Kernelemente der Notfallplanung im Familienunternehmen

Kernelemente der Notfallplanung im Familienunternehmen
  • 18.07.2025
  • Lesezeit 4 Minuten

Der Ausfall der Unternehmensleitung kann zur Krise führen. Unternehmerische Vorsorge sichert Handlungsfähigkeit – durch klare Vollmachten, Strukturen und rechtlich abgestimmte Regelungen.

Der Ausfall eines Unternehmers ist kein Szenario, das man sich gern vorstellt – und doch kann es jederzeit Realität werden. Unfall, Krankheit, plötzlicher Todesfall: Während IT-Ausfall- und Krisenpläne in vielen Unternehmen längst Standard sind, fehlt es oft an einer klaren Regelung für den wohl kritischsten Ernstfall – den plötzlichen Wegfall der unternehmerischen Führung.

Gerade in Familienunternehmen oder inhabergeführten Betrieben kann ein solcher Ausfall weitreichende Folgen haben: Entscheidungsprozesse stocken, Bankzugänge sind blockiert, Vollmachten fehlen – und damit steht nicht selten das gesamte Unternehmen kurzfristig still.

Eine vorausschauende Notfallplanung ist deshalb keine Frage der Größe oder Branche, sondern Ausdruck unternehmerischer Verantwortung.

Handlungsfähigkeit sichern – auch im Ausnahmezustand

Die zentrale Frage lautet: Was passiert, wenn der Unternehmer von heute auf morgen ausfällt – sei es für Wochen oder dauerhaft? Wer kann dann rechtsverbindlich handeln? Wer darf über Konten verfügen, Verträge schließen, Personalmaßnahmen treffen oder das Unternehmen nach außen vertreten?

Viele dieser Fragen lassen sich nur beantworten, wenn frühzeitig ein strukturiertes Vorsorgemodell etabliert wurde. Es geht nicht nur um Dokumente, sondern um klare Regelungen, Zuständigkeiten und Zugriffsrechte – sowohl im Unternehmen als auch im privaten Bereich.

Sieben Kernelemente einer wirksamen unternehmerischen Notfallplanung

  1. Vorsorgevollmacht mit unternehmerischer Reichweite

    Eine privat formulierte Vorsorgevollmacht reicht oft nicht aus. Unternehmer benötigen spezifische Regelungen, die auch die Ausübung von Gesellschafterrechten, Geschäftsführungsbefugnissen und Unternehmensentscheidungen erfassen. Diese Vollmachten sollten klar formuliert, notariell beglaubigt oder beurkundet und im zentralen Vorsorgeregister registriert sein.
     
  2. Vertretungsregelungen im Gesellschaftsvertrag und in der Geschäftsführung

    In GmbHs, GmbH & Co. KGs oder Familiengesellschaften ist zu prüfen, ob und wie die Vertretung im Notfall geregelt ist. Gibt es einen weiteren Geschäftsführer? Reichen Einzelvertretungsregelungen aus? Bestehen Zustimmungsvorbehalte? Auch der Gesellschaftsvertrag selbst kann ergänzende Regelungen vorsehen, etwa zur Einsetzung eines Notgeschäftsführers.
     
  3. Testamentarische Regelungen mit Blick auf das Unternehmen

    Nicht alle Erben sind automatisch geschäftsführungs- oder beteiligungsfähig. Testamente sollten mit Blick auf das Unternehmen gestaltet sein: klare Erb- oder Vermächtniseinsetzung, gegebenenfalls Anordnung einer Testamentsvollstreckung, gesellschaftsvertragliche Abstimmung (Stichwort:  qualifizierte Nachfolge- oder Eintrittsklauseln, Abfindungsregelungen oder -beschränkungen). Auch erbschaftsteuerliche Folgen sind frühzeitig zu prüfen.
     
  4. Zugangsrechte und Vollmachten im operativen Geschäft

    Wer hat Zugriff auf Bankkonten, Verträge, Steuerunterlagen, Versicherungen oder digitale Systeme? Wo liegen Passwörter, wo sind Bevollmächtigungen dokumentiert? Ein systematisch gepflegtes Vollmachtenverzeichnis und eine saubere Berechtigungsstruktur sind oft entscheidender als jedes Notfallhandbuch.
     
  5. Dokumenten- und Informationsstruktur

    Eine aktuelle Übersicht aller relevanten Unterlagen – Verträge, Gesellschafterbeschlüsse, Immobiliendokumentationen, Kreditverträge, Versicherungen – sollte zentral hinterlegt und im Kreis der Berechtigten zugänglich sein. Ebenso: Notfallkontakte (Steuerberater, Anwälte, Bankansprechpartner, Berater).
     
  6. Nachfolge- und Übergangsüberlegungen

    Wenn es keine Nachfolge in der Familie gibt, ist zu klären, wer im Ernstfall (ggf. interimistisch) die operative Führung übernehmen könnte: ein Beirat, ein Interimsgeschäftsführer oder ein vorbereitetes Managementteam? Auch Modelle wie der Einstieg eines Investors können strategisch vorbereitet werden.
     
  7. Steuerliche Vorsorge

    Bereits die Bewertung des Unternehmens im Erbfall kann erhebliche Steuerfolgen auslösen – insbesondere, wenn die Erben nicht aktiv mitwirken oder eine Zerschlagung vermieden werden soll. Die steuerliche Bewertung und Strukturierung des Unternehmens (Erbschaftsteuer, § 13a ErbStG ff.) sollte regelmäßig überprüft und gegebenenfalls durch Vorausregelungen steuerlich gestaltet werden.

Vorsorge ist keine Notlösung – sondern Teil unternehmerischer Professionalität

Die Notfallplanung gehört heute zu den strategischen Pflichten eines verantwortungsvoll geführten Familienunternehmens. Sie lässt sich nicht in einer Checkliste abhaken, sondern erfordert eine abgestimmte, fachübergreifende Struktur – zwischen Gesellschaftsrecht, Erbrecht, Steuerrecht und operativer Organisation.

Wer als Unternehmer Klarheit schafft, entlastet nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie, seine Mitarbeitenden und seine Gesellschafter. Und vor allem: Er sichert die Handlungsfähigkeit des Unternehmens – auch dann, wenn er selbst gerade nicht mehr handeln kann.

Diesen Beitrag teilen:

Autoren dieses Artikels

Ronny Walter

Partner

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Matthias Winkler

Partner

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

Was können wir für Sie tun?

Jetzt Kontakt aufnehmen

Kontakt aufnehmen