Kostentransparenz nach MiFID II: Aktuelle Entwicklungen beim Ex ante - Kostenausweis und Ex post - Kostenreporting bei geschlossenen AIF

Seit Anfang 2018 gelten für den Bankenvertrieb die Regelungen von MiFID II. Ein wichtiger Bestandteil hiervon sind die Vorgaben zur sogenannten Kostentransparenz. Danach ist der Vertrieb verpflichtet, die Kunden bei Erwerb eines Finanzinstruments über sämtliche Kosten und Nebenkosten des Finanzinstruments selbst sowie die Kosten der vom Vertrieb erbrachten Vermittlungs-/Beratungsleistung zu informieren. Die Kosten müssen in zusammengefasster Weise dargestellt werden, damit der Kunde sowohl die Gesamtkosten als auch die kumulative Wirkung der Kosten auf die Rendite beurteilen kann. Der Kunde muss vor Erwerb des Finanzinstruments über die Kosten informiert werden (Ex ante - Kostenausweis) und danach mindestens jährlich, sofern eine laufende Geschäftsbeziehung besteht (Ex post – Kostenreporting). Dabei müssen bei geschlossenen Investmentvermögen ex ante die voraussichtlichen Kosten über die Gesamtlaufzeit auf Basis einer Prognoserechnung geschätzt und in einer Gesamtkostenquote aggregiert werden.

Für die sogenannten freien Vertrieb, die unter § 34f der Gewerbeordnung fallen, gelten die Regelungen von MiFID II bislang noch nicht. Seit dem 7. November 2018 liegt der Referentenentwurf für die Neufassung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) vor, mit der diese Lücke geschlossen werden soll. Darin ist eine vollständige Übernahme der bislang bereits für den Bankenvertrieb nach dem Wertpapierhandelsgesetz geltenden Vorgaben zur Kostentransparenz vorgesehen. Nach aktuellem Stand soll die Verordnung voraussichtlich im 3. oder 4. Quartal 2019 verabschiedet werden und dann nach einer Übergangsfrist von mindestens sechs Monaten in Kraft treten.

Auch rund eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Vorgaben zur Kostentransparenz für den Bankenvertrieb gibt es immer noch zahlreiche offene Fragen. Nachfolgend wird zur Orientierung ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen hierzu gegeben. Dabei wird der Fokus auf geschlossene Investmentvermögen gelegt.  

Problemfelder
Gesetzlich verpflichtet zu den Kostenangaben ist der Vertrieb. Dieser ist hierfür allerdings regelmäßig auf Zulieferung aller erforderlichen Angaben durch die Emittenten bzw. die Kapitalverwaltungsgesellschaften angewiesen. In der Praxis gibt es weiterhin viele Unklarheiten zum Thema Kostentransparenz. Dies führt bei den Emittenten zu unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Ermittlung der Kostenquoten, was den Vergleich verschiedener Produkte für Vertrieb und Anleger erschwert. Im Folgenden sollen beispielhaft einige wichtige Streit- und Kritikpunkte zur Kostentransparenz bei Investmentvermögen dargestellt werden.

Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie Kreditzinsen
Strittig ist zum einen, ob die Betriebs- und Instandhaltungskosten bei Immobilienfonds sowie die im Zuge der Fremdfinanzierung von Vermögensgegenständen anfallenden Kreditzinsen zu den offenzulegenden Kostenpositionen gehören. Der bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V. (heute: ZIA Zentraler Immobilienausschuss e.V.) und der BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V. hatten hierzu bereits 2017 ein Positionspapier erstellt, in dem eine Einbeziehung dieser Kosten verneint wird, und auf dieser Basis eine Anfrage an die Europäischen Aufsichtsbehörden gerichtet und um Beantwortung der Frage der Einbeziehung dieser Kosten gebeten. Leider hat es zu diesem Schreiben bis heute keine Antwort gegeben.

In der Praxis werden Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie Kreditzinsen regelmäßig nicht bei den Kosten berücksichtigt. Dies ist auch sachgerecht. Nach Art. 50 Abs. 2b) der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 zu  MiFID II sind sämtliche Kosten und Nebenkosten offenzulegen, die im Zusammenhang mit der Konzeption und Verwaltung der Finanzinstrumente entstehen. Tabelle 2 Anhang II dieser Verordnung führt als „fortlaufende Kosten“ ebenfalls nur solche Kosten auf, die im Zusammenhang mit der Verwaltung des Finanzproduktes anfallen. Durch den Gesetzeswortlaut wird damit ein klarer Bezug zu solchen Kosten hergestellt, die durch die Verwaltung des Finanzinstruments entstehen. Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie Kreditzinsen sind gerade nicht Bestandteil von Verwaltungsdienstleistungen. Es handelt sich vielmehr um laufende Kosten, die - losgelöst vom Management  -  stets im Rahmen des Betriebs eines Sachwertes anfallen.

Transaktionskosten
Ein großer Streitpunkt in der Praxis ist die Frage des Umfangs der in die Kostenquoten einzubeziehenden Transaktionskosten bei Immobilienankäufen. Vielfach wird in der Praxis die Auffassung vertreten, dass die bei jeder Immobilientransaktion anfallenden Kosten wie Grunderwerbsteuer und Notarkosten, die keine Vergütungen an die Kapitalverwaltungsgesellschaft oder andere Dienstleister darstellen, nicht einzubeziehen sind. Diese Vorgehensweise widerspricht nach herrschender Auffassung den Vorgaben von MiFID II. Der Wortlaut der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 ist sehr weitgehend und verlangt, dass alle Kosten und Gebühren, die infolge von Erwerb und Veräußerung von Anlagen entstehen, in die Kostenquoten einzubeziehen sind. Transaktionssteuern werden in Tabelle 2 Anhang II dieser Verordnung explizit unter den Beispielen für Kosten genannt. Daher sollte eine Einbeziehung aller Transaktionskosten nach MiFID II geboten sein und diese Vorgehensweise sich auch in der Praxis durchsetzen. Wirtschaftlich betrachtet erscheint es in der Tat wenig sinnvoll, den Kostenbegriff so umfangreich zu fassen und auch die Grunderwerbsteuer miteinzubeziehen, die bei jedem Direkterwerb einer Immobilie anfällt. Der europäische Gesetzgeber hatte hier jedoch offensichtlich eine andere Auffassung.

In der Praxis führt die Einbeziehung sämtlicher Transaktionskosten bei Immobilienfonds, die Handel mit Immobilien betreiben, zu erheblichen Verzerrungen. Durch den mehrfachen Ankauf von Immobilien über die Laufzeit erhöhen sich die Transaktionskosten erheblich. Dies kann zu einer Gesamtkostenquote von über 100 % führen. Dass der mehrfache Umschlag von Immobilien auch zu höheren Erträgen führt, spiegelt sich in der Kostenquote nicht wider. Ein sinnvoller Vergleich dieser Kostenquote mit einem Immobilienfonds, der nur eine Bestandsimmobilie hält und keinen Handel betreibt, ist daher nicht möglich.

Kosten auf Ebene von Objektgesellschaften
Umstritten ist auch der Umfang der Einbeziehung von Kosten bei mehrstöckigen Strukturen. Werden Immobilien nicht direkt von der Fondsgesellschaft, sondern über eine Objektgesellschaft gehalten, stellt sich die Frage, ob auch die Kosten auf Ebene der Objektgesellschaft (z.B. Verwaltungskosten, Rechts- und Steuerberatung, Prüfung) in die Kostenquote nach MiFID II einzubeziehen sind. Aufgrund des umfassenden Kostenbegriffs nach MiFID II sollten grundsätzlich auch diese Kosten einbezogen werden. Es kann für die Kostendarstellung keinen Unterschied machen, ob eine Immobilie direkt oder indirekt über das Vehikel einer Objektgesellschaft erworben wird. Andernfalls wären auch Gestaltungen möglich, bei denen Kosten von der Fondsgesellschaft auf die Ebene der Objektgesellschaft verschoben werden, um die Kostenquote zu senken. Hierzu gibt es aber auch andere Auffassungen und die Behandlung in der Praxis ist nicht einheitlich.

Ex post – Kostenreporting für den Vertrieb bei Anteilen an geschlossenen Fonds
Kontrovers diskutiert wird auch die Frage, ob bei der Vermittlung geschlossener Fonds für den Vermittler eine jährliche Ex-post-Kostenoffenlegungspflicht besteht. Nach den Gesetzesgrundlagen kommt es entscheidend darauf an, ob im Laufe des Jahres eine „laufende Geschäftsbeziehung“ zum Anleger unterhalten wird oder wurde. Nur dann ist von einer Pflicht zum laufenden Ex post Reporting auszugehen. Da bei geschlossenen Fonds eine regelmäßige Rückgabe oder Kündigung ausgeschlossen ist und damit grundsätzlich auch nach Vertrieb keine laufende Beratungsleistung erforderlich ist, zudem die übliche Einmalprovision eher auf eine einmalige Vermittlung/Beratung hindeutet und weiterhin bei geschlossenen Fonds keine Depotverwahrung als laufende Dienstleistung in Betracht kommt, wird die Beratung bzw. Vermittlung geschlossener Fonds-Anteile nach unserer Einschätzung regelmäßig als einmalige und abschließende Dienstleistung erbracht, die keine laufende Geschäftsbeziehung zum Kunden begründet. Die Pflicht zum Ex post – Kostenreporting ist jedoch immer im Einzelfall anhand der genauen Beziehung zwischen Vermittler und Kunde zu prüfen.

Abweichende Kostenbegriffe nach MiFID II und KAGB
Zu erheblicher Verwirrung bei den Anlegern führt in der Praxis die Tatsache, dass die Kostenbegriffe nach MiFID II und KAGB unterschiedliche Kosten umfassen. Dadurch sind auch die in den wesentlichen Anlegerinformationen nach KAGB anzugebenden Kostenquoten nicht vergleichbar mit den Kostenquoten nach MiFID II. So sind beispielsweise Transaktionskosten wie die Grunderwerbsteuer nach KAGB nicht in die Kostenquoten einzubeziehen. Auch sind die Bemessungsgrundlagen abweichend. Während nach MiFID II die Kosten in Bezug auf die Einlage dargestellt werden, sind nach dem KAGB in den wesentlichen Anlegerinformationen die laufenden Kosten im Verhältnis zum Nettoinventarwert darzustellen. Auch der Betrachtungszeitraum weicht mitunter ab, da in den wesentlichen Anlegerinformationen die laufenden Kosten pro Jahr dargestellt werden, während MiFID II nur eine Gesamtkostenquote vorschreibt und eine Darstellung der laufenden Kosten pro Jahr nicht zwingend (wenn auch in der Praxis oft vorzufinden) ist.  

Herausforderungen für die Vertriebe - Fehlende Vergleichbarkeit
Eine Intention des EU Gesetzgebers für die Kostentransparenz nach MiFID II war es, die Kostenquoten verschiedener Anlageprodukte vergleichbar zu machen. Es ist jedoch zu konstatieren, dass mit den bestehenden Regelungen ein sinnvoller Vergleich kaum möglich ist. Kostenquoten von geschlossenen Fonds können nicht sinnvoll mit den Kostenquoten anderer Finanzinstrumente wie z.B. Wertpapierfonds verglichen werden. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass nicht nur die Gebühren und Vergütungen für die Initiatoren, sondern sämtliche Kosten der Fondsgesellschaft zu berücksichtigen sind, also z.B. auch Kosten für Rechts- und Steuerberatung oder Jahresabschlussprüfung oder Transaktionskosten wie die Grunderwerbsteuer. Beim Erwerb einer Aktie werden dagegen nicht die auf Ebene der Aktiengesellschaft anfallenden Kosten in der Kostenquote berücksichtigt.

Aber auch ein Vergleich der Kostenquoten von geschlossenen Fonds untereinander ist nur bedingt möglich. Die vorstehend beispielhaft dargestellten offenen Fragen führen zu teilweise sehr unterschiedlichen Ermittlungsmethoden für die Kostenquoten nach MiFID II bei geschlossenen Fonds. Dadurch ist die Aussagekraft der Kostenquoten eingeschränkt.

Zumindest ist aber bezüglich der Darstellung des Ex ante - Kostenreportings ein Trend zur Vereinheitlichung in der Praxis zu beobachten. Für geschlossene Fonds ist hierfür in der Praxis eine aus dem Vertrieb stammende Vorlage weit verbreitet. Darin sind die Kosten unterteilt in einmalige Einstiegskosten (Initialkosten, Transaktionskosten, Vertriebskosten) sowie laufende Kosten und Ausstiegskosten. Daneben ist eine Kostenzusammenfassung bei einer bestimmten angenommenen Haltedauer sowie die Auswirkungen der auf die Rendite der Anlage bezogen auf den Beteiligungsbetrag in den einzelnen Jahren dargestellt. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Darstellungsform weiter verbreiten wird. Der Umfang der jeweils einzubeziehenden Kosten wird darin nicht geregelt, es wird lediglich die Darstellungsform vorgegeben.

Wie kann sich der Berater orientieren?
Wichtig ist, dass der Berater sich der dargestellten Mängel hinsichtlich der Kostentransparenz bewusst ist und diese auch dem Anleger erläutern kann. Aufgrund der offenen Fragen und unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Ermittlung der Kostenquoten ist es für den Berater von hoher Bedeutung, ein genaues Verständnis der Kostenstruktur und der Ermittlung der Kostenquote für jedes Produkt zu erlangen. Vertriebsstellen sollten deshalb mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft, deren Fondsanteile sie vertreiben, in den Austausch treten und die Details der Kostenberechnung unter MiFID II erfragen, um die Unterschiede im Kostenausweis der Fonds richtig deuten zu können. Bei einem Vergleich der Kostenquoten verschiedener Fonds sollte geprüft werden, ob auch die Ermittlungsmethoden gleich sind oder ggf. bei einem Fonds bestimmte Kosten nicht einbezogen wurden. Nur bei Erlangung eines tiefgehenden Verständnisses von der Zusammensetzung der Kostenquote kann der Berater dem Kunden diese erläutern. 

Insbesondere bei relativ hohen Kostenquoten sind die Ursachen hierfür zu ergründen. Nicht immer sind hohe Kostenquoten auf ein hohes Vergütungsniveau für die Initiatoren zurückzuführen. So wird z.B. ein Immobilienfonds, der mit Immobilien handelt, aufgrund der bei jedem Neuankauf anfallenden Transaktionskosten eine sehr hohe Kostenquote ausweisen, die auch über 100% des Beteiligungsbetrags liegen kann. In solchen Fällen können bei einem Vergleich mit anderen Produkten nicht die Kostenquoten isoliert betrachtet werden, sondern es müssen auch die Prognosen der Einnahmen einbezogen werden. Bei einem häufigeren Umschlag von Immobilien sind nicht nur die Transaktionskosten, sondern entsprechend auch die Einnahmen höher als bei Bestandsimmobilien, da hier mehrfach Verkaufserlöse erzielt werden.

Für einen Kostenvergleich sind eher die in den wesentlichen Anlegerinformationen dargestellten Kostenquoten geeignet. Hier können sowohl die Initialkosten als auch die laufenden Kosten sowie eventuelle erfolgsabhängige Vergütungen verglichen werden. Auch wenn es hier ebenfalls Ermessensspielräume und Streitfragen gibt, ist die Aussagekraft höher als bei den Kostenquoten nach MiFID II.

Fazit
Es lässt sich konstatieren, dass das Ziel der besseren Vergleichbarkeit verschiedener Finanzinstrumente durch Einführung der Regelungen zur Kostentransparenz nach MiFID II nicht erreicht wurde. Einerseits bestehen mehrere offene Fragen zur Ermittlung der Kostenquoten. Andererseits führen die dargestellten Kritikpunkte dazu, dass auch Kosten einbezogen werden, auf die die Initiatoren keinen direkten Einfluss haben, wie etwa die Grunderwerbsteuer. Ein Vergleich der Kostenquoten von geschlossenen Fonds mit anderen Anlageprodukten, wie z.B. Wertpapierfonds, ist daher kaum möglich.

Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen, wären Klarstellungen zu den offenen Fragen (z.B. durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA) erforderlich. Hierdurch könnte eine einheitliche Vorgehensweise aller Emittenten erreicht werden.

Wünschenswert wäre es darüber hinaus, dass bei der anstehenden Evaluierung der MiFID II-Regelungen die Vorgaben zu den Kostenquoten überarbeitet werden. Zur Vergleichbarkeit mit anderen Finanzinstrumenten sollte über eine Fokussierung der anzugebenden Kosten auf die Verwaltungskosten (upfront und laufend) nachgedacht werden. Dabei stellt sich die Frage, ob es nicht besser wäre, ganz auf Kostenquoten nach MiFID II zu verzichten, da die (ggf. auch noch zu optimierenden) Kostenangaben nach KAGB in den wesentlichen Anlegerinformationen ausreichend sind. Dies würde zu weniger Verwirrung bei den Anlegern und zu Erleichterungen für die Berater führen.

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