Arbeit auf Abruf: BAG entscheidet zugunsten des Arbeitgebers

  • 17.11.2023
  • Lesezeit 3 Minuten

Bei schwankendem Arbeitskräftebedarf kann die Vereinbarung von Arbeit auf Abruf Arbeitgebern die benötigte Flexibilität geben. Um dem Schutzbedürfnis der betroffenen Arbeitnehmer gerecht zu werden, sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) hierfür aber gewisse Vorgaben und Grenzen vor. Diese sollen insbesondere auch sicherstellen, dass die Arbeitnehmer wissen, was auf sie zukommt.

Einigen sich die Vertragsparteien auf Arbeit auf Abruf, ohne die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen, gilt seit dem Jahr 2019 grundsätzlich eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG).

Diese Neuregelung hatte ein Arbeitgeber im nun vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall nicht berücksichtigt. Er beschäftigte seit dem Jahr 2009 eine Arbeitnehmerin je nach Bedarf als Aushilfskraft auf Abruf in seinem Unternehmen. Dafür setzte er sie in unterschiedlichem zeitlichem Umfang ein und bezahlte sie entsprechend der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. In den Jahren 2017 bis 2019 setzte er die Arbeitnehmerin monatlich durchschnittlich etwas über 100 Stunden ein, wöchentlich damit also mehr als 20 Stunden. Ab dem Jahr 2020 rief der Arbeitgeber dann durchschnittlich nur noch weniger Stunden als in den Vorjahren ab. Die Aushilfskraft erhob daraufhin Klage und machte geltend, dass der Arbeitgeber nachträglich Vergütung auf Basis der durchschnittlichen Arbeitszeit der Jahre 2017 bis 2019 zu zahlen habe. Dies ergebe sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

Dieser Ansicht folgte das BAG in seiner Entscheidung vom 18. Oktober 2022 (Az. 5 AZR 22/23) nicht. Laut BAG kann eine von der gesetzlichen Vermutungsregelung abweichende Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur unter zwei Voraussetzungen angenommen werden:

  1. Im betreffenden Arbeitsverhältnis stellt die gesetzliche 20-Stunden-Regelung keine sachgerechte Regelung dar und
  2. objektive Anhaltspunkte liegen dafür vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Kenntnis der Regelungslücke bei Vertragsschluss eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart hätten.

Für eine solche Annahme hat die Klägerin jedoch keine Anhaltspunkte vorgetragen. Das vorgebrachte Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem willkürlich gewählten Zeitraum reicht hierfür nicht aus.

Fazit

In Verträgen mit Aushilfskräften sollte stets ein Arbeitszeitrahmen vereinbart werden, innerhalb dessen der Arbeitgeber berechtigt ist, die Arbeitszeit abzurufen. Dabei sind die gesetzlich festgelegten Begrenzungen zu beachten. Zudem sollte dies auch für vor dem Jahr 2019 abgeschlossene Altverträge geprüft werden. Insbesondere bei Mitarbeitern, die als geringfügig Beschäftigte abgerechnet werden, werden anderenfalls auch Probleme mit den Sozialversicherungsträgern riskiert. Kommt nämlich die 20-Stunden-Regelung zum Tragen, ist auf Basis des derzeit geltenden Mindestlohns keine Abrechnung als geringfügige Tätigkeit mehr möglich.

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Autor dieses Artikels

Stephanie Breitenbach

Senior Manager

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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