Mindestvorschriften zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt: EU-Richtlinie bringt weitere Arbeitgeber-Pflichten

  • 15.07.2022
  • Lesezeit 3 Minuten

Kaum sind am 23. Juni 2022 Neuerungen zum Nachweisgesetz beschlossen und damit allen Arbeitgebern zusätzliche Pflichten aufgrund von EU-Vorgaben aufgebürdet worden, bahnt sich die nächste Neuerung an – diesmal geht es um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und Chancengleichheit am Arbeitsmarkt.

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Was verbirgt sich dahinter?

Nach der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige vom 20. Juni 2019 (ABl. L 188 vom 12.07.2019, S. 79) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Mindestvorschriften umzusetzen, um die Gleichstellung von Männern und Frauen hinsichtlich ihrer Chancen am Arbeitsmarkt und ihrer Behandlung am Arbeitsplatz zu erreichen. Die Umsetzung in nationales Recht hat bis zum 2. August 2022 zu erfolgen – es wird für den Gesetzgeber also höchste Zeit.

Die Richtlinie legt individuelle Rechte fest, die zu einer Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben führen. Der größte Teil dieser Richtlinie bedarf keiner weiteren gesetzlichen Umsetzung, weil er dem bereits geltenden deutschen Recht entspricht (z. B. im Elternzeit- und Elterngeldgesetz).

Dennoch sind einige Anpassungen erforderlich, die im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1158 enthalten sind. Der Entwurf hat bereits die Zustimmung des Bundeskabinetts bekommen; jetzt geht er ins Gesetzgebungsverfahren. Wann das Gesetz vom Bundestag beschlossen wird, ist noch offen; es ist zu vermuten, dass dies aufgrund des Fristablaufs für die Umsetzung noch vor der parlamentarischen Sommerpause der Fall sein wird.

Folgende Änderungen sieht der Entwurf vor:

  1. Arbeitgeber, die dem Wunsch eines Elternteils, die Arbeitszeit in der Elternzeit zu verringern oder zu verteilen, nicht entsprechen, werden verpflichtet, ihre Entscheidung zu begründen. Hierdurch sollen die Gründe, die zur Ablehnung des Antrags geführt haben, für die betroffenen Eltern transparent werden.
  2. Arbeitgeber in Kleinbetrieben werden verpflichtet, Beschäftigten, die den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz beantragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zugang des Antrags zu antworten. Im Falle einer Ablehnung ist diese zu begründen.
  3. Für Beschäftigte in Kleinbetrieben, die mit ihrem Arbeitgeber eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegezeitgesetz vereinbaren, wird geregelt, dass sie die Freistellung vorzeitig beenden können, wenn die oder der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig ist oder die häusliche Pflege des Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist. Für die Dauer der vereinbarten Freistellung wird ein Kündigungsschutz eingeführt.

Die beabsichtigten Änderungen und Verschärfungen des § 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, der §§ 3 und 4 des Pflegezeitgesetzes sowie der §§ 2a und 3 des Familienpflegezeitgesetzes führen insbesondere für Kleinbetriebe mit in der Regel weniger als 15 Beschäftigten zu nicht unerheblichem bürokratischem Mehraufwand. 

Arbeitgeber sind gut beraten, diese weiteren Änderungen im Arbeitsrecht im Blick zu behalten – trotz der Urlaubszeit.

Wir halten Sie über den Gang des Gesetzgebungsverfahrens und den endgültigen Inhalt des neuen Gesetzes auf dem Laufenden.

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Autor dieses Artikels

Gabriele Heise

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

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