Fondsstandortgesetz durch Bundesrat verabschiedet: Neue Regelung für Start-ups zur steuerlichen Förderung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

  • 07.06.2021
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In seiner Sitzung am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat das Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland (sog. Fondsstandortgesetz) verabschiedet. Neben der Umsetzung von Vorgaben aus EU-Richtlinien und zahlreichen aufsichtsrechtlichen Vorschriften, beinhaltet das Gesetz auch die Einführung des neuen § 19a des Einkommensteuergesetzes. Dieser regelt, dass eine unentgeltliche oder verbilligte Gewährung von Unternehmensbeteiligungen an Arbeitnehmer von Start-ups unter bestimmten Voraussetzungen zunächst steuerfrei bleibt.

Durch die Neuregelung sollen Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase (Start-ups) dahin gehend gefördert werden, dass an Mitarbeiter ausgegebene Unternehmensanteile zunächst steuerfrei gewährt werden können. Start-ups sollen damit in die Lage versetzt werden, ihre Mitarbeiter durch Beteiligungen anstatt in Barlohn zu vergüten, um die Liquidität zu schonen, aber trotzdem qualifizierte und motivierte Mitarbeiter an sich binden zu können. 

Derzeit führt eine verbilligte oder sogar unentgeltliche Ausgabe von Unternehmensanteilen an Mitarbeiter bei diesen für gewöhnlich zu steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Beteiligung im Zeitpunkt ihrer Einräumung und dem Erwerbspreis des Mitarbeiters (Preisnachlass) ist grundsätzlich als sog. geldwerter Vorteil zu versteuern. Werden aber zukünftig bestimmte Voraussetzungen des neuen § 19a EStG erfüllt, kann eine Besteuerung dieses geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Gewährung der Anteile zunächst unterbleiben. Der Freibetrag, bis zu dem Mitarbeiterkapitalbeteiligungen unabhängig davon steuerfrei gewährt werden können, wird von bisher 360 Euro auf 1.440 Euro pro Kalenderjahr erhöht. Die Vermögensbeteiligung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, sodass Entgeltumwandlungen nicht von der Regelung begünstigt werden. Der zunächst nicht einkommensteuerpflichtige, geldwerte Vorteil unterliegt aber gleichwohl der Sozialversicherungspflicht. 

Für die in Frage kommenden Beteiligungsformen wird auf das Fünfte Vermögensbildungsgesetz verwiesen. Hierzu zählen insbesondere Aktien, GmbH-Geschäftsanteile, Genussscheine und stille Beteiligungen. In der Praxis gängige Instrumente wie sog. virtuelle Beteiligungen oder virtuelle Anteilsoptionen (phantom stocks, stock appreciation rights) fallen nicht unter den Besteuerungsaufschub des neuen § 19a EStG.

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde die ausdrückliche Regelung aufgenommen, dass Mitarbeiterbeteiligungen auch dann nach § 19a EStG begünstigt werden können, wenn die Anteile durch eine Personengesellschaft (insbesondere eine GbR oder KG) gehalten werden und der Mitarbeiter an dieser beteiligt ist. Dies kommt in der Praxis insbesondere dann vor, wenn die Mitarbeiterbeteiligungen in dafür errichteten Beteiligungsgesellschaften gepoolt werden. Vor allem bei Beteiligungen an GmbH bietet sich dies an, da ansonsten jede einzelne Übertragung von Geschäftsanteilen notariell beurkundet werden müsste. Dies wäre in der Praxis nur mit zumeist unverhältnismäßigem Aufwand und zusätzlichen Kosten umsetzbar. Ein Halten der Mitarbeiterbeteiligung durch eine Holding-Kapitalgesellschaft (z. B. mit der Aussicht auf weitestgehend steuerbefreite Veräußerungsgewinne) ist aufgrund der ausdrücklichen Einschränkung des Gesetzestextes auf Personengesellschaften aber nicht umfasst.

Die Neuregelung des Besteuerungsaufschubs gilt für Beteiligungen an Start-ups, die im Zeitpunkt der Gewährung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Kleinstunternehmen, als kleines oder als mittleres Unternehmen einzuordnen sind. Hierzu dürfen sowohl im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung als auch im vorangegangenen Kalenderjahr bestimmte Schwellenwerte nicht überschritten werden. Ein Start-up fällt noch in die Größenklasse als höchstens mittelgroßes Unternehmen, wenn es weniger als 250 Mitarbeiter hat und sein Jahresumsatz höchstens 50 Mio. Euro oder die Bilanzsumme höchstens 43 Mio. Euro beträgt. Des Weiteren darf die Gründung des Unternehmens nicht mehr als 12 Jahre zurückliegen. 

Der geldwerte Vorteil zum Zeitpunkt einer verbilligten oder unentgeltlichen Gewährung einer Mitarbeiterbeteiligung unterliegt erst in einem der folgenden Zeitpunkte der Besteuerung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:

  • Die Beteiligung wird durch den Mitarbeiter entgeltlich oder unentgeltlich übertragen: Hierzu gehören insbesondere ein Verkauf der Unternehmensbeteiligung oder ihre (verdeckte) Einlage in ein Betriebsvermögen. Auch eine Übertragung infolge einer Schenkung oder die Vererbung von Anteilen infolge des Todes des Mitarbeiters dürften einen solchen Realisationstatbestand auslösen.
  • Nach Ablauf von 12 Jahren nach Gewährung der Vermögensbeteiligung.
  • Bei Beendigung des Dienstverhältnisses zum Arbeitgeber. Übernimmt der Arbeitgeber in diesem Fall die anfallende Lohnsteuer, ist dieser Vorteil nicht als zusätzlicher Arbeitslohn zu versteuern. Eine entsprechende Regelung könnte also in Zukunft durchaus Teil eines Abfindungspakets eines Mitarbeiters werden. 

Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB gilt nicht als Beendigung des Dienstverhältnisses, sodass allein dadurch noch keine Besteuerung ausgelöst wird.

Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen/-verlusten oder Ausschüttungen aus der Beteiligung selbst richtet sich weiterhin nach den allgemeinen Regelungen zur Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) oder, bei wesentlichen Beteiligungen (mind. 1 %) von Einkünften aus Gewerbebetrieb. Auf diese Einkünfte ist dann für gewöhnlich der Abgeltungssteuersatz bzw. das sog. Teileinkünfteverfahren anwendbar.

Die Regelung des § 19a EStG ist für Vermögensbeteiligungen anzuwenden, die ab dem 1. Juli 2021 übertragen werden. Da der Besteuerungsaufschub als Wahlrecht ausgestaltet ist, muss die vorübergehende Nichtbesteuerung nicht zwingend in Anspruch genommen werden. Mitarbeiter, die eine Mitarbeiterbeteiligung angeboten bekommen, sollten die Vorteilhaftigkeit einer Inanspruchnahme also unter Berücksichtigung ihrer gesamten aktuellen und zukünftigen einkommensteuerlichen Verhältnisse, ihrer Liquiditätssituation und ihrer weiteren Lebensplanung zusammen mit ihrem steuerlichen Berater abwägen.

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Autor dieses Artikels

Dominik Halbmeyer, LL.M.

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