Grundsteuer: Erstes Finanzgericht versagt Anträge auf Aussetzung der Vollziehung

  • 15.09.2023
  • Lesezeit 3 Minuten

In einem Beschluss vom 08.08.2023 (Az. 8 V 300/23) hat das Finanzgericht (FG) Nürnberg Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gegen Grundlagenbescheide für die Bayerische Grundsteuer – ein vom Bundesmodell abweichendes Modell mit Äquivalenzzahlen –  versagt.

Der Tenor des Urteils: Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ist das System der Ermittlung der Grundsteuer auf Grundlage eines reinen Flächenmodells, wie es das Bayerische Grundsteuergesetz vom 10.12.2021 vorsieht, vor dem Hintergrund des erheblichen Bewertungsspielraums des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Ein für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderliches besonderes berechtigtes Aussetzungsinteresse liegt nicht vor. Es ist der erste Beschluss eines Finanzgerichts, das zur neuen Grundsteuer veröffentlicht wurde. 

Eine abschließende Entscheidung in der Sache hat das FG Nürnberg nicht getroffen, weil das AdV-Verfahren ein summarisches ist. Ob es zu einer Entscheidung der nächsten Instanz (Beschwerde wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen) bzw. im Hauptverfahren kommt und ob diese abweichend sein wird, bleibt abzuwarten. Das FG jedenfalls hat hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Maßstäbe auf den dem Gesetzgeber zustehenden weiten Gestaltungsspielraum hingewiesen, welcher auch eine Typisierungskompetenz beinhalte. Interessanterweise hat das Gericht aber auch darauf hingewiesen, dass das Bayrische Grundsteuergesetz (BayGrStG) die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Bodenrichtwerte vermeide (Zitate aus dem Urteil: vgl. dazu Kirchhof, DB 2023, 1116, 1118 f.; a.A. Richter/Wagner, DB 2023, 1254). Wie das FG zu diesen Bedenken steht, hat es wiederum nicht ausgeführt. Welche Auswirkung das Zitat auf weitere Verfahren und die Einsprüche haben kann, vor allem solche nach dem Bundesmodell, bleibt abzuwarten.

Sollte Einspruch gegen die Grundsteuer eingelegt werden?

Das Thema Grundsteuer und die Frage, ob Einspruch eingelegt werden soll (für den Fall, dass noch kein Bescheid erlassen wurde) oder wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann (für den Fall, dass bereits ein Bescheid erteilt und gegen diesen Einspruch eingelegt wurde) bleiben in aller Munde. 
Unabhängig von diesem ersten Beschluss haben Haus & Grund Deutschland sowie der Bund der Steuerzahler angekündigt (vgl. Immobilienzeitung vom 06. September 2023) mit einer Untätigkeitsklage gegen Finanzämter mit der Begründung vorgehend zu wollen, dass Bearbeitung von Einsprüchen gegen die neuen Grundsteuerwertbescheide zu lange dauere.

Fraglich ist, ob weitere Gerichte dem grundsätzlichen Tenor des FG Nürnberg folgen. Fraglich ist vor allem, wie die Gerichte (die nicht das Bayrische, sondern andere Ländermodelle und das Bundesmodell zu beurteilen haben) mit den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Bodenrichtwerte umgehen werden. Realistisch betrachtet kann mit einer Erledigung der Einsprüche, die auf diesen Argumenten aufgebaut waren, nicht gerechnet werden, bis diese höchstrichterlich geklärt sind.

Solange die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze nicht abschließend geklärt wurde, ist wohl auch nicht damit zu rechnen, dass alle anderen Einsprüche, die aufgrund einer fehlerhaften Festsetzung des Grundsteuerwerts eingelegt wurden, bearbeitet werden. Auch hier wird die Finanzverwaltung wohl weiter auf Zeit spielen, um die Korrektur der Korrektur zu vermeiden.

Es bleibt somit bei der Frage, was nach einer potenziell festgestellten (erneuten) Verfassungswidrigkeit kommen mag. Ob daher eine pauschale Aussage, regelmäßig Einspruch einzulegen, Bestand haben kann, erscheint vor dem der Reform zugrundeliegenden gesetzgeberischen Willen (die Grundsteuer auf angemessene Werte zu fußen) fraglich. 

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Autoren dieses Artikels

Andreas Griesbach

Partner, Head of Real Estate

Rechtsanwalt, Steuerberater

Lars Lesser

Partner

Steuerberater

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