Gestaltungsspielräume bei der Betriebsaufspaltung erkennen

Gestaltungsspielräume bei der Betriebsaufspaltung erkennen
  • 16.05.2025
  • Lesezeit 6 Minuten

Betriebsaufspaltung: Oft ungewollt entsteht sie in mittelständischen Strukturen – mit gravierenden steuerlichen Folgen. Wer rechtzeitig prüft, kann Risiken vermeiden und Chancen nutzen.

Die Betriebsaufspaltung gehört zu den komplexeren Strukturphänomenen des deutschen Steuerrechts. Sie entsteht in der Praxis häufig unbeabsichtigt – zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Anteilseigner. Dieser kann entweder eine andere Gesellschaft oder eine natürliche Person sein. Auslöser ist typischerweise die Kombination aus Eigentum an wesentlichen Wirtschaftsgütern – wie etwa einer Immobilie – und deren Überlassung zur Nutzung an die Gesellschaft. 

Gerade in gewachsenen Unternehmensstrukturen mit betrieblich genutztem Privatvermögen, Familiengesellschaften oder der Trennung von Besitz- und Betriebsgesellschaft kann es zur ungewollten Entstehung einer Betriebsaufspaltung kommen – mit teilweise erheblichen steuerlichen Folgen. 

Die Logik der Betriebsaufspaltung: Einheit trotz Trennung

Die Betriebsaufspaltung basiert auf dem steuerlichen Grundgedanken, dass wirtschaftlich eng verflochtene Einheiten nicht künstlich getrennt und steuerlich unterschiedlich behandelt werden sollen. Auch wenn rechtlich zwei eigenständige Bereiche vorliegen – etwa ein privat gehaltener Immobilienbesitz und eine operativ tätige Kapitalgesellschaft –, erkennt das Steuerrecht diese Trennung nicht immer an. Durch die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen und eine beherrschende Person oder Personengruppe entsteht aus steuerlicher Sicht eine einheitliche gewerbliche Betätigung. Das Ziel des Gesetzgebers ist es, Gestaltungen zu verhindern, bei denen operative Gewinne und stille Reserven in vermögensverwaltende Strukturen verlagert werden, um eine niedrigere Besteuerung oder Steuerstundung zu erreichen. Die Betriebsaufspaltung sorgt daher für eine Gleichbehandlung und soll sicherstellen, dass die wirtschaftliche Realität – nicht nur die juristische Form – maßgeblich ist.

Voraussetzungen: Wenn sachliche und personelle Verflechtung zusammentreffen

Eine steuerliche Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Anteilseigner – entweder eine natürliche Person oder eine andere Gesellschaft – ein wesentliches Wirtschaftsgut an eine Kapitalgesellschaft überlässt, an der er beteiligt ist, und zugleich bestimmender Einfluss auf beide Einheiten besteht. Zwei zentrale Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  • Sachliche Verflechtung:
    • Diese liegt vor, wenn der Anteilseigner der Gesellschaft ein wesentliches Wirtschaftsgut – zum Beispiel eine gewerblich genutzte Immobilie oder Produktionsanlage – zur Nutzung überlässt. Das Wirtschaftsgut muss für den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein.
  • Personelle Verflechtung:
    • Voraussetzung ist, dass der Anteilseigner in der Lage ist, sowohl auf das überlassende Besitzunternehmen als auch auf die nutzende Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auszuüben – etwa durch Stimmenmehrheit oder beherrschende Stellung in der Geschäftsführung.

In der Praxis entsteht eine solche Struktur oft unbemerkt – etwa, wenn eine ursprünglich privat vermietete Immobilie später einer Gesellschaft zur gewerblichen Nutzung überlassen wird, an der der Vermieter wesentlich beteiligt ist.

Gewerbesteuer, stille Reserven und mehr: Die steuerlichen Konsequenzen im Überblick

Eine einmal entstandene Betriebsaufspaltung entfaltet weitreichende steuerliche Wirkungen – oft mit unerwarteten Folgen für Unternehmer. Was zunächst wie eine einfache Vermietung oder Beteiligungskonstellation aussieht, kann sich steuerlich tiefgreifend auswirken. Insbesondere folgende Konsequenzen sind in der Praxis relevant:

  • Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens:
    • Auch wenn das Besitzunternehmen eigentlich nur vermögensverwaltend tätig ist – etwa bei der bloßen Immobilienvermietung –, wird es gewerbesteuerpflichtig, da es durch die Betriebsaufspaltung als stehender Gewerbebetrieb anzusehen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; § 2 Abs. 1 GewStG).
  • Aufdeckung stiller Reserven bei Übertragungen oder Beendigung der Betriebsaufspaltung
    • Die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Wirtschaftsgüter – insbesondere Immobilien – kann zu einer sofortigen Besteuerung stiller Reserven führen. Wird die personelle oder sachliche Verflechtung aufgehoben – etwa durch Anteilsverkäufe, Vertragsänderungen oder Umstrukturierungen –, liegt eine Betriebsaufgabe vor, welche zur Beendigung der Betriebsaufspaltung führt. Dies kann zur Aufdeckung eines Aufgabegewinns führen (§§ 16, 34 EStG).

Neben diesen steuerlichen Aspekten kann eine Betriebsaufspaltung auch strategisch sinnvoll sein: Die Trennung von Besitz- und Betriebseinheit schafft klare Haftungsverhältnisse, schützt Vermögenswerte und erleichtert unternehmerische Entscheidungen – etwa bei Finanzierungen, beim Personal oder bei einer Neuausrichtung des operativen Geschäfts. Entscheidend ist jedoch, dass die Struktur von Anfang an steuerlich durchdacht und rechtssicher gestaltet wird.

Gestaltungsmöglichkeiten: Strukturen rechtzeitig prüfen und optimieren

In der Praxis bestehen mehrere Wege, um die Auswirkungen einer (drohenden) Betriebsaufspaltung zu vermeiden oder steuerlich effizient zu gestalten. Je nach Ausgangslage kommen insbesondere folgende Ansätze in Betracht:

  • Vermeidung der personellen Verflechtung, z. B. durch Änderung der Beteiligungsverhältnisse oder der Geschäftsführungsbefugnisse
  • Zusammenführung von Besitz- und Betriebsgesellschaft, z. B. im Rahmen einer Verschmelzung nach UmwG unter Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes (vgl. § 20 UmwStG)
  • Einbringung von Wirtschaftsgütern – insbesondere Grundstücken – in eine Kapitalgesellschaft oder eine GmbH & Co. KG

Wird das Grundstück später weiterveräußert, besteht zudem die Möglichkeit, eine Rücklage nach § 6b EStG zu bilden. Diese ermöglicht die steuerneutrale Übertragung des Veräußerungsgewinns auf künftige Investitionen – ein steuerlicher Gestaltungsspielraum, der auch für mittelständische Gesellschaften von hoher Relevanz ist.

Alternativ kann das Grundstück auch in eine GmbH & Co. KG eingebracht werden. Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt dieser Vorgang grunderwerbsteuerfrei (§ 5 Abs. 1 GrEStG), was insbesondere bei hohen Immobilienwerten von erheblicher Bedeutung ist.

Die Wahl der Rechtsform für diese Gestaltung hängt dabei nicht nur von steuerlichen Fragen ab – auch Ausschüttungspolitik, Investorenstruktur, Nachfolgeregelung und gesellschaftsrechtliche Präferenzen spielen eine Rolle.

Typische Fehlerquellen: Wenn alltägliche Gestaltungen steuerlich teuer werden

Im Unternehmensalltag werden viele Entscheidungen aus praktischen, familiären oder organisatorischen Gründen getroffen – häufig ohne vertiefte steuerliche Prüfung. Gerade in gewachsenen Unternehmenskonstellationen können sich daraus ungewollt steuerlich relevante Strukturen entwickeln. Eine Betriebsaufspaltung entsteht dabei oft nicht bewusst, sondern ergibt sich aus alltäglichen Vorgängen wie der Vermietung von Immobilien oder Änderungen in den Beteiligungsverhältnissen. Häufige Fehlerquellen sind:

  • Immobilien werden innerhalb der Familie gehalten und betrieblich genutzt – oft ohne schriftliche Verträge oder zu nicht fremdüblichen Konditionen
  • Beteiligungsverhältnisse verändern sich schleichend, etwa im Zuge der Unternehmensnachfolge, und führen unbeabsichtigt zu einer personellen Verflechtung
  • Betriebsteile werden ausgegliedert, ohne die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse im Vorfeld steuerlich zu analysieren

Wird eine Betriebsaufspaltung erst im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, kann dies erhebliche Konsequenzen haben. Rückwirkend drohen gewerbesteuerliche Nachzahlungen, die Aufdeckung stiller Reserven und in manchen Fällen sogar strafrechtliche Risiken.

Betriebsaufspaltung rechtzeitig erkennen, um Risiken zu vermeiden

Die steuerliche Betriebsaufspaltung ist kein Spezialfall für Großstrukturen, sondern betrifft insbesondere mittelständisch geprägte Unternehmensformen mit getrennter Eigentums- und Nutzungssituation.

Wer rechtzeitig prüft, kann Risiken erkennen, bewerten und durch gezielte Gestaltung vermeiden – sei es durch klare Verträge, Anpassung von Beteiligungen oder steuerneutrale Strukturmaßnahmen. Dabei können auch Vorteile genutzt werden: etwa der Step-up bei Grundstücksveräußerung, Rücklagenbildung oder die haftungsrechtliche Entflechtung zwischen Besitz und Betrieb.
 

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Autoren dieses Artikels

Matthias Winkler

Partner

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

Julia Wenninger

Manager

Steuerberaterin

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