Gesetzgeber plant erhebliche Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Immobilienübertragungen

  • 14.11.2022
  • Lesezeit 4 Minuten

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 ist medial bisher vornehmlich in Bezug auf einige vorgesehenen Steuererleichterungen wahrgenommen worden. Dabei sehen die nun auch vom Bundesrat faktisch durchgewunkenen Änderungen des Bewertungsgesetzes einige böse Überraschungen vor, die mit dem Jahresende erhebliche Erhöhungen der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei Immobilienübertragungen zur Folge haben werden.

Die neuen Bewertungsregelungen sollen für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 anzuwenden sein.

Von uns durchgeführte Musterberechnungen zur Bewertung einzelner Immobilien zeigen steuerliche Werterhöhungen zwischen 20 % und über 50 %. Vor diesem Hintergrund sollten im Raum stehende Übertragungen mitunter vorgezogen oder jedenfalls die Auswirkungen der zukünftigen Regelungen im Einzelfall überprüft werden.

Fast alle Immobilien betroffen: Die Bewertungsänderungen im Einzelnen

Die mit notwendigen Anpassungen an die tatsächliche Marktlage begründeten Änderungen betreffen sowohl das Ertragswert- als auch das Sachwertverfahren und damit die Bewertung fast aller Immobilien. Auch wenn Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser an sich mit sogenannten Vergleichspreisen zu bewerten sind, liegen solche in der Praxis oft nicht vor, sodass auch bei diesen meistens das Sachwertverfahren anzuwenden ist. Betroffen sind auch Mietwohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke, die im Ertragswertverfahren zu bewerten sind.

Im Ertragswertverfahren erfolgt die Bewertung aktuell aus der Summe des Bodenwerts, der sich aus den Bodenrichtwerten ableitet, und dem Gebäudeertragswert. Die Bodenrichtwerte werden regelmäßig von den Gutachterausschüssen der Städte und Gemeinden veröffentlicht. Zur Ermittlung des Gebäudeertragswertes werden die Mieteinnahmen nach Abzug pauschalierter Bewirtschaftungskosten mit einem Liegenschaftszins für die restliche Nutzungsdauer des Gebäudes kapitalisiert. 

Für die Liegenschaftszinsen gibt es gesetzliche Werte, die jedoch nur eingreifen, wenn nicht die Gutachterausschüsse der Städte und Gemeinden eigene Zinssätze veröffentlichen. Diese liegen aktuell in der Regel unter den gesetzlichen Zinssätzen und führen deswegen teilweise zu erheblich höheren Wertansätzen als nach den gesetzlichen Vorgaben. Bei vielen Immobilien finden gegenwärtig aber noch die gesetzlichen Zinssätze Anwendung, da die Gutachterausschüsse nicht immer für alle Immobilienarten entsprechende Zinssätze bereitstellen.

Die geplanten Änderungen im Überblick:

Künftig sollen die Bewirtschaftungskosten in den meisten Bereichen mit niedrigeren festen Beträgen, die sich an der Fläche oder der Anzahl von Wohnungen orientieren, abgegolten werden. Bei Immobilien mit hohen Verwaltungs- oder Instandhaltungsaufwendungen können sich allein hierdurch substanzielle Auswirkungen durch deren Deckelung ergeben.

Die gesetzlichen Liegenschaftszinsen sollen für alle Objektarten gesenkt werden, für Mietwohngrundstücke beispielsweise von 5 % auf 3,5 %. Hierdurch erhöht sich spiegelbildlich der Kapitalisierungsfaktor und damit der Steuerwert der Immobilie entsprechend.

Für viele Gebäudearten (Ein- und Zweifamilienhäuser, Miethäuser, Wohnhäuser mit Mischnutzung) soll zudem die gesetzlich festgelegte Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre verlängert werden, sodass sich auch die für die Bewertung relevante Restnutzungsdauer und damit der Kapitalisierungszeitraum verlängert.

Die Änderungen führen in fast allen Fällen zu erheblich höheren Objektwerten.

Im Sachwertverfahren erfolgt die Bewertung ebenfalls mit dem Bodenwert sowie zusätzlich dem Gebäudesachwert. Zur Ermittlung des Gebäudesachwertes werden die sogenannten Regelherstellungskosten je Quadratmeter mit dem sogenannten Baupreisindex angepasst und unter Berücksichtigung einer Alterswertminderung auf die Gesamtfläche hochgerechnet. Während die aktuelle Erhöhung der Baukosten bereits 2022 zu einer deutlichen Erhöhung gegenüber 2021 geführt hat, wäre schon ohne Gesetzesanpassung mit weiteren Anstiegen zu rechnen. Dabei will es der Gesetzgeber aber nicht belassen. Die geplanten Änderungen im Überblick:

  • Künftig sollen regionale Unterschiede in den Baukosten zusätzlich über einen Regionalfaktor erfasst werden. Gerade in Großstädten und deren Umkreis kann es hierdurch zu deutlich höheren Wertansätzen kommen.
  • Auch im Sachwertverfahren wirkt sich die Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer werterhöhend aus. 
  • Schließlich beabsichtigt der Gesetzgeber eine Erhöhung der sogenannten Sachwertfaktoren. Der Sachwertfaktor ist ein Korrekturfaktor, mit dem der ermittelte Sachwert einer Immobilie multipliziert wird, um einen realistischen Markt- bzw. Verkehrswert zu bestimmen. 

In Summe führen auch die geplanten Änderungen im Sachwertverfahren zu deutlich höheren Bewertungen – vor allem bei Immobilien in urbanen Gebieten. Angesichts der aktuellen Marktlage wird der weiterhin mögliche gutachterliche Nachweis eines tatsächlich geringeren Wertes vielfach nur schwer zu führen sein.

 

 

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Autoren dieses Artikels

Dominik Halbmeyer, LL.M.

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