BMF begrenzt BFH-Rechtsprechung zu BgA auf Zeit bis 2008

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  • 04.06.2025
  • Lesezeit 5 Minuten

Das BMF präzisiert: Die BFH-Urteile zu BgA durch jPöR-Beteiligungen gelten nur bis 2008. Ab 2009 gilt das Schreiben von 2017 – mit differenzierterer Betrachtung und ohne Übergangsregelung.

Mit dem Schreiben vom 5. Mai 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Schreiben vom 8. Februar 2016 neu gefasst und dabei klargestellt: Die Grundsätze aus den BFH-Urteilen I R 52/13 und I R 16/19 zur Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) an Mitunternehmerschaften gelten über die entschiedenen Fälle hinaus – jedoch lediglich für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2008. Für Veranlagungszeiträume ab 2009 bleibt das BMF-Schreiben vom 21. Juni 2017 maßgebend.

Hintergrund: BFH-Rechtsprechung zur BgA-Begründung durch Beteiligung

Der BFH hatte mit Urteil vom 25. März 2015 (I R 52/13, BStBl. 2016 II S. 172) entschieden, dass allein das Vorliegen einer Beteiligung einer jPöR an einer Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zur Begründung eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) führt – unabhängig davon, ob die Tätigkeit bei unmittelbarer Ausübung durch die jPöR einen BgA begründen würde.

Diese Auffassung wurde durch das Urteil vom 18. Januar 2023 (I R 16/19, BStBl. II S. 1096) bestätigt und ergänzt: Tätigkeiten von Tochterkapitalgesellschaften einer als Organträgerin fungierenden Personengesellschafts-Holding, an der die jPöR beteiligt ist, vermögen keine weiteren BgA auf Ebene der jPöR zu vermitteln. Die Urteile betreffen die Streitjahre 2002 bis 2007 bzw. 2008.

Das BMF-Schreiben vom 5. Mai 2025 – Neufassung zur zeitlichen Abgrenzung

Mit dem Schreiben vom 5. Mai 2025 (IV C 2 - S 2706/00056/014/035) fasst das BMF das Schreiben vom 8. Februar 2016 (BStBl I S. 237) neu und unterstreicht damit vor allem die temporäre Differenzierung:
•    Die Grundsätze der genannten BFH-Urteile gelten nur für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2008 über den Einzelfall hinaus.
•    Für Veranlagungszeiträume ab 2009 gilt weiterhin das BMF-Schreiben vom 21. Juni 2017 (a.a.O.), in der die derzeitige Verwaltungsauffassung ausführlich geregelt ist.
Zugleich entfällt mit dieser Neufassung die bis dahin gültige Übergangsregelung, wonach einschlägige Fälle in Veranlagungszeiträumen ab 2009 offen zu halten waren.

Warum jetzt ein neues Schreiben?

Das BMF hatte im Schreiben vom 8. Februar 2016 (a.a.O.) angekündigt, zur Anwendung der BFH-Grundsätze ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ein gesondertes Schreiben zu erlassen. Diese Ankündigung wurde bereits mit dem BMF-Schreiben vom 21. Juni 2017 (a.a.O.) umgesetzt – wenn auch ohne ausdrücklichen Verweis auf die vorherige Ankündigung.

Das aktuelle Schreiben vom 5. Mai 2025 (a.a.O.) erfüllt weniger die Funktion einer neuen inhaltlichen Regelung, sondern:

  • hebt das BMF-Schreiben aus 2016 auf und ersetzt es formal,
  • beendet die Übergangsregelung zur Offenhaltung von Fällen ab VZ 2009,
  • stellt klar, dass die BFH-Rechtsprechung zeitlich begrenzt anzuwenden ist (bis 2008) und
  • vermeidet somit etwaige Unsicherheiten im Rahmen von Betriebsprüfungen und bei der Rechtsanwendung.Es handelt sich somit eher um eine systematische und formale Klarstellung als um eine inhaltliche Neuregelung.

Was gilt ab VZ 2009 – und worin liegt der Unterschied zur Auffassung bis VZ 2008?

Für Veranlagungszeiträume ab 2009 gilt unverändert das BMF-Schreiben vom 21. Juni 2017 (a.a.O.). Dieses enthält eine differenzierte Betrachtung der BgA-Begründung bei Beteiligung einer jPöR an einer Personengesellschaft und stellt unter anderem klar:

  • Die Beteiligung einer jPöR an einer Mitunternehmerschaft führt bei der jPöR zu einem oder mehreren BgA. Dies gilt unabhängig davon, ob die Tätigkeit der Mitunternehmerschaft (z. B. die Hausmüllentsorgung), würde sie von der jPöR unmittelbar selbst ausgeübt, keinen BgA begründen würde.
    • Zwingende Anwendung dieses Grundsatzes erst ab VZ 2018: Hat eine jPöR bisher die Auffassung vertreten, die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft begründe keinen BgA, wenn die jPöR, würde sie die Tätigkeit der Mitunternehmerschaft unmittelbar selbst ausüben, keinen BgA begründen würde, kann an dieser Rechtsauffassung bis einschließlich VZ 2017 festgehalten werden.
  • Vermögensverwaltende Tätigkeiten sind danach zu unterscheiden, ob sie einer selbständigen Tätigkeit (kein BgA) oder als Hilfs- bzw. Nebenleistung einer BgA-relevanten Tätigkeit (Begründung eines bzw. Zuordnung zu einem bestehenden BgA) zuzuordnen sind.
  • Die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) allein genügt nicht zur BgA-Begründung.
  • Besonderheiten können sich zudem ergeben, wenn innerhalb der Mitunternehmerschaft einzelne Tätigkeiten nicht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden oder die Personengesellschaft insgesamt nicht als Mitunternehmerschaft anzusehen ist; in solchen Fällen ist eigenständig zu prüfen, ob und in welchem Umfang bei der jPöR ein BgA entsteht.
  • Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft sind einzeln zu prüfen; insbesondere in Fällen, in denen die Personengesellschaft als Holdinggesellschaft fungiert und ertragsteuerrechtliche Organschaften mit Tochter-Kapitalgesellschaften begründet, können durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften zusätzliche BgA auf Ebene der jPöR vermittelt werden.

Demgegenüber gilt für Zeiträume bis einschließlich 2008 (auf Grundlage der genannten BFH-Urteile, denen das BMF mit dem Schreiben vom 5. Mai 2025, a.a.O., jedenfalls insoweit für VZ bis 2008 folgt), dass durch gewerbliche Tätigkeiten der Tochtergesellschaften einer Organträger-Personengesellschaft (an der die jPöR beteiligt ist) keine zusätzlichen BgA vermittelt werden können.

Ein entscheidender Unterschied liegt somit in der Relevanz der (ggf. vermittelten) Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft:

  • Für VZ bis 2008: Beteiligung an Mitunternehmerschaft = Immer genau ein BgA (Beteiligung), unabhängig von Art und Zielrichtung der Tätigkeit (ggf. einheitliche Betrachtung mehrerer Tätigkeiten nur analog den sog. Zusammenfassungsgrundsätzen möglich, die erst im Rahmen des JStG 2009 durch § 4 Abs. 6 KStG gesetzlich geregelt wurden).
  • Für VZ ab 2009: Die Beteiligung einer jPöR an einer Mitunternehmerschaft führt zu einem oder mehreren BgA (insbesondere denkbar, wenn die Personengesellschaft als Organträgerin fungiert und unterschiedliche Tätigkeiten der Organgesellschaften an die jPöR vermittelt).

Die steuerliche Beurteilung von Beteiligungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts an Personengesellschaften ist komplex und fehleranfällig. Wir unterstützen Sie gerne bei der Analyse bestehender Strukturen, der zutreffenden Einordnung vergangener Veranlagungszeiträume und der vorausschauenden steuerlichen Gestaltung.

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Autoren dieses Artikels

Rainer Schindler

Partner

Steuerberater

Eric Werner, LL.M.

Manager

Steuerberater

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