BFH zweifelt doppelte Grunderwerbsteuer bei bekanntem Closing an

BFH zweifelt doppelte Grunderwerbsteuer bei bekanntem Closing an
  • 04.08.2025
  • Lesezeit 3 Minuten

BFH zweifelt doppelte Grunderwerbsteuer bei bekanntem Closing an – wichtiger Impuls gegen übermäßige Besteuerung bei zeitlich getrenntem Signing und Closing.

Mit aktuell veröffentlichtem Beschluss vom 9.7.2025 (II B 13/25 - AdV) äußert der Bundesfinanzhof („BFH“) im Rahmen eines Verfahrens zur Aussetzung der Vollziehung („AdV“) ernstliche Zweifel an der Sichtweise der Finanzverwaltung, zweimal Grunderwerbsteuer festzusetzen wenn Signing (schuldrechtliches Geschäft) und Closing (dingliches Geschäft) zeitlich auseinander fallen, und dem Finanzamt bei Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide das erfolgte Closing, also der vollzogene Anteilsübergang, bekannt ist. 

Sachverhalt: Zeitlich getrenntes Signing und Closing 

Dem Beschluss lag – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen des Erwerbs einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft lagen zwischen dem Signing und Closing ca. 3 Wochen, der Grundbesitz blieb unverändert. Eine Anzeige erfolgte lediglich durch den Notar mittels Vorlage des Kaufvertrags an das Finanzamt nach erfolgtem Closing. Daraufhin setzte das Finanzamt zweimal Grunderwerbsteuer fest, einmal für das Signing, nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG und noch einmal für das Closing nach § 1 Abs. 2b GrEStG.  

Kritik des BFH: Zweifel an Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG 

Der BFH hat ernstliche Zweifel an der Auffassung der Finanzverwaltung, dass lediglich bei zeitgleichem Signing und Closing, der gesetzlich normierte Vorrang des § 1 Abs. 2b GrEStG bei Closing gegenüber § 1 Abs. 3 GrEStG bei Signing gegeben sei, und damit nur in diesem Fall einmal Grunderwerbsteuer festzusetzen sei. Die Finanzverwaltung geht aktuell davon aus, dass bei zeitlichem Auseinanderfallen von Signing und Closing zweimal Grunderwerbsteuer, je einmal bei Singing und bei Closing, festzusetzen sei.  

Eine zeitliche „Konkurrenz“ lasse sich dem Einleitungssatz des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht entnehmen, weder dem Wortlaut noch der Gesetzesbegründung. Die Einschränkung, nachdem eine Besteuerung nur erfolgt, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht in Betracht kommt, gelte für alle Tatbestände gleichermaßen. Auch habe die Korrekturvorschrift des § 16 Abs. 4a und 5 GrEStG, nach welcher die Grunderwerbsteuer bei Signing aufgehoben wird, wenn beide Vorgänge fristgerecht und gänzlich vollständig angezeigt wurden, ändere daran nichts. Damit ist für den BFH auch ernstlich zweifelhaft, ob und inwiefern sich eine Einschränkung des Vorrangverhältnisses des § 1 Abs. 3 GrEStG durch die Einführung § 16 Abs. 4a und 5 GrEStG ergeben kann, da dies eben nicht durch den Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG zum Ausdruck komme. 

Zur Lösung im vorliegenden Fall bedarf es nach Auffassung des BFH auch nicht der speziellen Verfahrensnormen des § 16 Abs. 4a und 5 GrEStG, denn eine Änderung sei schlicht durch § 164 Abs. 2 AO gegeben, denn die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.  

Rechtsfolgen und Ausblick: Was bedeutet der Beschluss? 

Da der vorliegende Beschluss ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betraf, bleibt abzuwarten, ob der BFH auch im Hauptverfahren entsprechend entscheidet. 

Bis dahin bleibt die Problematik der doppelten Grunderwerbsteuer bei Signing und Closing weiter bestehen und es sind auch weiterhin fristgerechte und vollständige Anzeigen bei Signing und Closing abzugeben.  

Sollte auch im Hauptverfahren entsprechend entschieden werden, so wäre zumindest in entsprechenden Fällen bei denen Signing und Closing schon erfolgt sind (bspw. bislang nicht angezeigte, neu aufgegriffene Sachverhalte) quasi ausgeschlossen, dass nachträglich im Rahmen der Betriebsprüfung Grunderwerbsteuer doppelt, bei Signing und Closing, festgesetzt wird, denn in diesen Fällen wird das Closing bei rückwirkender Betrachtung immer als „bekannt“ gelten müssen.  

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Autoren dieses Artikels

Uwe Roth

Partner

Steuerberater

Stefan Lehner

Director

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