OLG Düsseldorf: Unbillige Behinderung bei ungenügender Akteneinsicht im Rahmen von Strom- und Gaskonzessionsverfahren

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 04.11.2020 -27 U 3/20- den Abschluss eines Konzessionsvertrages aufgrund einer ungenügenden Gewährung der Akteneinsicht untersagt. Hierin erblickte das Gericht eine unbillige Behinderung im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Im Rahmen der vorgenannten Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht weitreichend zu den rechtlichen Anforderungen an die Gewährung der Akteneinsicht nach § 47 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geäußert.

Hintergrund der vorgenannten Entscheidung ist, dass die Kommune zur Vorbereitung einer gegen die Auswahlentscheidung gerichteten Rüge jedem beteiligten Unternehmen auf Antrag Einsicht in die Akten zu gewähren hat. 

Dieses Akteneinsichtsrecht gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf werde es bereits durch seinen Zweck begrenzt, Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung rügen zu können. Diesem Sinn und Zweck entsprechend bestehe es nur in Bezug auf Aktenbestandteile des Vergabevorgangs, die für die Auswahlentscheidung relevant sind. 

Mit Blick auf die Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs lasse sich insoweit erwägen, ein Akteneinsichtsrecht auf die Einsichtnahme in den Auswertungsvermerk der Kommune zu beschränken, sofern dies für die Rechtswahrung ausreichend ist.

Die Vorschrift des § 47 Abs. 3 Satz 3 EnWG verlange eine Abwägungsentscheidung zwischen dem Interesse des unterlegenen Bewerbers an der Akteneinsicht und dem Interesse des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens an der Wahrung seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. 

Zu der von der Kommune zu treffenden Abwägungsentscheidung gehöre neben der Bestimmung der abzuwägenden Belange und auch die Ermittlung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. 

Dabei sei die Kommune an die Mitteilung des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens, welche seiner Angebotsinhalte als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse anzusehen sind, nicht gebunden. 

Mein Praxistipp

Die Identifizierung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse kann sich für die Kommunen oftmals schwierig gestalten. Es bietet sich an, Schwärzungsvorschläge nebst Begründungen von den Bewerbern einfordern, wenngleich es den Kommunen nicht erspart bleibt, diese rechtlich zu überprüfen und einer begründeten und dokumentierten Abwägungsentscheidung zuzuführen.

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Autor dieses Artikels

Nicolas Plinke

Senior Manager

Rechtsanwalt

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