Bundesarbeitsgericht entscheidet zur Frage der Kostentragung bei internen Ermittlungen

  • 04.05.2021
  • Lesezeit 3 Minuten

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 29. April 2021 (Az: 8 AZR 276/20) entschieden, dass ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die notwendigen Kosten einer internen Untersuchung ersetzt verlangen kann. Was bedeutet dies für die Unternehmenspraxis?

In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich entschiedenen Sachverhalt erhielt ein Unternehmen mehrere anonyme Verdachtsmeldungen wegen eventueller Compliance-Verstöße eines leitenden Mitarbeiters. Das Unternehmen entschloss sich dazu, eine interne Ermittlung durch eine auf Compliance-Ermittlungen spezialisierten Anwaltskanzlei durchführen zu lassen. Die interne Ermittlung ergab, dass der leitende Angestellte gegen unter anderem das Verbot von Schmiergeldzahlungen verstoßen und Spesenbetrug begangen hatte. Das Unternehmen kündigte dem leitenden Mitarbeiter daraufhin fristlos und wollte zudem die Kosten der internen Ermittlung ersetzt haben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hatte in der Vorinstanz (Urteil vom 21. April 2020, Az.: 19 Sa 46/19) entschieden, dass das Unternehmen (jedenfalls) die Kosten ersetzt verlangen kann, die durch die Tätigkeit der Anwaltskanzlei bis zum Ausspruch der Kündigung entstanden seien. Die Kosten für weitergehende Ermittlungen, die darauf gerichtet sind, Schadensersatzansprüche vorzubereiten, und die sich nicht auf einen konkreten Tatverdacht stützen, sind nicht erstattungsfähig. Dem stehe § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG entgegen.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Rechtsansicht des LAG Baden-Württemberg: Ein Arbeitgeber kann von einem Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Sofern ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers vorliegt, gehören auch die zur Abwendung drohender Nachteile notwendigen Aufwendungen des Geschädigten zu dem nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden. Die Grenze der Ersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde.

Genau diese Erforderlichkeitsbetrachtung war in dem vorliegenden Sachverhalt allerdings der Knackpunkt: Laut BAG hat das Unternehmen nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welches konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei ausgeführt wurden.

Dieses Urteil könnte wegweisend für die zukünftige Gestaltung und Durchführung interner Untersuchungen sowie für den Umgang mit Hinweisen in Whistleblowing Systemen werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber interne Untersuchungen gesetzlich regeln möchte, sollten Unternehmen diese Entscheidung kennen. Und erneut zeigt sich, dass interne Hinweisgebersysteme eine gute Erkenntnisquelle über Compliance-Verstöße darstellen können.

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