A&A Telegram

  • 17.01.2022
  • Lesezeit 10 Minuten

In unserem A&A Telegram präsentieren wir Ihnen kurz, prägnant und auf den Punkt gebracht alle relevanten News und Updates rund um das Thema Wirtschaftsprüfung mit den Schwerpunkten HGB-Bilanzierung und -Berichterstattung.

 

Financial Services und EMIR-Expertise: Lars Hansen wechselt als Director zu Baker Tilly

Baker Tilly erweitert seine Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsexpertise und holt mit WP Lars Hansen einen ausgesprochenen Audit & Advisory-Experten für die Bereiche Financial Services und EMIR an Bord. Der 55-Jährige kommt von der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und ist zum 1. Januar 2022 am Baker Tilly Standort Nürnberg gestartet.

Neben der Prüfung und Beratung von Banken und Finanzdienstleistern wird Hansen bei Baker Tilly auch für die Schnittstellenthemen zwischen Real- und Finanzwirtschaft verantwortlich sein. Im Mittelpunkt stehen dabei die regulatorischen Anforderungen der sogenannten EMIR-Verordnung, die von Unternehmen der Realwirtschaft bei Einsatz von OTC-Derivaten zur Absicherung realwirtschaftlicher Leistungsbeziehungen beachtet werden müssen.

„Durch die zunehmende Regulierung steigt auch die Nachfrage nach anspruchsvollen Prüfungs- und Beratungsleistungen. Als EMIR-Spezialist kennt Lars Hansen die komplexen Anforderungen der EMIR-Verordnungen und der relevanten nationalen Gesetzgebung (u.a. § 32 WpHG) sowie des Prüfungsstandards IDW PS 920 genau und kann so optimal beurteilen, welche Anforderungen für unsere Kunden wichtig sind“, sagt Prof. Dr. Thomas Edenhofer, Managing Partner Audit & Advisory von Baker Tilly: „Mit Lars Hansen haben wir einen anerkannten Experten für das Thema EMIR gewonnen, der dazu beiträgt, durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unserer Teams entsprechende Lösungen für unsere Kunden anzubieten und damit das Beratungsspektrum bei Baker Tilly aktiv weiterzuentwickeln.“

Seine berufliche Karriere begann Hansen im Jahr 1991 als Prüfungsassistent bei Arthur Andersen in Frankfurt am Main. Vor seinem Wechsel zu Baker Tilly war er seit 2013 bei der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Bereich Financial Services am Standort Frankfurt am Main tätig.

 

Verabschiedung eines IDW Praxishinweises zur Offenlegungs- und Taxonomie-Verordnung

Die Offenlegungsverordnung (EU) 2019/2088 vom 27. November 2019 und die Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852 vom 18. Juni 2020 regeln nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor. Ziel der neuen Regelungen ist es, Informationsasymmetrien hinsichtlich Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsauswirkungen sowie über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten abzubauen.

Nach dem Fondsstandortgesetz vom 3. Juni 2022 sollen Abschlussprüfer die BaFin bei der Überwachung und Einhaltung der Anforderungen der Art. 3 bis 13 Offenlegung-Verordnung und 5 bis 7 Taxonomie-Verordnung unterstützen. Ein Großteil der neuen Anforderungen betrifft bereits Prüfungen für das laufende Geschäftsjahr 2021.

Die neuen nachhaltigkeitsbezogenen Anforderungen sind mit zahlreichen Fragestellungen sowohl aufseiten der Anwender als auch aufseiten der Abschlussprüfer verbunden, da ein delegierter Rechtsakt zur Konkretisierung der Anforderungen noch nicht vorliegt und die erstmalige Prüfung bevorsteht. 

Zur Unterstützung des Berufsstands entwickelte das IDW daher den IDW Praxishinweis: Prüfung der Einhaltung der Anforderungen nach Artikel 3 bis 13 der Verordnung (EU) 2019/2088 (OffenlegungsVO) und der Artikel 5 bis 7 der Verordnung (EU) 2020/852 (TaxonomieVO) (IDW Praxishinweis 2/2021), welcher u.a. den Prüfungsgegenstand beschreibt sowie erste Hinweise zum prüferischen Vorgehen gibt, die z.T. auch auf Ausführungen der BaFin basiert.

 

Drohende Rückzahlungsverpflichtung bei Inanspruchnahme von Corona-Finanzhilfen

Die Corona-Finanzhilfen waren und sind ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Die Vielzahl von Hilfsprogrammen haben jeweils eigene Antragsbedingungen sowie Voraussetzungen. Einige von diesen erfordern im Laufe der Zeit, die damals abgegebene Schätzung zur Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs zu überprüfen. 

Wenn, wie beispielsweise bei der Überbrückungshilfe III, die erwarteten Kosten nicht so hoch wie geschätzt oder die erwarteten Erlöse nicht so niedrig wie befürchtet waren, könnte es sein, dass in Summe der finanzielle Engpass tatsächlich niedriger war. Dies würde dann, gemäß den Förderbedingungen, zu einer möglichen (Teil-) Rückforderung der Coronahilfen führen. Dies muss dann im aktuellen Abschluss als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erfasst werden. Hierzu hat sich das Finanzministerium Schleswig-Holstein geäußert und die Pflicht zur Erfassung als Rückstellung nach R 5.7 Abs. 4 EstR bestätigt (FM SH - Erlass vom 18.10.2021, VI 304-S 2137-347).

 

Prüfungsschwerpunkte 2022 ESMA und BaFin

Die ESMA hat am 29.10.2021 ihre Prüfungsschwerpunkte vorgestellt:

IFRS Prüfungsschwerpunkte:

  • Sorgfältige Bewertung und Transparenz in der Rechnungslegung für die langfristigen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und der nachfolgenden Erholungsphase.
  • Konsistenz in der IFRS Berichterstattung und den Nicht-finanziellen Informationen in Bezug auf die Auswirkungen der Klimakrise; Ausweis der Ermessensentscheidungen und wesentliche Unsicherheiten.
  • Erweiterte Transparenz bei der Bewertung von erwarteten Kreditverlusten, speziell in Bezug auf Management Anpassungen und den zukunftsgerichteten Informationen sowie die Kreditexposures und erhaltene Sicherheiten. Auch hier Berücksichtigung der Einwirkungen aus dem Klimawandel.

Schwerpunkte in der Nicht-finanziellen Berichterstattung:

  • Einfluss von Covid-19 auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Nicht-Finanziellen Kennzahlen
  • Klimaorientierte Maßnahmen und deren Wirkung

Die BaFin hat als Nachfolger der DPR am 29.11.2021 ihre Prüfungsschwerpunkte vorgestellt:

  • Reverse Factoring Vereinbarungen: Die BaFin erkennt an, dass Reverse Factoring zunehmend als Art der Unternehmensfinanzierung genutzt wird. Deshalb wird die BaFin verstärkt diese Art von Transaktionen untersuchen, um festzustellen, ob die Angaben in der Bilanz und Kapitalflussrechnung korrekt ausgewiesen wird.
  • Existenz von Zahlungsmittel und Vermögenswerten: Als Reaktion auf den Fall Wirecard will die BaFin in „begründeten Einzelfällen“ auch prüfen, ob angegebene Vermögenswerte und Zahlungsmittel auch tatsächlich vorhanden sind.
  • Buchführungsunterlagen: Die BaFin möchte verstärkt auf die Nachvollziehbarkeit und die Nachprüfbarkeit von Buchführungsunterlagen bei den bilanzierenden Unternehmen achten.

 

Verabschiedung Modulverlautbarung IAS 1-M1 zu IDW RS HFA 50

Das IDW hat die Stellungnahme zur Rechnungslegung: IFRS-Modulverlautbarung (IDW RS HFA 50) um ein weiteres Modul ergänzt.

Das neue Modul trägt den Kurztitel IAS 1-M1 und befasst sich mit Zweifelsfragen bei der bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen unter Berücksichtigung der im IFRIC Update von Dezember 2020 veröffentlichten Agenda-Entscheidung "Supply Chain Financing Arrangements - Reverse Factoring" des IFRS IC. Thematisiert wird darin die Darstellung von Verbindlichkeiten i.Z.m. Reverse-Factoring-Transaktionen in der Bilanz und in der Kapitalflussrechnung sowie die ggf. erforderlichen Angaben im Abschluss des Schuldners (Kunden).

Das Modul IAS 1-M1 wurde vom FAB am 26.10.2021 verabschiedet. Gleichzeitig wurden die bisherigen Ausführungen zur bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen in IDW RS HFA 48, Abschn. 3.2.3., und in IDW RS HFA 9, Abschn. 5.3., aufgehoben.

 

Verbot von Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen bei PIE-Prüfungsmandanten durch das FISG

Für Abschlussprüfungen von Geschäftsjahren, die nach dem 31.12.2021 beginnen, gilt nunmehr die vollständige Blacklist des Art. 5 EU-APrVO. Dies hat zur Folge, dass keine der in Art. 5 EU-APrVO genannten Nichtprüfungsleistungen mehr bei Prüfungsmandanten, die kapitalmarktorientiert (regulierter Markt), Versicherungsunternehmen oder CRR-Kreditinstitute sind, erbracht werden dürfen.

Die Blacklist enthält in Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a) EU-APrVO u.a. eine vielfältige Auflistung von Verboten zu Steuerberatungsleistungen, die u.a. die Erstellung von Steuererklärungen, Steuerberechnungen sowie die nicht näher definierte „Erbringung von Steuerberatungsleistungen“ erfassen.

Die bisherige Vereinfachungsregel des § 319a HGB, nach der bestimmte Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen in „unwesentlichem“ Umfang noch erbracht werden durften, ist ersatzlos entfallen.

Für Prüfungen von Geschäftsjahren, die vor dem 01.01.2022 beginnen, dürfen noch letztmalig bis zur Testatserteilung Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen erbracht werden.

Wird bspw. die Abschlussprüfung für das am 31.12.2021 endende Geschäftsjahr am 30.04.2022 durch Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks beendet, dann können Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen bis zu diesem Zeitpunkt erbracht werden, sofern diese nach § 319a HGB zulässig waren und sich auf das zum 31.12.2021 endende Geschäftsjahr beziehen. Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen, die sich auf das am 01.01.2022 beginnende Geschäftsjahr beziehen, sind unzulässig. 

 

Veröffentlichung des Standardentwurfs ISA 315 [E-DE] (revised 2019)

Der Arbeitskreis „ISA-DE“ des HFA hat nunmehr den Standardentwurf des ISA 315 [E-DE] (revised 2019) veröffentlicht. Die Stellungnahmefrist endet am 31. März 2022, der Standard soll erstmals für Prüfung von Abschlüssen für Zeiträume, die am oder nach dem 15.12.2022 beginnen, anzuwenden sein.

 

Neufassung des IDW Standards: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW S 11)

Die Neufassung des Standards wurde erforderlich, um die seit dem 01.01.2021 in Kraft getretenen InsO-Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) nun auch im IDW S 11 abzubilden. Im IDW PS 270 n.F. ist die Anpassung an die InsO bereits geschehen. Weiterhin wurde die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur Zahlungseinstellung aufgenommen. 

Insbesondere sind folgende Änderungen zu nennen:

  • die Differenzierung des Prognosezeitraums bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO (in aller Regel 24 Monate) und der Überschuldung gemäß § 19 InsO (12 Monate)
  • die geänderten Höchstfristen für die Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO (drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen bei Überschuldung) sowie 
  • die im Zuge der Corona-Pandemie mehrfach ausgesetzten Insolvenzantragspflichten, die Gutachter über Jahre hinweg bei der retrograden Ermittlung des Eintritts der Insolvenzreife zu berücksichtigen hatten.

Für die Systematik der Beurteilung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit und deren Konsequenzen ist folgendes Schema ganz hilfreich:

 

 

Verabschiedung von acht Standardentwürfen zur Prüfung kleinerer, weniger komplexer Unternehmen (IDW EPS KMU)

Die International Standards on Auditing (ISA) sind ab dem Geschäftsjahr 2022 bei gesetzlichen Abschlussprüfungen grundsätzlich unmittelbar in ihrer deutschen Fassung (ISA [DE]) anzuwenden.

Nach dem Anspruch des IAASB sollen die ISA skalierbar, also auf die Größe und Komplexität der zu prüfenden Einheit anpassbar, sein, was jedoch aufgrund der zunehmenden Ausrichtung der ISA auf PIE nicht recht gelingt.

Das IDW und andere haben daher das IAASB im Juli 2021 zu dem veröffentlichten Entwurf eines International Standard on Auditing for Audits of Financial Statements of Less Complex Entities (ISA for LCE) veranlasst, dessen Frist zur Stellungnahme noch bis zum 31. Januar 2022 läuft. Derzeit ist also noch völlig ungewiss, ob, wann und welchen Inhalts vom IAASB ein finaler Standard zur Prüfung von LCE verabschiedet wird. 

Das IDW hat sich daher dazu entschlossen, eigene Standards zur Prüfung von Abschlüssen kleinerer, weniger komplexer Unternehmen zu veröffentlichen (IDW EPS KMU). Diese sollen einer künftigen Anwendung eines ISA for LCE (dann als ISA [DE] for LCE) jedoch nicht entgegenstehen.

Die IDW-Standards für KMU stellen auf die Prüfung eines typisierten KMU ab. Bei der Frage der Anwendung dieser Standards kommt der Abgrenzung des Prüfungsgegenstands (EPS KMU 1) also eine besondere Bedeutung zu. Bei einer Abweichung vom Typus muss sich der Abschlussprüfer im konkreten Einzelfall entscheiden, ob er die KMU-Standards gleichwohl anwenden kann und ggfs. welche zusätzlichen Prüfungshandlungen erforderlich sind, um eine ausreichende Prüfungssicherheit zu erlangen. Eine Anwendung der PS KMU soll jedoch dann ausscheiden, wenn es sich um die Prüfung eines PIE oder eines komplexen Unternehmens, z.B. aufgrund der Geschäftstätigkeit oder der Ausgestaltung von IT-Anwendungen, handelt.

Die IDW EPS KMU sind in Anlehnung an das bekannte IDW Meilensteinkonzept prozessual aufgebaut und behandeln folgende Themen:

  • KMU 1: Anwendung und Vorbemerkungen
  • KMU 2: prozessübergreifende Anforderungen an eine Abschlussprüfung
  • KMU 3: Auftragsannahme, Prüfungsplanung, Wesentlichkeit und Kommunikation
  • KMU 4: Risikoidentifizierung und -beurteilung
  • KMU 5: Reaktion auf die beurteilten Risiken
  • KMU 6: abschließende Prüfungshandlungen Kommunikation und schriftliche Erklärungen des Managements
  • KMU 7: Prüfungsurteil, Berichterstattung und Archivierung
  • KMU 8: Prüfung des Lageberichts

Die Entwürfe sollen in der IDW Life 1/2022 abgedruckt werden und sehen eine Frist zur Stellungnahme bis zum 31. Mai 2022 vor. Die Anwendung der Standards soll erstmals möglich sein für die Prüfung von Abschlüssen, die am oder nach dem 15.12.2021 beginnen.

Artikel teilen:

Autor dieses Artikels

Prof. Dr. Thomas Edenhofer

Managing Partner Audit & Advisory

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Offene Fragen zu unseren Services?

Jetzt Kontakt aufnehmen

Kontakt aufnehmen