektur der Zollwerte, was bei zollpflichtigen Warenlieferungen ebenso durch nachträgliche Anpassungen eine hohe Relevanz hat.
Das Arcomet-Urteil hat die umsatzsteuerlichen Risiken, die mit Verrechnungspreisanpassungen verbunden sind, wieder in den Fokus gerückt. Der EuGH hat festgestellt, dass bei klaren vertraglichen Vereinbarungen ein Leistungsaustausch auch dann vorliegt, wenn das Entgelt nach Verrechnungspreisprinzipien bemessen wird und nach der entsprechenden Berechnungsmethode auch ausfallen kann. Folgerichtig lässt sich mit unmissverständlichen Vereinbarungen, die den Leistungsinhalt konkret definieren und die Entgeltberechnung frei von Unwägbarkeiten festlegen, ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch dokumentieren. Im Umkehrschluss führen unklare oder nicht vorhandene Vereinbarungen zu Unschärfen, die leicht zu einer fehlerhaften umsatzsteuerlichen Beurteilung mit entsprechenden Risiken führen können. Insofern sollte auch in den Fällen, in denen kein Leistungsaustausch begründet werden soll, unbedingt eine entsprechende Dokumentation zum Nachweis erstellt werden.
Für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers hat der EuGH bestätigt, dass zum Nachweis der Berechtigung über die Rechnung hinaus weitergehende Unterlagen vom Finanzamt angefordert werden dürfen. Insofern ist der Vorsteuerabzug keineswegs ein Selbstläufer, so dass z.B. darauf geachtet werden sollte, dass die entsprechenden Zahlungsverpflichtungen bei der Kalkulation der Ausgangsumsätze berücksichtigt werden.
Insgesamt fügt sich das Urteil in eine generelle Tendenz ein, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Leistungsaustauschs immer niedriger anzusetzen. Das Risiko dürfte sich daher vor allem in den Fällen erhöhen, in denen man bislang keinen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch angenommen hat.
Weitere Klarheit bringt möglicherweise das Urteil im anhängigen EuGH-Verfahren C-603/24 (Stellantis Portugal), das ebenfalls die Frage zum Inhalt hat, ob rein aus Verrechnungspreisgründen vorgenommenen nachträglichen Preisanpassungen ein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Auch in diesem Verfahren ist die Vorlagefrage sehr begrenzt und auf den konkreten Sachverhalt zugeschnitten. Das zu erwartende Urteil dürfte daher zwar weitere Erkenntnisse bringen, die Zweifelsfragen aber gerade im Zusammenhang mit dem Nachweis der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs leider nicht abschließend beantworten.Schon allein aufgrund der großen Aufmerksamkeit, die den beiden Verfahren in Fachkreisen zukommt, ist zu befürchten, dass auch die Finanzverwaltung sich entsprechende Sachverhalte zukünftig etwas genauer ansieht.
Insofern ist jetzt ein guter Zeitpunkt, die bestehenden Verrechnungspreismodelle im Hinblick auf mögliche umsatzsteuerliche Risiken und zollrechtlicher Relevanz zu prüfen. Bei beabsichtigten Veränderungen an bestehenden Verrechnungspreisstrukturen sollte immer eine Person mit im Projektteam sein, die frühzeitig die umsatzsteuerlichen und auch zollrechtlichen Aspekte mitdenkt und notwendige Maßnahmen zur Risikovermeidung einbringen kann. Wir stehen hierfür selbstverständlich zur Verfügung, sprechen Sie uns gerne an!
Matthias Groschupp
Partner
Steuerberater, Rechtsanwalt
Carsten Hüning
Partner, Global Leader Transfer Pricing
Sprechen Sie mit uns – einfach unverbindlich
Jetzt Kontakt aufnehmen
Alle Beiträge anzeigen