Ruhenlassen des Vorstandsmandats: Initiative „stayonboard“ strebt Gesetzesänderung an

Nach heutiger Rechtslage zwingt eine längere Abwesenheit (z. B. Mutterschutz, Elternzeit, längerfristige Krankheit, Pflege von Angehörigen) Vorstandsmitglieder faktisch zu einer Mandatsniederlegung. Auch wenn die übrigen Vorstandsmitglieder einem "Pausieren" zustimmen, bestehen die Organpflichten auch bei Abwesenheit fort – es drohen erhebliche Haftungsrisiken. Diese ergeben sich in erster Linie daraus, dass Überwachungsaufgaben beispielsweise bei der Erstellung des Jahresabschlusses nicht ordnungsgemäß wahrgenommen werden können. Die Initiative "stayonboard" will Vorständen und "vergleichbaren Leitungsorganen" das Ruhenlassen ihres Mandats ermöglichen bzw. unter Gewährung von Rechtssicherheit vereinfachen.

Von der Initiative "stayonboard" wird aktuell eine Gesetzesänderung angestrebt, die Vorstandsmitgliedern und vergleichbaren Leitungsorganen anderer Rechtsformen die Möglichkeit einräumt, ihr Mandat und sämtliche damit einhergehenden Rechte und Pflichten aus dem Gesetz und jeweiligem Dienstvertrag für einen zeitlich begrenzten Zeitraum von bis zu sechs Monaten ruhen zu lassen und dies auch entsprechend im Handelsregister einzutragen. Dabei soll der Aufsichtsrat nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen entscheiden, ob für die Dauer des Ruhens (i) ein weiteres Vorstandsmitglied bestellt wird, (ii) die übrigen Vorstandsmitglieder vorübergehend die Aufgaben des Vorstandsmitglieds, dessen Mandat ruht, übernehmen oder (iii) ein Aufsichtsratsmitglied als Stellvertreter des Vorstandsmitglieds, dessen Mandat ruht, bestellt wird.  

Folgende sind die Kernelemente des Regelungsvorschlags: 

  • Recht auf Ruhenlassen des Mandats: Durch eine Änderung von § 84 AktG sollen Vorstandsmitglieder ein subjektives Recht erhalten, ihr Mandat in bestimmten Fällen vorübergehend ruhen zu lassen. 
  • Gesetzliche festgelegte Gründe: Das Recht auf Ruhenlassen des Mandats soll nur in gesetzlich katalogmäßig festgelegten Fällen bestehen (z. B. längere Krankheit oder Umstände, die Arbeitnehmer*innen zu Mutterschutz, Elternzeit oder Pflegezeit berechtigen würden). 
  • Höchstdauer: Das Ruhen soll eine gesetzlich festgelegte Höchstdauer (z. B. bis zu sechs Monate) nicht überschreiten dürfen und danach soll das Mandat automatisch wiederaufleben. 
  • Ankündigungsfrist: Die Vorstandsmitglieder sollen das Ruhenlassen vorab innerhalb einer angemessenen Frist ankündigen müssen. 
  • Berücksichtigung von berechtigten Unternehmensinteressen: Durch Ausnahmetatbestände soll sichergestellt werden, dass das Ruhen nicht zur Unzeit verlangt werden darf oder wenn gewichtige Gründe des Unternehmenswohls dagegensprechen (z. B. bei Gesellschaften mit nur einem Vorstand, ohne dass Ersatz bereitsteht oder in Krisenzeiten). 
  • Registerpublizität: Die berechtigten Interessen der Öffentlichkeit sollen dadurch berücksichtigt werden, dass der Umstand (nicht aber der Grund) und Zeitraum des Ruhens im Handelsregister einzutragen sind. 
  • Abberufungssperre: Die Abberufung eines Vorstandsmitglieds, dass einen Ruhezustand angekündigt hat oder sich im Ruhezustand befindet, soll ausgeschlossen sein, sofern kein verhaltensbedingter Grund für eine Abberufung aus wichtigem Grund besteht. 

Auch wenn aktuell noch kein konkreter Gesetzesentwurf vorliegt, könnte die Änderung in naher Zukunft umgesetzt werden, da der Vorschlag bereits von der Politik aufgegriffen und der entsprechende politische Gestaltungswille bekundet wurde. Unternehmen kann empfohlen werden diese Entwicklung und etwaige sich künftig ergebende Ansprüche (Rechte aus § 84 AktG) zu berücksichtigen und sich darauf vorzubereiten, z. B. durch die rechtzeitige Einbindung qualifizierter Vertreter bzw. deren Kontaktierung und vorherige Ansprache. 

Vielen Dank an die Co-Autorin Carolina Miedeck. 

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Autor dieses Artikels

Andreas Metzner, LL.M.

Director

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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