Täuschung des Arbeitgebers: Gefälschter Corona-Impfausweis rechtfertigt fristlose Kündigung

  • 04.05.2022
  • Lesezeit 5 Minuten

Die Arbeitsgerichte Düsseldorf, Köln und Lübeck haben erstinstanzlich geurteilt: legt der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber, um seine Nachweispflicht nach dem Infektionsschutzgesetz zu erfüllen, einen gefälschten Impfausweis mit Täuschungsabsicht vor, ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich.

Arbeitsgericht Düsseldorf vom 18.02.2022, Az.: 11 Ca 5388/21

In einem Fall hatte ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber im November 2021, als noch die 3-G-Regel am Arbeitsplatz galt, einen gefälschten Impfausweis vorgelegt. Nachdem bekannt wurde, dass der Impfausweis gefälscht war, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.

Mit Recht, wie das Arbeitsgericht feststellte. Eine Abmahnung ist laut Arbeitsgericht entbehrlich, da für den Kläger seine Pflichtverletzung ohne Weiteres erkennbar gewesen sei. Da der Kläger einen gefälschten Impfausweis verwendete, um über seinen Impfstatus zu täuschen, legte er nach Ansicht des Arbeitsgerichts ein hohes Maß an krimineller Energie an den Tag, welches das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört hat. Der Kläger habe durch sein Verhalten die Gesundheit der übrigen Arbeitnehmer und der Kunden gefährdet. Diese Pflichtverletzung sei so schwerwiegend, dass es im vorliegenden Fall weder auf die Wiederholungsgefahr noch auf den langjährigen Bestand des Arbeitsverhältnisses ankomme. Auch sei das hohe Infektionsrisiko mit möglichen schwerwiegenden Folgen, der betriebliche Infektionsschutz und die Einführung der 3-G-Regel am Arbeitsplatz aufgrund der medialen Berichterstattung und Aufklärung jedermann bekannt gewesen, sodass sich der Kläger nicht darauf berufen könne, keine Kenntnis von der Einhaltung der 3-G-Regel am Arbeitsplatz gehabt zu haben.

Ähnlich das Arbeitsgericht Köln vom 23.03.2022, Az.: 18 Ca 6830/21

Auch das Arbeitsgericht Köln entschied in einem ähnlich gelagerten Fall, dass bei Vorlage eines gefälschten Impfausweises die fristlose Kündigung des Arbeitgebers wirksam sei.

Nachdem die Beklagte, die Beratungsleistungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung erbringt, im Oktober 2021 alle Mitarbeiter informiert hatte, dass ab November 2021 nur noch vollständig gegen Corona geimpfte Mitarbeiter Kundentermine vor Ort wahrnehmen dürfen, legte die Klägerin im Dezember 2021 ihren Impfausweis vor. Eine Überprüfung ergab, nachdem die Klägerin bereits mehrere Kundentermine in der Folgezeit wahrgenommen hatte, dass der Impfausweis gefälscht war, da die Impfstoffchargen erst nach dem im Ausweis genannten Termin verimpft worden sind.

Die nach Anhörung ausgesprochene fristlose Kündigung ist nach Ansicht des Arbeitsgerichts wirksam, da die Klägerin durch die Vorlage des gefälschten Impfausweises mit der unwahren Behauptung, sie besäße einen vollständigen Impfschutz, unter Gefährdung der übrigen Mitarbeiter und Kunden, das für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen nachhaltig verwirkt hat. Auch hier sah das Gericht aufgrund des zerstörten Vertrauensverhältnisses eine Abmahnung nicht für notwendig an.

Arbeitsgericht Lübeck vom 13.04.2022, Az.: 5 Ca 189/22

Die Vorlage einer Impfunfähigkeitsbescheinigung aus dem Internet kann zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen oder zumindest, auch bei einer zu berücksichtigenden sehr langen Betriebszugehörigkeit, zu einer wirksamen fristgemäßen Kündigung führen.

Legt der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine aus dem Internet ausgedruckte, von einem Arzt unterschriebene Impfunfähigkeitsbescheinigung vor, ohne dass zuvor eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat, riskiert er eine Kündigung durch den Arbeitgeber.

Die Klägerin war über 20 Jahre als Krankenschwester in der Klinik der Beklagten beschäftigt. Im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wurde sie durch die Beklagte aufgefordert, einen vollständig Impf- oder Genesenenstatus nachzuweisen oder eine ärztliche Impfunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Die Klägerin druckte eine von einer Ärztin unterschriebene Impfunfähigkeitsbescheinigung aus dem Internet aus und legte diese dem Arbeitgeber vor, ohne jemals von der Ärztin untersucht worden zu sein. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Die Klägerin wehrte sich gegen die Kündigung mit dem Argument, dass in § 20 a Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit einer Kündigung nicht ausdrücklich genannt sei und dem Arbeitgeber lediglich das Recht zustehe, das Gesundheitsamt zu informieren. Eine Kündigung als weitergehende Maßnahme sei ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht konnte in § 20a Infektionsschutzgesetz kein arbeitsrechtliches Kündigungsverbot erkennen. Vielmehr stelle die Vorlage der vorgefertigten Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne vorherige ärztliche Untersuchung eine sehr schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, die das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit zerstöre, sodass es keiner Abmahnung bedarf. Vorliegend kam jedoch nach Ansicht des Gerichts aufgrund der sehr langen Betriebszugehörigkeit und der daraus resultierenden Unverhältnismäßigkeit keine fristlose Kündigung in Betracht. Die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung war nach Anschauung des Gerichts indes wirksam.

Hinweis

Die Vorlage gefälschter Impfausweise oder vorgefertigter Impfunfähigkeitsbescheinigungen kann zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Im Falle einer angedachten Kündigung ist jedoch stets zu bedenken, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die durch fachkundigen Rat gut vorbereitet sein sollte.

Die aufgeführte Rechtsprechung zeigt jedoch eine deutliche Tendenz dahin gehend, dass ein Arbeitnehmer bei Vorlage von gefälschten Impfausweisen oder vorgefertigten Impfunfähigkeitsbescheinigungen mit einer fristlosen Kündigung und aufgrund einer Verhältnismäßigkeitsprüfung bestenfalls mit einer fristgemäßen Kündigung, ohne Abmahnung, zu rechnen hat.

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Autor dieses Artikels

Ralf Pelz

Manager

Rechtsanwalt

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