Kostenfalle Kapitalerhöhung? Aktuelle BGH-Entscheidung gibt Anlass zu frühzeitiger Satzungsgestaltung

  • 22.11.2023
  • Lesezeit 4 Minuten

Durch Beschluss vom 12. September 2023 – II ZB 6/23 (BeckRS 2023, 29212) hat der II. Zivilsenat des BGH eine lange streitige Kostenfrage entschieden: Demnach kann zur Ermittlung der (gesetzlich festgelegten) Notargebühr eines Kapitalerhöhungsbeschlusses auch ein in engem Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung vereinbartes Aufgeld (Agio) berücksichtigt werden.

Der Geschäftswert des Kapitalerhöhungsbeschlusses kann damit gegenüber einem Abstellen auf den Nominalbetrag der Kapitalerhöhung um ein Vielfaches erhöht und die Kosten für die betroffene Gesellschaft erheblich gesteigert werden. Dennoch: Durch vorausschauende Gestaltung der Satzung kann dies weitgehend vermieden werden. Daher lohnt es sich rechtzeitig, und zwar, wenn eine Kapitalerhöhung noch nicht konkret geplant, aber als mögliches Szenario vorausgesehen wird, entsprechende Regelungen in die Satzung der Gesellschaft aufzunehmen.

Nachdem lange Zeit umstritten war, welcher Wert als Geschäftswert einer Kapitalerhöhung heranzuziehen ist, hat der BGH nunmehr (aus Sicht von Unternehmen unerfreuliche) Klarheit geschaffen: Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH ist nicht lediglich auf den Nominalbetrag der Kapitalerhöhung abzustellen. Stattdessen kann auch das den Ausgabepreis übersteigende Aufgeld (Agio) für die Ermittlung der Notargebühren werterhöhend zu berücksichtigen sein. Dies gilt selbst dann, wenn die Regelung darüber in einer gesonderten Vereinbarung der Gesellschafter getroffen wurde. Denn der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung, auf den es bei der Bestimmung des Geschäftswerts ankommt, ist wesentlich durch den Wert des Gesellschaftsanteils bestimmt, den der Übernehmer mit der Eintragung im Handelsregister erwirbt. Einen zumindest wesentlichen Anhaltspunkt hierfür stellen schuldrechtliche Vereinbarungen der Gesellschafter darüber dar.

In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall hatten die Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals um nominal 16.270 Euro beschlossen. Im zuvor beurkundeten Investment Agreement war für die neu ausgegebenen Geschäftsanteile eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in Höhe von knapp sieben Millionen Euro vereinbart worden. Der beurkundende Notar hatte als Geschäftswert daher den Höchstwert des § 108 Abs. 5 GNotKG in Höhe von fünf Millionen Euro angesetzt. Die Gegenansicht hätte hierbei nach § 108 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 105 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GNotKG einen Gebührenwert in Höhe von 30.000 Euro angenommen. Bei der Beurkundung einer Kapitalerhöhung wird eine 2,0 Gebühr erhoben (KV 21100 GNotKG). Statt den bei Ansetzen des Nominalbetrages zu erwartenden Notargebühren in Höhe von 250 Euro (ggf. zzgl. USt.) schlägt der Kapitalerhöhungsbeschluss bei einer Zugrundelegung des wirtschaftlichen Wertes im Einklang mit dem BGH daher mit einer Summe von 16.270 Euro (ggf. zzgl. USt.) zu Buche.

Durchführung von Finanzierungsrunden kann nun zu weitaus höheren Kosten führen – vorausschauende Planung kann Abhilfe schaffen

Der Gebührenwert von Gesellschafterbeschlüssen wird sich nunmehr in der Zukunft ausschließlich an dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Kapitalerhöhung messen lassen müssen und sich damit an Vereinbarungen über ein schuldrechtliches Aufgeld orientieren. Dies wird erwartbar zu einer erhöhten Kostenbelastung führen. Um große Teile des frisch eingenommenen Kapitals jedoch nicht bereits wieder für die Notarkosten verwenden zu müssen, gilt es bereits im Vorfeld an mögliche Finanzierungsrunden zu denken: Erhebliches Potenzial, Notarkosten einzusparen besteht zum Beispiel dann, wenn frühzeitig ein genehmigtes Kapital (§ 55a GmbHG) geschaffen wird. Bereits im Rahmen der Gründung, aber auch noch zu einem späteren Zeitpunkt, kann eine Regelung in die Satzung der Gesellschaft aufgenommen werden, wonach die Geschäftsführung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ermächtigt wird, das Stammkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag zu erhöhen. Das genehmigte Kapital kann bis zu einer Höhe der Hälfte des Stammkapitals zum Zeitpunkt der Ermächtigung geschaffen werden. Eine GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro kann daher ein genehmigtes Kapital in Höhe von bis zu 12.500 Euro vorsehen. Anders als bei der Aktiengesellschaft können die Gesellschafter einer GmbH der Geschäftsführung gerade auch Weisungen bezüglich der Ausnutzung des genehmigten Kapitals erteilen.

Die Kosten einer Kapitalerhöhung aufgrund eines genehmigten Kapitals sind insbesondere bei Start-Ups gegenüber einer „gewöhnlichen“ Kapitalerhöhung häufig reduziert. Im Allgemeinen können insbesondere dann Kosten gespart werden, wenn das genehmigte Kapital bereits mit Gründung geschaffen wird.

Kostenreduzierung möglich – auch wenn kein genehmigtes Kapital in die Satzung aufgenommen wurde

So kann etwa in Betracht gezogen werden, den Degressionseffekt des § 35 GNotKG zu nutzen, indem der Beteiligungsvertrag und der Kapitalerhöhungsbeschluss in einer Urkunde zusammengefasst werden. Schlussendlich gibt die Entscheidung des BGH einmal mehr Anlass, bei der Gestaltung von Satzungsregelungen auch Kostengesichtspunkte zu berücksichtigen.

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Autoren dieses Artikels

Leonie Kröhnke

Senior Manager

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Daniel Laws

Partner

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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