Weg frei für Europäische Lieferkettenrichtlinie

  • 02.04.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Nach langem Ringen hat nun auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments den Weg für die Einführung einer Europäischen Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, auch „CS3D“) bereitet.

Für den abgeschwächten Entwurf hat, trotz Enthaltung Deutschlands, eine qualifizierte Mehrheit bereits im Ausschuss der ständigen Vertreter gestimmt. In Deutschland gelten bereits, wie in einigen anderen europäischen Ländern, besondere nationale Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette. Der Entwurf des CS3D, dem das Parlament noch am 24. April zustimmen muss, enthält Verschärfungen im Vergleich zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“), aber auch Abschwächungen, insbesondere im Anwendungsbereich des Gesetzes. 

Entsprechend sind legislative Änderungen des LkSG zu erwarten. Wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie umsetzen, liegt in ihrem Ermessen. Nicht zuletzt Art. 3a Abs. 2 CS3D selbst sieht jedoch vor, dass auch schärfere Sorgfaltspflichtenregelungen in den Ländern getroffen werden können. Zudem soll die Richtlinie explizit nicht zu einer Absenkung des Schutzniveaus im Bereich Menschen-, Arbeits- und Sozialrechte führen. So ist nicht auszuschließen, dass der engere Anwendungsbereich des deutschen Gesetzes Bestand haben wird. 

Betroffene Unternehmen
Die Richtlinie findet stufenweise Anwendung auf Unternehmen. Zunächst grundsätzlich innerhalb einer

  • dreijährigen Übergangsfrist für europäische Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresumsatz über 1,5 Milliarden Euro; anschließend in einer
  • vierjährigen Übergangsfrist für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz über 900 Millionen Euro; schließlich in einer
  • fünfjährigen Übergangsfrisst für europäische Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz über 450 Millionen Euro

Daneben findet die Richtlinie Anwendung für Unternehmen, die im außereuropäischen Raum gegründet wurden, sofern ein entsprechender Umsatz in der EU generiert wird.

Im Gegensatz dazu findet das LkSG Anwendung auf Unternehmen, ungeachtet ihres Umsatzes, die 1.000 Beschäftigte im Inland haben.

Statuierte Sorgfaltspflichten
Insgesamt sieht die Richtlinie Sorgfaltspflichten vor, die bereits aus existierenden internationalen, europäischen und nationalen ESG-Regularien aus dem Soft- und Hardlaw, wie der Entwaldungs-Verordnung und dem LkSG, bekannt sind:

  • Integration von Sorgfaltspflichten in die Unternehmenspolitik und im Risikomanagementsystem
  • Identifizierung und Bewertung nachteiliger Menschenrechts- und Umweltauswirkungen
  • Verhinderung, Beendigung und Minimierung tatsächlicher und potenzieller nachteiliger Auswirkungen; als ultima ratio ist auch eine Beendigung der Geschäftsbeziehungen zu erwägen 
  • Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen
  • Beschwerdeverfahren und Unternehmenskommunikation
  • Abhilfemaßnahmen
  • Stakeholder Kommunikation

Die Sorgfaltspflichten gelten entlang der „Aktivitätskette“ eines Unternehmens. Umfasst sind nicht nur der eigene Geschäftsbereich, sondern auch die Tätigkeiten von Zulieferern und bestimmte Downstream-Aktivitäten.

Daneben müssen Unternehmen einen Klimaplan („transition plan“) zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Einhaltung der weltweiten und europäischen Klimaziele integrieren. Nicht zuletzt dadurch wird der Fokus im CS3D stärker als im LkSG auf die Umwelt gelegt.

Haftungsrisiko Aktivitätskette
Anders als das LkSG sieht die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung vor. Diese ist in Deutschland bisher nur (theoretisch) und unter Beachtung der einschlägigen Voraussetzungen über die allgemeinen Regeln des Zivilrechts denkbar. Die Haftung darf nicht zu Strafschadensersatz oder anderen Formen der Überkompensierung führen. Die Verjährungsfrist soll mindestens fünf Jahre betragen und geht somit über die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren aus § 195 BGB hinaus.

Daneben sind Geldbußen bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes vorgesehen. Auch dies geht über das LkSG hinaus.

Umsetzungsfrist
Das EU-Parlament muss der Richtlinie noch am 24. April zustimmen. 20 Tage nach Veröffentlichung tritt diese in Kraft und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei muss die Umsetzung gestaffelt erfolgen. Die ersten Unternehmen werden ab dem Jahr 2027 betroffen sein.

Das LkSG gilt weiterhin. Maßnahmen müssen demnach durch betroffene Unternehmen bereits jetzt umgesetzt werden.
Dieser Beitrag beruht auf dem Richtlinienentwurf, der dem Parlament am 15. März 2024 durch das Generalsekretariat des Rates zugesendet wurde, abrufbar unter: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6145-2024-INIT/en/pdf
 

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Mareike Höcker

Manager

Rechtsanwältin

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