Bauvertrag: Kein Mangel bei Verwendung eines anderweitigen Baumaterials - zumindest bei Ungeeignetheit des ursprünglichen Baumaterials

  • 09.11.2023
  • Lesezeit 4 Minuten

Das Oberlandesgericht („OLG“) Brandenburg entschied jüngst in dem Urteil vom 28.09.2023 – 10 U 21/23, dass es sich nicht um einen Mangel einer Werkleistung handelt, sofern der Auftragnehmer ein anderes als das vereinbarte Baumaterial verwendet, wenn das ursprünglich angebotene Baumaterial für den konkreten Verwendungszweck ungeeignet ist.

Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik stellt keinen Mangel dar, wenn sich der Verstoß nicht nachteilig auswirkt und keine Gebrauchsnachteile erkennbar sind.

Hintergrund der Entscheidung war ein Werkvertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten, bei dem die Klägerin die Erstellung einer Horizontalsperre zur Bauwerksabdichtung eines Einfamilienhauses schuldete. Im Zuge vorvertraglicher Verhandlungen, riet eine Mitarbeiterin der Klägerin den Beklagten zur Verwendung eines bestimmten Baumaterials, welches im Angebot aufgeführt wurde. Dieses Baumaterial erwies sich im Nachhinein als für diesen konkreten Verwendungszweck ungeeignet. Die Klägerin verwendete ein anderes, für diesen Fall geeignetes Baumaterial für die Erstellung der Horizontalsperre und verlangte nach erfolgter Abnahme den im Vertrag bestimmten Werklohn gem. § 631 BGB. Die Beklagten machten geltend, dass kein Vergütungsanspruch aufgrund der Mangelhaftigkeit des Werkes durch die Verwendung eines anderen Baumaterials bestünde. 

Erfolg des Werkvertrages im Vordergrund 

Das OLG entschied, dass kein Mangel nach § 633 BGB vorläge, sofern der Auftragnehmer ein anderes Baumaterial als das im Angebot genannte verwende, wenn das ursprünglich angebotene Baumaterial für den konkreten Verwendungszweck ungeeignet sei. Ein Mangel nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB läge ebenfalls nicht vor, da keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde.

Nach Auslegung des Vertrags gem. §§ 133, 157 BGB sei darauf abzustellen, dass das Interesse der Besteller dahinginge, den geschuldeten Erfolg des geschlossenen Werkvertrags zu erreichen. Dies sei nun mal die Erstellung einer ordnungsgemäßen Horizontalsperre gewesen. Gem. §§ 133,157 BGB konnte die Klägerin die Beklagten dahingehend verstehen, dass der geschuldete Erfolg und somit das Interesse an einer erfolgreichen Abdichtung und nicht die Verwendung des konkreten Baumaterials im Vordergrund stünde. Der geschuldete Erfolg konnte laut Sachverständigen mit dem vereinbarten Baumaterial jedenfalls nicht erreicht werden.

Die Verwendung eines ungeeigneten Mittels oder einer ungeeigneten Ausführungsart kann ausnahmsweise Vertragsinhalt werden, jedoch nur, wenn der Auftragsnehmer über die Ungeeignetheit und entsprechende Nachteile aufgeklärt habe. Vorliegend sei dieser Fall mangels entsprechender Aufklärung der Auftraggeber nicht einschlägig.

Mangel wegen Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik?

Der Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik stelle grundsätzlich einen Mangel dar, so das OLG - das aber auch nur, wenn sich ein solcher Verstoße auch nachteilig auswirkt und sich dadurch Gebrauchsnachteile ergeben. Im vorliegenden Fall ergebe sich ein Mangel jedoch nicht daraus, dass bei der Herstellung der Horizontalsperre gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen wurde, indem eine Voruntersuchung/Bautenstandsanalyse unterblieb. Es wurde laut dem OLG zunächst zurecht festgestellt, dass ein Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik durch die unterbliebene Voruntersuchung vorlag, allerdings hat die Klägerin den Beweis erbringen können, dass sich dieser Verstoß im konkreten Fall nicht nachteilig ausgewirkt hat und keinerlei Gebrauchsnachteile für die Beklagten erkennbar seien.

Der Klägerin steht nach Ansicht des OLG im Ergebnis, so wie auch das LG Cottbus vom Grundsatz her erkannt hatte, der fällige Werklohnanspruch zu - allerdings aufgrund der geringeren Materialkosten nur in angepasster Höhe.

Der Senat stellt klar, dass es sich vorliegend nicht um eine Preisanpassung infolge von nachträglichen Mengenmehrungen oder Preissteigerungen handele, sondern darum, dass beide Parteien einem gemeinsamen Kalkulationsirrtum unterlegen sind, sodass sich die Klägerin nach Treu und Glauben darauf einlassen muss, dass der vertraglich vereinbarte Preis auf den Preis angepasst wird, den die Parteien vereinbart hätten, wenn sie ihren Irrtum bemerkt hätten. Der Rückgriff auf die Kalkulation nach dem Baukostenindex sowie die Bildung eines Mittelwertes sind vorliegend nicht angebracht, so das OLG. Die Beklagte kann insoweit einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter vorvertraglicher Beratung nach § 311 Abs.2, 280 BGB geltend machen. Im Ergebnis führt dies zu einer Verringerung des Werklohnanspruch der Klägerin.

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Autor dieses Artikels

Franziska Pina

Senior Manager

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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