Grenzgängerregelung nach dem DBA Schweiz für geringfügig Beschäftigte anwendbar

  • 30.01.2023
  • Lesezeit 3 Minuten

Einige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) enthalten Ausnahmeregelungen für Grenzgänger, die der Besteuerung im Wohnsitzstaat dienen. Dazu gehört auch das DBA mit der Schweiz. Kann diese Grenzgängerregelung aber vermieden werden, fallen möglicherweise geringere Schweizer Steuern an. Zwei BFH-Urteile liefern hierzu nun neue Voraussetzungsbedingungen.

Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die in der Regel im Grenzbereich des einen Staates arbeiten und täglich zu ihrem Wohnsitz im Grenzbereich des anderen Staates zurückkehren. Für diesen Personenkreis wurden in einigen Doppelbesteuerungabkommen (DBA) besondere Regelungen für die Zuweisung des Besteuerungsrechts abweichend vom herrschenden Tätigkeitsortsprinzip geschaffen. Für Grenzgänger bleibt es demnach bei der Besteuerung im Wohnsitzstaat. Das gilt für:

  • Frankreich (Art. 13 Abs. 5 – Besteuerung nur im Wohnsitzstaat), 
  • Österreich (Art. 15 Abs. 6 – Besteuerung nur im Wohnsitzstaat), 
  • Luxemburg (Aufteilung nach Arbeitstagen, Verständigungsvereinbarung vom 26. Mai 2011) 
  • Schweiz (Art. 15a – begrenzte Besteuerung im Tätigkeitsstaat und Wohnsitzbesteuerung mit Anrechnungssystem)

Grenzgänger, die in Deutschland leben und in der Schweiz tätig sind, sind in der Regel bestrebt, die Grenzgängerregelung zu vermeiden und eine Besteuerung nur im Tätigkeitsort Schweiz zu erreichen. Dies liegt am meist niedrigeren Steuerniveau in der Schweiz. 

Zum Grenzgängerbegriff im DBA Schweiz hat der Bundesfinanzhof (BFH) klärende Urteile veröffentlicht (BFH I R 32/19 vom 1.6.2022 und I R 24/21 vom 28.6.2022). Nach dem Urteil I R 24/21 ist die Anzahl der Grenzübertritte pro Woche oder Monat in die Schweiz unerheblich für die Anwendung. Es ist lediglich notwendig, dass der Steuerpflichtige regelmäßig nach Beendigung seines Dienstes an den Wohnort zurückkehrt. 

Damit gilt die Regelung auch, wenn die Steuerpflichtigen nicht wochentäglich über die Grenze pendeln. Es kommt nur auf die Tage an, an denen die Grenzgänger die Tätigkeit ausüben. Denn der Zweck der Grenzgängerregelung richtet sich darauf, der engen persönlichen Bindung an den Wohnsitzstaat Rechnung zu tragen. 

Der BFH orientiert sich damit ausschließlich an der gesetzlichen Regelung in Art. 15a Abs. 2 DBA Schweiz und verwirft die zwischen den Staaten ergänzend getroffenen Anwendungsregeln. Die sogenannte Konsultationsvereinbarung regelt in ihrem § 7 anderes. Danach liegt eine regelmäßige Rückkehr vor, wenn sich ein Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrags mindestens an einem Tag pro Woche oder mindestens an fünf Tagen pro Monat von seinem Wohnsitz an seinen Arbeitsort hin und zurück begibt. Diese zwischenstaatliche Vereinbarung verstößt nach Auffassung des BFH gegen den Vorrang des Gesetzes.

Des Weiteren stellt der BFH im Urteil I R 32/19 klar, dass im besonderen Fall des DBA Schweiz der Grenzgängerbegriff unabhängig von örtlichen Voraussetzungen oder Grenzzonen definiert ist. Das gilt auch für Personen, die in grenzfernen Metropolen in Deutschland leben und zu einer nur tageweise angelegten nichtselbständigen Tätigkeit in die Schweiz pendeln. Sogenannte geringfügig Beschäftigte laufen damit Gefahr, trotz eines ausschließlich in der Schweiz verdienten Gehalts in Deutschland der Einkommensteuer zu unterliegen.

Um die Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung zur Grenzgängerregelung mit der Schweiz zu vermeiden, müssten die Steuerpflichtigen insbesondere darauf achten, ausreichend oft nicht nach allen Arbeitstagen sofort wieder aus der Schweiz zurück nach Deutschland zu reisen. Stattdessen sollten Grenzgänger versuchen, vereinzelt eine Übernachtung in der Schweiz einzubauen, um Steuern zu sparen.

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Autoren dieses Artikels

Friedrich Wamsler

Partner

Steuerberater

Matthias Chuchra, LL.M. (com.)

Partner

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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