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Lieferkettenfiktion: Umsatzsteuerrisiken bei Drittlandsbezug
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Umsatzsteuerliche Fehlbewertungen bei Händlern mit Drittlandsbezug führen häufig zu Kontosperrungen und Rückforderungen – die Lieferkettenfiktion birgt erhebliche Risiken für den Onlinehandel.
Immer häufiger sperren Online-Marktplatzbetreiber wie Amazon die Konten oder Guthaben von Händlern, selbst wenn diese als Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, UG) mit Sitz in Deutschland erfasst sind. Betroffen sind insbesondere Onlinehändler mit operativer Tätigkeit in einem Drittstaat – etwa durch Geschäftsführung, Lagerhaltung oder Infrastruktur außerhalb der EU. Marktplatzbetreiber verweisen dann auf unzureichend erfüllte steuerliche Verpflichtungen gemäß der europäischen Umsatzsteuergesetzgebung – oftmals ohne konkrete Begründung. Dies sorgt für erhebliche Unsicherheit, da viele betroffene Händler glauben, alle steuerlich erforderlichen Nachweise bereits erbracht zu haben.
Oft liegt die Ursache in den steuerlichen Pflichten, die sich aus der sogenannten Lieferkettenfiktion ergeben.
Die Lieferkettenfiktion ist eine seit dem 1. Juli 2021 geltende umsatzsteuerliche Sonderregelung in der EU. Sie betrifft insbesondere Verkäufe über Online-Marktplätze durch Händler, die außerhalb der EU ansässig sind und Waren an Privatkunden innerhalb der EU verkaufen. In diesen Fällen wird fingiert, dass der Marktplatzbetreiber die Waren selbst vom Händler erwirbt und an den Privatkunden verkauft. Der Marktplatz wird dadurch zum Umsatzsteuerschuldner für den Verkauf an den Privatkunden, während der Händler lediglich einen umsatzsteuerfreien fiktiven Verkauf an den Marktplatz tätigt.
Die Lieferkettenfiktion ist nicht mit der Umsatzsteuerhaftung von Marktplatzbetreibern zu verwechseln. Bei der Haftung geht es darum, dass der Händler eigentlich die Steuer schuldet, der Marktplatz hierfür aber im Nachgang haftet, wenn der Händler seiner Pflicht nicht nachkommt. Bei der Lieferkettenfiktion hingegen schuldet der Händler die Steuer gar nicht, sie wird direkt dem Marktplatzbetreiber zugewiesen. Es handelt sich bei der Lieferkettenfiktion also nicht um eine Haftungsregelung, sondern um die gesetzliche Bestimmung von umsatzsteuerlichen Lieferungen an bzw. durch den Marktplatzbetreiber.
Ob die Lieferkettenfiktion anzuwenden ist, hängt maßgeblich von der umsatzsteuerlichen Ansässigkeit des Händlers ab. Diese bestimmt sich nicht allein nach dem satzungsmäßigen Sitz, sondern nach dem Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit. Entscheidend ist, wo die zentrale Unternehmensleitung tatsächlich ausgeübt wird. Bewertet werden dabei:
Lässt sich der Ort der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht eindeutig bestimmen, ist der Ort der Entscheidungsfindung maßgeblich. Eine bloße Postanschrift, ein Briefkasten oder die bloße Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer begründen keine Ansässigkeit in der EU.
Auch eine feste Niederlassung kann zur umsatzsteuerlichen Ansässigkeit führen, wenn diese dauerhaft über Personal und Betriebsmittel verfügt, um Leistungen zu erbringen oder zu empfangen.
Die Lieferkettenfiktion gilt auch für Unternehmen, die zwar formal aufgrund des Sitzes in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig sind, aber umsatzsteuerlich als außerhalb der EU ansässig gelten. Dies betrifft insbesondere Briefkastengesellschaften ohne Personal oder operative Infrastruktur in der EU, die lediglich das Fulfillment-Netzwerk eines Marktplatzes nutzen.
Im Rahmen der Kontoeröffnung bei einem Marktplatz wie z. B. Amazon – etwa durch eine GmbH mit rein formellem Sitz in Deutschland – kann es dadurch schnell zu Fehleinstufungen kommen. Ohne genaue Prüfung stufen Marktplätze die Gesellschaft oftmals als in der EU ansässig ein und wenden die Lieferkettenfiktion nicht an. Erfolgt später eine Überprüfung, stellt sich häufig heraus, dass die Voraussetzungen der EU-Ansässigkeit nicht erfüllt sind und der Marktplatz die Umsatzsteuer hätte abführen müssen. In solchen Fällen wird das Händlerguthaben eingefroren, bis der Händler die Steuer rückwirkend an Amazon zurückerstattet. Wenn der Händler die Steuer bereits selbst abgeführt hat, bleibt zur Vermeidung einer Kostenbelastung des Händlers oft nur der langwierige Weg, eine Erstattung der zu Unrecht abgeführten Steuerbeträge bei den Behörden in Deutschland und anderen EU-Ländern zu beantragen.
Umgekehrt kann es zu Problemen kommen, wenn der Händler tatsächlich in der EU ansässig ist, aber irrtümlich als Drittlandsunternehmer behandelt wird. In diesem Fall wird die Umsatzsteuer nicht vom Händler abgeführt, obwohl er dazu verpflichtet wäre. Wird der Sachverhalt später aufgedeckt, drohen erhebliche Steuer- und Zinsnachzahlungen sowie strafrechtliche Risiken.
Händler mit Drittlandsbezug sollten vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit sorgfältig prüfen, ob sie aus umsatzsteuerlicher Sicht als in der EU ansässig gelten. Hierbei sind insbesondere der Ort der Geschäftsleitung und der Entscheidungsfindung sowie die operative Infrastruktur (Personal, Büro, Ausstattung) heranzuziehen.
In der Praxis fordern Marktplatzbetreiber wie Amazon zur Verifizierung der Ansässigkeit häufig:
Diese Nachweise sollten bei bestehender Ansässigkeit in der EU jederzeit bereitgehalten werden, um Verzögerungen und Missverständnisse zu vermeiden.
Hilfreich kann auch eine Bescheinigung nach USt 1 TS sein (vgl. BMF-Schreiben vom 5.11.2019, BStBl. I S. 1041). Sie wird vom zuständigen Finanzamt ausgestellt und bestätigt, dass der Händler in Deutschland im Sinne des § 13b UStG ansässig ist. Zwar ist sie nicht speziell für die Lieferkettenfiktion vorgesehen, kann aber in der Praxis als zusätzlicher Nachweis zur steuerlichen Ansässigkeit gegenüber Marktplatzbetreibern dienen.
Darüber hinaus sollten Händler sicherstellen, dass alle relevanten Informationen korrekt im Händlerkonto hinterlegt sind. In der Praxis kommt es immer wieder zu automatisierten Sperrungen, oft ausgelöst durch minimale Abweichungen in der Schreibweise von Unternehmensdaten (z. B. „GmbH“ vs. „GmbH & Co. KG“) im Vergleich zu den Daten beim Bundeszentralamt für Steuern. Dies betrifft EU- wie Drittlandsunternehmen gleichermaßen.
Die korrekte umsatzsteuerliche Einstufung ist bei grenzüberschreitendem Onlinehandel essenziell. Fehler bei der Ansässigkeitsbewertung in Verbindung mit Marktplatzverkäufen können zu erheblichen steuerlichen und finanziellen Risiken führen – für Händler wie auch für Marktplatzbetreiber.
Sie benötigen Unterstützung? Wir beraten Sie gern zu umsatzsteuerlichen Fragen rund um Marktplätze, Ansässigkeit und Lieferkettenfiktion – praxisnah, rechtssicher und effizient. Sprechen Sie uns an.
Matthias Winkler
Partner
Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht
Tim König
Director
Steuerberater
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