Was ändert sich mit den neuen ESRS-Entwürfen der Europäischen Kommission?

  • 23.06.2023
  • Lesezeit 5 Minuten

Die EU-Kommission hat den Konsultationsentwurf des delegierten Rechtsakts zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht. Bis 7. Juli 2023 ist nun Zeit für Kommentare zum Entwurf. Wir werfen einen Blick auf die wichtigsten Änderungen.

Die Europäische Kommission hat am 9. Juni den Entwurf des delegierten Rechtsakts zu Set 1 der europäischen Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) veröffentlicht. Diese wurden zuvor von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt und am 22. November 2022 zur Würdigung vorgelegt. Grundlage stellt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) dar, die am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde.

Sie bittet die Öffentlichkeit nun bis einschließlich 7. Juli 2023 zur finalen Kommentierung des aktuellen Entwurfs. Diesen können Sie hier einsehen.

Die ESRS unterteilen sich in übergreifende und themenspezifische Standards. Letztere werden differenziert nach den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung) dargestellt. Die nachstehende Übersicht gibt einen Überblick über die einzelnen Standards:

Um die (erstmalige) Anwendung der Standards für die Unternehmen zu erleichtern und eine korrekte Umsetzung zu gewährleisten, hat die Europäische Kommission die folgenden Änderungen an dem Entwurf der EFRAG vorgenommen:

Was bedeutet Vorbehalt der Wesentlichkeitsprüfung?

Bisher wurde von der EFRAG in den ESRS vorgesehen, dass – unabhängig von einer Wesentlichkeitsüberprüfung – ausgewählte Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, Berichtsangaben und Datenpunkten grundsätzlich als wesentlich anzugeben waren. 

Der aktuelle Entwurf sieht hingegen vor, dass Unternehmen und Konzerne künftig Berichtsanforderungen und Datenpunkte der themenspezifischen ESRS nur dann berichten müssen, wenn ihre Wesentlichkeitsüberprüfung ergeben hat, dass es sich um für sie wesentliche Angaben in der Nachhaltigkeitsberichterstattung handelt. Allein die Angaben des übergreifenden ESRS 2 „Allgemeine Angaben“ stellen grundsätzlich erforderliche Offenlegungsanforderungen dar.

Gibt es weitere Erleichterungen und Übergangsvorschriften? 

Um die Berichterstattung für die Unternehmen im Vergleich zu den EFRAG-Entwürfen weiter zu erleichtern, erfolgt die Einführung der Vorgaben schrittweise. So sind Unternehmen im ersten Jahr nicht zu Angaben bezüglich der erwarteten finanziellen Auswirkungen im Zusammenhang mit Verschmutzung (ESRS E2), Wasser und Meeresressourcen (ESRS E3), Biodiversität und Ökosystem (ESRS E4) und der Kreislaufwirtschaft (ESRS E5) verpflichtet. Weitere Erleichterungen für die Erstanwendung ergeben sich in Bezug auf bestimmte Angaben aus ESRS S1 zu den eigenen Arbeitnehmern, wie etwa arbeitsbedingte Erkrankungen und die Work-Life-Balance, die ausgelassen werden können.

Unternehmen und Konzernen mit weniger als 750 Mitarbeitern werden darüber hinaus einige weitere Erleichterungen zugesprochen. Im ersten Jahr der Berichterstattung können sie auf die Angabe zu den Scope 3 und Gesamttreibhausgasemissionen (des ESRS E1) sowie Aussagen zum eigenen Personal (ESRS S1) verzichten. Die Offenlegungsanforderungen zu den Arbeitern in der Lieferkette (ESRS S2), den betroffenen Gemeinden (ESRS S3) und den Kunden bzw. Endverbrauchern (ESRS S4) können in den ersten beiden Jahren entfallen. Gleiches gilt für die Angaben zur Biodiversität und den Ökosystemen (ESRS E4).   

Gibt es weitere freiwillige Angaben?

Die Offenlegung von Übergangsplänen für die Biodiversität (ESRS E4) sowie die Angabe bestimmter Leistungsindikatoren über Nicht-Angestellte innerhalb der Belegschaft (ESRS S1) ist nun eine freiwillige Angabe. Darüber hinaus müssen Unternehmen keine Erklärung darüber abgeben, wieso die berichtende Einheit alle Berichtsanforderungen ein einem ESRS als nicht wesentlich eingestuft hat.

Und was wurde sonst noch angepasst? Erweiterung der Flexibilität

Anpassungen ergeben sich zudem in der vorgeschriebenen Methodik zur Wesentlichkeitsbestimmung sowie den Angaben zu finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken und der Stakeholder-Einbindung. Außerdem hat die EU-Kommission ESRS G1 dahingehend angepasst, dass sich Unternehmen mit Angaben zum Schutz von Hinweisgebern und Korruption und Bestechung betreffend nicht selbst belasten müssen. Letztlich sind länderbezogene Angaben die eigene Belegschaft betreffend nicht mehr ausschließlich an den Grenzwert von 50 Arbeitnehmern gebunden, sondern werden zusätzlich im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft betrachtet (mindestens 10 %). An diesen Stellen räumt die EU-Kommission den Unternehmen mehr Flexibilität im Vergleich zu den November-Entwürfen der EFRAG ein.

Einen guten Überblick über die Änderungen der ESRS-Konsultationsentwürfe gegenüber den ESRS-Entwürfen der EFRAG (vom November 2022) bietet das DRSC in einem Briefing Paper sowie mit den Vergleichsdokumenten der ESRS 1 und ESRS 2

Wie geht es mit der Veröffentlichung der ESRS weiter?

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass mit den aufgenommenen Änderungen die Wesentlichkeitsanalyse als zentrales Element der weiteren Ausrichtung nochmal eine stärkere Bedeutung erfahren hat, was die Anforderungen an die Prüfung und Überprüfbarkeit dieser Analyse ebenfalls betont. 

Im Anschluss an die Prüfung der Rückmeldungen ist die Veröffentlichung der ESRS als delegierter Rechtsakt noch für diesen Sommer zu erwarten. Bleibt er dann vier Monate ohne Einwände durch das Europäische Parlament oder den Rat der Europäischen Union, so wird der delegierte Rechtsakt zum Set 1 im EU- Amtsblatt veröffentlicht. 

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Autoren dieses Artikels

Nils Borcherding

Partner

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Katharina Engels

Director

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