Plastiksteuer in Deutschland: Einwegkunststofffondsgesetz führt zu neuen Pflichten für Hersteller

  • 19.10.2023
  • Lesezeit 4 Minuten

Mitgliedsstaaten zahlen bereits seit 1. Januar 2021 80 Cent pro Kilogramm nicht rezyklierten Kunststoffabfall an die Europäische Union (EU). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Plastiksteuer, sondern eine Abgabe auf Plastikabfälle. Dieser Unterschied hat ab dem Jahr 2024 eine gravierende abgabenrechtliche Folge für Hersteller.

Da die Abgabe keine Steuer darstellt, muss sie nicht an die Privatwirtschaft weitergegeben werden. Ob und in welcher Höhe die Privatwirtschaft belastet wird, steht jedem Mitgliedstaat frei. Die Refinanzierung dieser Abgaben gestaltet sich in den einzelnen Staaten unterschiedlich. So hat Spanien beispielsweise zum 1. Januar 2023 eine Sondersteuer in Höhe von 45 Cent pro Kilogramm auf nicht recycelte Einwegverpackungen aus Kunststoff erlassen. 

Andere Länder, darunter auch Deutschland, finanzieren die Abgabe vollständig aus ihrem Haushalt. Das wird sich ab dem Jahr 2024 stufenweise ändern. Dann werden diese Abgaben nämlich für Hersteller verpflichtend, infolge des im Mai 2023 in Kraft getretenen Einwegkunststofffondsgesetzes.

Laut einer Studie des Umweltbundesamtes entstehen der öffentlichen Hand jährlich 434 Millionen Euro Kosten im Zusammenhang mit Einwegkunststoffprodukten, zum Beispiel durch die Reinigung des öffentlichen Bereiches. Solche Kosten sollen zukünftig von Produzenten, Befüllern, Verkäufern oder Importeuren, die Einwegkunststoffprodukte erstmals auf dem deutschen Markt bereitstellen oder verkaufen (im Folgenden zusammen Hersteller) getragen werden. Dies sieht das Gesetz über den Einwegkunststofffonds vor. 

Was sind die Ziele der Einwegkunststoffrichtlinie und des Einwegkunststofffondsgesetzes? 

Dabei verfolgt das Gesetz unterschiedliche Zielsetzungen: Einwegkunststoffprodukte, die zu erheblichen Umweltverschmutzungen führen und ressourcenineffizient genutzt werden, sollen nachhaltiger verwendet werden. Darüber hinaus soll die Umweltvermüllung verringert sowie die Sauberkeit des öffentlichen Raums gefördert werden. Zudem werden durch das Gesetz die Artikel 8 Abs. 1 bis 7 und Artikel 14 der Richtlinie (EU) 2019/904 umgesetzt.  

Diese Einwegkunststoffrichtlinie hat ebenso zum Ziel, die Auswirkungen von Kunststoffprodukten auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu vermeiden und zu vermindern, sowie den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen, Artikeln und Werkstoffen zu fördern. Dafür gibt die Richtlinie verschiedene Maßnahmen vor, zum Beispiel Verbrauchsminderung von Einwegkunststoffartikeln, aber auch eine erweiterte Herstellerverantwortung (Artikel 8 Einwegkunststoffrichtlinie). Diese Maßnahmen müssen von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. 

Wie wird das Einwegkunststofffondsgesetz umgesetzt?

Das Einwegkunststofffondsgesetz sieht die Einrichtung und Verwaltung eines entsprechenden Fonds vor. Die verpflichteten Hersteller sollen in diesen eine Einwegkunststoffabgabe als Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion einzahlen. Wobei auch Importeure als Hersteller i.S.d. Gesetzes anzusehen sind. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach Art und Masse der Einwegkunststoffprodukte, die durch den jeweiligen Hersteller erstmals auf dem deutschen Markt bereitgestellt oder verkauft werden, multipliziert mit einem Abgabensatz.

Mit den Mitteln sollen so unter anderem Sammlungs-, Reinigungs- und Sensibilisierungskosten, die im Zusammenhang mit Einwegkunststoffprodukten entstehen, finanziert werden. Dafür ist vorgesehen, dass Gelder aus dem Fonds entsprechend eines Punktesystems, zum Beispiel an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ausgezahlt werden.

Sowohl Verpflichtete als auch Anspruchsberechtigte müssen sich registrieren und jährliche Meldungen abgeben. Dabei müssen Hersteller die Art und Masse der Einwegkunststoffprodukte angeben, die sie erstmals auf dem Markt bereitstellen oder verkaufen. Nicht registrierte Hersteller dürfen die Produkte nicht auf dem Markt bereitstellen und verkaufen und ihre Produkte auch nicht anderweitig gewerbsmäßig verkaufen. Geben Hersteller keine Meldung ab, wird die Masse der erstmalig auf dem Markt durch sie bereitgestellten und verkauften Einwegkunststoffprodukte für die Abgabenfestsetzung geschätzt. Von dem Gesetz erfasste Einwegkunststoffe sind: 

  • Lebensmittelbehälter (für Lebensmittel zum direkten Verzehr aus den Behältnissen vorgesehen) 
  • Tüten und Folienverpackungen 
  • Getränkebehälter und bepfandete Getränkeflaschen 
  • Getränkebecher 
  • Leichte Kunststofftragetaschen 
  • Feuchttücher  
  • Luftballons 
  • Tabakprodukte mit Filtern und Filter für Tabakprodukte 

Ab dem 1. Januar 2026 gilt dies auch für Hersteller von Feuerwerkskörpern.

Das Gesetz tritt stufenweise in Kraft: Ab dem 1. Januar 2024 sind Hersteller und Anspruchsberechtigte unter anderem verpflichtet sich zu registrieren. Das Verbot gelistete Einwegkunststoffprodukte durch nicht registrierte Hersteller oder andere Unternehmen zu verkaufen oder bereitzustellen tritt zudem in Kraft. Verpflichtete trifft ebenso die Abgabepflicht ab diesem Jahr, allerdings wird die Höhe der Abgabe erst 2025 festgesetzt und ist dann für das vorangegangene Jahr zu zahlen. Entsprechend müssen Unternehmen ab 2025 ihrer Meldepflicht nachkommen. Im gleichen Jahr werden die ersten Auszahlungen an Berechtigte getätigt.

Herausforderungen für den internationalen Markt

Auch außerhalb der EU müssen Unternehmen Abgaben für Plastikprodukte zahlen. Im Vereinigten Königreich gilt beispielsweise bereits seit dem 1. April 2022 eine Plastiksteuer (Plastic Packaging Tax), die neben Herstellern auch für Importeure von mehr als zehn Tonnen Kunststoffverpackungselementen zum Tragen kommt. International tätige Unternehmen aus den Branchen haben so innerhalb Europas unterschiedliche Regularien zu beachten, die sie fortlaufend monitoren sollten. 

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Sven Pohl

Director

Rechtsanwalt

Mareike Höcker

Manager

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