Bauhandwerkersicherung: Anspruch auf Sicherheitsleistung trotz Kündigung

  • 12.10.2023
  • Lesezeit 3 Minuten

Unternehmer in Bauvorhaben können nach § 650f Abs. 1 BGB von ihren Bestellern eine Sicherheit für die noch nicht gezahlte Vergütung i. H. v. zehn Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs verlangen. Doch was passiert mit dem Anspruch auf Sicherheitsleistung, wenn der Besteller keine Sicherheit leistet und der Unternehmer infolgedessen den Vertrag kündigt? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich das OLG München als Berufungsinstanz.

Stärkung der Unternehmerrechte 

Mit dem Beschluss des OLG München vom 19.06.2023 – 28 U 1119/23 Bau wurde klargestellt, dass Unternehmer trotz einer Kündigung nach § 650f Abs. 5 S. 1 Alt. 2 BGB neben einem Vergütungsanspruch einen fortbestehenden Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gegen den Besteller besitzen. 

Das OLG machte deutlich, dass das Ziel des § 650f BGB die frühzeitige Sicherung des Unternehmers in Hinblick auf Vergütungsansprüche, auch für den Fall einer Insolvenz des Bestellers, sei. Der Gesetzgeber wollte durch diese gesetzliche Regelung Unternehmern in Bauvorhaben die Möglichkeit bieten, von Bestellern möglichst schnell und effektiv eine Sicherheitsleitung zu erhalten. Ein entsprechender, einklagbarer Anspruch aus § 650f BGB stärke die Rechtsstellung der Unternehmer deutlich. 

Kündigung lässt den Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht erlöschen

Zu der Frage, ob ein Anspruch auf Sicherheitsleistung nach einer Kündigung durch den Unternehmer grundsätzlich fortbesteht, führte der Fall, dass in einem vom OLG München betrachteten streitigen Bauverfahren, ein Besteller weder die vereinbarte Vergütung noch eine Sicherheit nach § 650f Abs. 1 BGB leistete und der Unternehmer den Vertrag infolgedessen nach § 650f Abs. 5 S. 1 BGB kündigte.

Nach Ansicht des Senats würde es in einem solchen Fall dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, wenn ein Anspruch auf Sicherheitsleistung aus § 650f Abs. 1 BGB nach einer Kündigung des Unternehmers gem. § 650f Abs. 5 S. 1 BGB dann auch erlöschen würde. Wenn der Besteller die Sicherheitsleistung verweigern könnte, bis der Unternehmer ihm kündigt, hätte er dadurch die Möglichkeit, den bestehenden Sicherungsanspruch zu verhindern und den Zweck des Sicherheitsverlangens sowie den tatsächlichen Anspruch auf Sicherheit zu schwächen. Der Besteller könnte die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit hiermit vollständig umgehen. Was nach Ansicht des Senats dem gesetzlichen Zweck zuwiderläuft, jedenfalls sei ein dementsprechendes Erlöschen des Anspruchs den gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen. 

Eine Kündigung nach § 650f Abs. 5 S. 1 BGB stelle laut dem Senat einen Sonderfall der Kündigung aus wichtigem Grund dar und führe (wie auch der § 648 BGB) grundsätzlich zu einer großen Kündigungsvergütung. Somit besäße der Unternehmer nach Kündigung zweifelsfrei weiterhin einen Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistung. Auf diesen Anspruch müsse er sich jedoch ersparte Aufwendungen und einen anderweitigen oder böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb anrechnen lassen.  

Der mit der Vergütung verbundene Anspruch auf Sicherheitsleistung bestehe deshalb bis zum vollständigen Ausgleich der von § 650f BGB erfassten Ansprüche fort. Bezüglich der Höhe der Sicherheitsleistung wurde angemerkt, dass sich diese an dem Werklohn zu orientieren habe, den der Unternehmer nach Kündigung verlangen könne. 

Aufgrund des weiterhin offenen Vergütungsanspruchs könne der Unternehmer daher, neben einer Klage auf Zahlung der Vergütung auch eine Klage auf Sicherheitsleistung anhängig machen. 
 

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Autor dieses Artikels

Franziska Pina

Senior Manager

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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