Österreich: Neue USt-Regelungen für ausländische Vermieter ab 1.1.2022 

  • 16.12.2021
  • Lesezeit 5 Minuten

Vermietet ein ausländischer Unternehmer in Österreich eine inländische Immobilie an einen inländischen Unternehmer, hat sich schon vor 20 Jahren die Frage gestellt, ob die Steuerschuld auf den Mieter übergeht, wenn der ausländische Vermieter keine Betriebsstätte (bzw. keine feste Niederlassung) im Inland hat. Ein Beitrag unserer TPA-Kollegen Helmut Beer, Karin Fuhrman und Ingrid Winkelbauer.

Die österreichische Finanzverwaltung hat sich damals für eine zweckmäßige Lösung entschieden und in der Rz 2601b der Umsatzsteuerrichtlinien (kurz: UStR 2000) folgende Auffassung vertreten: „Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, sind insoweit (dh hinsichtlich der Vermietungsumsätze) als inländische Unternehmer zu behandeln. Sie haben diese Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären.“

Im Juni dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof – EuGH in der Rechtssache C-931/19 (Titanium) konkret zu einem Österreich-Sachverhalt ein Urteil gefällt, wonach die zweckmäßige Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung EU-widrig sei. Nach Auffassung des EuGHs darf der ausländische Vermieter nur dann als inländischer Unternehmer behandelt werden, wenn er im Inland auch eigenes Personal hat und diese Personen auch zu autonomem Handeln befähigt sind. Bei den „üblichen inländischen Vertretern“ eines ausländischen Vermieters (insbesondere bei den Hausverwaltungen) handelt es sich

  • erstens nicht um eigenes Personal des ausländischen Vermieters und
  • zweitens sind diese in der Regel auch nicht zu autonomem Handeln befugt, weil die Letztentscheidung üblicherweise der ausländische Unternehmer trifft.

Der Fachsenat für Steuerecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) hat in den letzten Monaten mit Vertretern der Finanzverwaltung Verhandlungen geführt, ob man die zweckmäßige Auffassung der Finanzverwaltung trotz des praxisfeindlichen EuGH-Urteils durch eine innerstaatliche Regelung beibehalten könne.

Lange Zeit hat es danach ausgesehen, dass diese Gespräche erfolgreich sein würden. Kürzlich wurden wir vonseiten der Finanzverwaltung jedoch informiert, dass das EuGH-Urteil vollinhaltlich umzusetzen sei.

Wörtlich vertritt das Bundesministerium für Finanzen in der Neufassung der Rz 2601b UStR 2000 nunmehr folgende Auffassung:
„Ab 1.1.2022 gelten Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, nur dann als inländische Unternehmer, wenn sie im Inland bzw. bei der Immobilie über eigenes Personal für die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügen, das zu autonomem Handeln befähigt (siehe EuGH 3.6.2021, Rs C-931/19, Titanium Ltd.).“

Die Konsequenzen sind im Einzelnen

1. Vermietung an Unternehmer (oder an juristische Personen des öffentlichen Rechts)
Ab 1.1.2022 kommt bei der Vermietung an inländische Unternehmer (oder an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die nicht Unternehmer sind – kurz: KöR) das sogenannte „Reverse Charge-Verfahren“ zur Anwendung, d.h.

  • der ausländische Vermieter (ohne eigenes inländisches Personal) darf keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, sondern
  • er muss in der Rechnung auf den Übergang der Steuerschuld hinweisen.
  • Anstelle des Vermieters muss künftig der Mieter die Umsatzsteuer in seine UVA aufnehmen.

Mit dem Reverse Charge Verfahren verbunden ist nach derzeitigem Stand der Gespräche der Umstand, dass der (ausländische) Vermieter die Vorsteuern grundsätzlich auch nicht mehr im Veranlagungsverfahren (also in einer UVA bzw. in einer Jahres-USt-Erklärung) geltend machen kann, sondern künftig den (mühsameren) Weg eines Erstattungsverfahrens beschreiten muss.

Diesbezüglich gibt es allerdings noch Gespräche mit der Finanzverwaltung, über deren Ausgang wir mit einem gesonderten Schreiben (jedenfalls rechtzeitig für die erste UVA 2022 bis März 2022) informieren werden.

Handlungsbedarf bis zum 1.1.2022 – Die Mietvorschreibungen ab Jänner 2022 sind an die Neuregelung anzupassen!

a) Im Falle der Option zur USt-Pflicht ist bei den Mietvorschreibungen wie folgt vorzugehen:

Die Option zur USt-Pflicht gemäß § 6 Abs 2 öUStG 1994 sollte auf der Rechnung zum Ausdruck gebracht werden (Rz 2602 UStR 2000).

Beispiel für einen entsprechenden Hinweis auf der Rechnung:
„Der Vermieter hat gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 für diesen grundsätzlich steuerfreien Umsatz zur USt-Pflicht optiert. Aufgrund der EuGH-Entscheidung C-931/19 (Titanium) bzw. Rz 2601b UStR 2000 ist für diesen Umsatz ab 1.1.2022 zwingend das „Reverse Charge Verfahren“ anzuwenden. Die Steuerschuld geht auf den Mieter über, dh Sie sind verpflichtet die Umsatzsteuer in Ihre UVA aufzunehmen.
Sollten Sie das Objekt nicht mehr für Umsätze verwenden, die Sie zu mindestens 95% zum Vorsteuerabzug berechtigen, ersuchen wir Sie, uns umgehend davon in Kenntnis zu setzen.“

  • Es darf aber keine Umsatzsteuer mehr ausgewiesen werden (sonst entsteht USt-Schuld kraft Rechnungslegung).
  • Ein Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf den Mieter ist anzubringen.
  • Für den (ausländischen) Vermieter ist die UID des Sitzstaates (und nicht mehr die öUID) auf der Rechnung anzugeben.

Sofern noch nicht vorhanden, empfehlen wir einen expliziten Nachweis von den Mietern einzuholen, aus dem die Möglichkeit der USt-pflichtigen (und damit zum Vorsteuerabzug berechtigenden) Vermietung hervorgeht.

b) Im Falle der steuerfreien Vermietung an „nichtoptionstaugliche“ Mieter
Hier kommt es zu keinen Änderungen.


2. Vermietung an Privatpersonen – „Nichtunternehmer“
Zum Übergang der Steuerschuld – „Reverse Charge“ – kommt es nur bei jenen Mietern, die Unternehmer oder inländische KöR sind. Im Falle der Vermietung (zB von Wohnungen, aber auch von Garagenplätzen) an Privatpersonen („Nichtunternehmer“) bleibt der ausländische Unternehmer sehr wohl verpflichtet, die Umsatzsteuer im Wege der Veranlagung (UVA) abzuführen.

Dies bedeutet, dass die Miet- und Betriebskostenvorschreibung wie bisher mit öUSt (und Angabe der öUID des Vermieters) auszustellen ist. Es können auch weiterhin die damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuern und auch Vorsteuern im Zusammenhang mit zusätzlich erzielten Vermietungsumsätzen, für welche die Steuerschuld auf den Mieter übergeht, im Veranlagungsverfahren geltend gemacht werden.
 

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Autor dieses Artikels

Marion Fetzer

Partner, Head of Indirect Tax

Steuerberaterin

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