Allgemeine Pflicht zur Durchführung von Compliance Schulungen
Im Rahmen der Implementierung und Weiterentwicklung von Compliance-Management-Systemen spielt die Durchführung von Compliance-Schulungen eine essenzielle Rolle. Eine Pflicht zur (regelmäßigen) Schulung von Mitarbeitern lässt sich in erster Linie aus der bestehenden Aufsichtspflicht, deren Einhaltung Teil der Legalitätspflicht ist, ableiten. Die Einhaltung von Compliance-Regelungen erfordert zwingend das Verständnis aller im jeweiligen Bereich betroffenen Mitarbeiter der entsprechenden Vorschriften und verdeutlicht somit die Wichtigkeit von Compliance-Schulungen. So versteht sich die Verpflichtung von Unternehmen von selbst, ihre Mitarbeiter regelmäßig zu schulen, möchte es sicherstellen, dass regelkonformes Verhalten im Unternehmen gelebt, eingehalten und entsprechend gehandelt wird. Darüber hinaus können Schulungen helfen, Compliance als Gesamtheit nicht als Ballast und als Verhinderer im Rahmen unternehmerischen Handelns zu empfinden – sinnvoll eingesetzt bedeutet ein Fokus auf das Thema Compliance, dass die Mitarbeiter „an die Hand genommen“ und ihnen Unsicherheiten genommen werden sowie insgesamt Prozesse gestrafft, vereinfacht und rechtssicher werden.
Schulungsplanung
Der erste Schritt für eine erfolgreiche Compliance-Schulung ist die genaue Vorbereitung und Planung. Zunächst ist es wichtig, nicht nur den Inhalt, sondern in erster Linie auch die Zielgruppe der Schulung zu bestimmen. Diese lässt sich etwa entsprechend der jeweiligen Risikogruppe, der die einzelnen Mitarbeiter zuzuordnen sind, bestimmen. So sind Mitarbeiter besonders risikogeneigter Bereiche in eine andere Risikogruppe einzuteilen und entsprechend anders und eventuell intensiver zu schulen als Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Tätigkeit im Unternehmen keinen, abgeschwächten oder anders gelagerten Risiken ausgesetzt sind. Darüber hinaus kommt es auf die Art und das Risikopotential des konkreten Unternehmens an: Ein produzierendes Unternehmen hat andere Risiken als ein reiner Bürobetrieb.
In Anlehnung hieran kann sodann ein adäquates Format der Schulung festgelegt werden, z. B. die Durchführung in der Art einer Präsenzschulung oder eines E-Learnings. Daneben haben sich mittlerweile vielzählige weitere Schulungsformate etabliert und in der Praxis bewährt: Online-Seminare, Videoschulungen oder Telefonkonferenzen sind beliebte Alternativen. Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie greifen Unternehmen gerne mithilfe moderner Kommunikationsplattformen auf alternative Formate zurück, um ihre Mitarbeiter auch in Zeiten verstärkten Home-Office zu schulen. Es ist dabei aber unbedingt darauf zu achten, dass die zu schulenden Mitarbeiter die Gelegenheit erhalten, auftretende Fragen – auch bezüglich konkreter Handlungsweisen – zu stellen. Anderenfalls werden sich Unternehmen im Fall der Fälle die Frage gefallen lassen müssen, warum sie den Mitarbeitern lediglich Informationen zugespielt, aber auftretende Unsicherheiten nicht abgestellt haben. Auch aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, Präsenzschulungen und solche über alternative Formate abwechselnd durchzuführen.
Der Turnus bzw. die Frequenz sowie die Intensität von Compliance-Schulungen sollte sorgfältig vorbereitet und bestimmt werden. Grundsätzlich ist hierbei zu beachten, um welche Inhalte es bei der Schulung geht. Einfache Themen können sicherlich sinnvoll über E-Learning-Tools abgearbeitet werden, geht es allerdings in die Tiefe, empfiehlt es sich, zunächst – eventuell unter Zuhilfenahme externer Experten – eine oder mehrere Präsenzschulungen durchzuführen und in regelmäßigen – dem jeweiligen Themengebiet und Risikopotential angepassten – Abständen die Schulung „aufzufrischen“. Dabei können und sollten dann auch E-Learning-Angebote zwecks Kosten-Nutzen-Abgleichs miteinbezogen werden
Bestimmung und Vermittlung der Schulungsinhalte
Um die Inhalte der Compliance-Schulungen festzulegen, muss die zuvor anhand der spezifischen Risikolage bestimmte Zielgruppe herangezogen werden. Dabei ist individuell zu unterscheiden: Vertriebsmitarbeiter etwa sollten – neben Anderem – regelmäßig intensiv zu den Themen Korruptionsvermeidung und Kartellrecht unterrichtet werden. Für den Bereich HR haben hingegen Antidiskriminierungs- oder für die Marketingabteilung Datenschutzschulungen besondere Bedeutung.
Compliance-Schulungen sind zwingend nicht nur auf die adressierte Zielgruppe auszurichten, sondern müssen immer auch in entsprechender Weise vermittelt werden. Eine effektive Schulung hat ebenso interaktiv wie informativ zu sein – werden die zu schulenden Mitarbeiter im Rahmen der Schulung mitgenommen, können sie sich persönlich – etwa durch Beispiele aus ihrer Praxis – einbringen. Wird der Schulungsinhalt spannend und mit konkreten Beispielen unterlegt nahegebracht, wird die Schulung am Ende ein deutlich größerer Erfolg als ein rein theoretisches Seminar im Vortragsstil. Neben dem Vermitteln und Erklären grundsätzlicher Informationen zu den relevanten Themenbereichen, müssen konkrete Fragen oder Fälle eingebaut werden, die dann interaktiv bearbeitet werden.
Besonderheiten hinsichtlich der aktuellen Corona-Krise
Gerade in Krisenzeiten – in Zeiten, in denen häufig ein direkter Kontakt zu Mitarbeitern fehlt – erweist sich ein regelmäßiger Informationsaustausch und -fluss als äußerst wichtig und unverzichtbar. Dazu kommen neue Regelungen und Verpflichtungen, die aufgrund der Corona-Krise erlassen wurden und kontinuierlich geändert und angepasst werden. Diese Veränderungen müssen stets im Auge behalten und im Rahmen klarer Vorgaben an die Mitarbeiter weitergegeben werden, um sicherzustellen, dass sich alle Unternehmensangehörigen – und damit das gesamte Unternehmen – hieran halten und damit potenzielle neue Compliance-Risiken im Zaum gehalten werden können. Ebenso muss die Einhaltung der bereits im Unternehmen bestehenden Compliance-Vorschriften in Krisenzeiten durch regelmäßiges Schulen der Mitarbeiter gewährleistet werden.