BFH: Keine Klarheit beim Satzungserfordernis nach § 57 Abs. 3 AO

BFH: Keine Klarheit beim Satzungserfordernis nach § 57 Abs. 3 AO
  • 17.07.2025
  • Lesezeit 3 Minuten

Trotz BFH-Beschluss bleibt für steuerbegünstigte Körperschaften unklar, ob das doppelte Satzungserfordernis gilt. Der EuGH muss jetzt entscheiden, ob die Kooperationsregelung des § 57 Abs. 3 AO mit EU-Recht vereinbar ist – mit potenziellen Folgen für den gesamten gemeinnützigen Sektor.

Durch den am 17.07.2025 veröffentlichten Beschluss des BFH vom 22.05.2025 wurde die Rechtsfrage, ob im Rahmen einer Kooperation gemäß § 57 Abs. 3 AO das sog. „doppelte Satzungserfordernis“ besteht, nicht entschieden. Der BFH hat vielmehr dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 267 AEUV drei Fragen vorgelegt, ob die Regelung des § 57 Abs. 3 AO eine unzulässige Beihilfe gemäß Art. 107 AEUV darstellen kann.

§ 57 Abs. 1 S. 1 AO sieht vor, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre Zwecke unmittelbar erfüllen muss. Möglich ist auch der Einsatz einer sog. Hilfsperson im Sinne von § 57 Abs. 1 S. 2 AO. Diese kann die Begünstigungen für steuerbegünstigte Zwecke nur in Anspruch nehmen, wenn sie selbst die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllt.

Durch das Jahressteuergesetz 2020 erfolgte mit Einführung des § 57 Abs. 3 AO eine Veränderung des Unmittelbarkeitserfordernisses. Nunmehr verfolgt eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke nach § 57 Abs. 3 S. 1 AO auch dann unmittelbar, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht (sog. Servicekörperschaft).

Gemäß § 57 Abs. 3 S. 2 AO sollten zudem Leistungen, die in Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bei der Servicekörperschaft erfolgen, innerhalb eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs erbracht werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 65 ff. AO erfüllt sind. Ziel des Gesetzgebers war es, Körperschaften zu ermöglichen, steuerbegünstigt arbeitsteilig vorzugehen, um gemeinsam einen steuerbegünstigten Zweck zu verwirklichen (BT-Drs. 19/25160, S. 202).

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es erforderlich, dass die Körperschaft, mit der kooperiert wird, sowie die Art und Weise der Kooperation in den Satzungen beider Körperschaften geregelt sein muss (doppeltes Satzungserfordernis).

Das FG Hamburg hat durch Urteil vom 26.09.2023 mit ausführlicher Begründung entschieden, dass für das doppelte Satzungserfordernis keine gesetzliche Grundlage besteht. Das Finanzamt Hamburg hat hiergegen Revision eingelegt. Der BFH führt im Beschluss vom 22.05.2025 aus, dass die Einwendungen der Revision gegen das Urteil nicht durchgreifend sind und die Entscheidung des FG grundsätzlich zutreffend sei.

Der BFH greift aber die Frage auf, ob es sich bei der Regelung des § 57 Abs. 3 AO um eine unzulässige Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV handeln kann. Sofern § 57 Abs. 3 AO eine unzulässige Beihilfe darstellt, bestünde ein Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV. Die Revision des FA wäre dann begründet.

Der BFH fragt insbesondere, ob Art. 107 AEUV dahingehend auszulegen ist, dass eine unter diese Vorschrift fallende staatliche Beihilfe vorliegt, wenn einer Körperschaft nach einer nationalen Regelung für eine wirtschaftliche Tätigkeit die Steuerbegünstigung eines Zweckbetriebs auch dann zusteht, wenn sie ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nicht unmittelbar selbst verwirklicht, sondern diese Zwecke satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft verfolgen kann, sodass sie als Servicekörperschaft an diese andere Körperschaft steuerbegünstigt Leistungen jeglicher Art im Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Leistungsanbietern erbringen kann.

Durch die EuGH-Vorlage des BFH besteht für steuerbegünstigte Körperschaften weiterhin keine Rechtssicherheit im Hinblick auf das doppelte Satzungserfordernis. Die Auswirkungen auf den gemeinnützigen Sektor wären aber um ein Vielfaches größer, wenn der EuGH in der Einführung des § 57 Abs. 3 AO eine unzulässige Beihilfe sehen würde.

Das entsprechende Urteil findet sich hier

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Autor dieses Artikels

Martin Maurer

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Rechtsanwalt, Steuerberater

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