Freihandelsabkommen: bei Rabatten ist Ursprungskalkulation entscheidend

  • 23.05.2023
  • Lesezeit 4 Minuten

Berücksichtigung von Rabatten, Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 11. Januar 2023 – 4 K 1970/21 Z

Die EU hat mit vielen Staaten Freihandelsabkommen abgeschlossen, die es erlauben, Waren zollbegünstigt oder sogar zollfrei einzuführen. Voraussetzung ist, dass es sich um Ursprungsware des Vertragspartnerstaates handelt. Wann eine Ursprungsware vorliegt, ergibt sich aus den jeweiligen Freihandelsabkommen. Diese enthalten Verarbeitungslisten, welche die Voraussetzungen näher definieren. Sehr häufig ist die Voraussetzung, dass durch die Verarbeitung eine angemessene, prozentual bestimmte, Wertsteigerung erfolgt ist. Beispielsweise dürfen im Warenverkehr mit der Schweiz die Vormaterialien ohne EU-Ursprung bei der Herstellung eines PKWs 40 % des Ab-Werk-Preises nicht überschreiten. Das heißt, wird das Fahrzeug für 40.000 € verkauft, dürfte der Wertanteil der Vormaterialen ohne EU-Ursprung maximal 16.000 € betragen. 

In der oben genannten Entscheidung war streitig, wie sich der Ab-Werk-Preis berechnet, wenn das Unternehmen auf die Kaufpreiszahlungen Rabatte gewährt.

Was war geschehen? 

Die Klägerin beantragte beim Zoll für die Ausfuhren ihrer Waren nach Ägypten wiederholt Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1. 

Für die Ursprungskalkulation zur Begründung des Antrages stellte die Klägerin auf den „normalen“ Verkaufspreis ab. Mit dem Kunden waren jedoch Rabatte bei Abnahme einer Mindestmenge vereinbart. Diese Rabatte wurden tatsächlich stets und nicht erst rückwirkend nach Erreichen der Mindestabnahmemenge gewährt. Das heißt, bei jeder Ausfuhr wurde der zu zahlende Kaufpreis um den „zukünftigen“ vereinbarten Rabattbetrag gemindert.

Der rabattierte Kaufpreis führte dazu, dass in vielen Fällen die Voraussetzungen für das Erreichen des EU-Ursprungs nicht vorlagen (fehlende Wertsteigerung bzw. zu großer Anteil an Vormaterial ohne Ursprung). In der von der Klägerin zugrunde gelegten Kalkulation mit dem nicht rabattierten Preis wurden die Voraussetzungen für den EU-Ursprungserwerb erreicht. 

Streitig war, ob die Rabatte bei der Bestimmung des Ab-Werk-Preises zu berücksichtigen waren.  Dieses auch im Lichte der Erläuterung der Kommission zu den Ursprungsprotokollen Paneuropa-Mittelmeer (Abl. EU 2007 Nr. 83 C), welche nachträglich gewährte Rabatte bei der Berechnung ausnimmt. 

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass die hier bei Rechnungsstellung berücksichtigten Rabatte in die Kalkulation einfließen. Es begründet seine Entscheidung damit, dass es sich bei den gewährten Rabatten nicht um nachträgliche Rabatte handelt. Vielmehr sind diese Rabatte bereits zum Zeitpunkt des Kaufgeschäftes definiert und in den konkreten Warenrechnungen ausgewiesen. Dieses würde durch den Umstand unterstrichen, dass der Kunde nur die rabattierten Preise gezahlt habe. Der rabattierte Preis sei daher der tatsächlich zu zahlende Kaufpreis gewesen. 

Was bedeutet das für Ihre Praxis?

Soweit Sie Ursprungserklärung abgeben, sind Rabatte bei der Ursprungskalkulation kritisch zu prüfen. Bitte beachten Sie, dass auch (Langzeit-)Lieferantenerklärungen als Ursprungsnachweise betroffen sind. 

Die in Ihrem ERP-System hinterlegte Ursprünge können nicht stets als richtig eingestuft werden, sollte Ihr Vertrieb Rabatte gewähren. Mit der Rabattgewährung ist der hinterlegte Ursprung zu überprüfen und ggf. zu berichtigen. 
Rabatte können dazu führen, dass trotz reduzierten Kaufpreis für den Kunden das Produkt faktisch teurer wird. Denn mit Entfall des EU-Ursprungs ist i.d.R. auch die zollbegünstigte Einfuhr im Empfangsland nicht weiter möglich. Somit können die nunmehr anfallenden Zollabgaben den Rabatt ad absurdum führen. 

Soweit Sie dem Kunden einen EU-Ursprung vertraglich zugesichert haben, kann der Rabatt Schadensersatzansprüche des Kunden begründen, wenn Sie hierdurch den zugesicherten EU-Ursprung nicht erreichen.

Unzutreffend ausgestellte Warenverkehrsbescheinigungen werden, wie im Ausgangsrechtsstreit, durch den Zoll widerrufen. Hierzu besteht eine Mitwirkungspflicht gegenüber dem Zoll.  

Wir empfehlen, den Vertrieb diesbezüglich zu sensibilisieren und klare Prozesse im Unternehmen zu schaffen, um das Beantragen oder Erstellen unzutreffender Warenverkehrsbescheinigungen zu vermeiden. Die Kommunikation zwischen Vertrieb und Zollabteilung/Beantragung der Warenverkehrsbescheinigungen muss geregelt sein. Der Vertrieb sollte Rabatte und Zusagen zu einer spezifischen Ursprungseigenschaft nur nach vorheriger Abstimmung mit der Zollabteilung vornehmen.

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Sven Pohl

Director

Rechtsanwalt

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