Ein erfahrenes und vor allem erfolgreiches Management hält man. Dieser unternehmerische Grundsatz ist Wurzel jeder Managementbeteiligung. An Management-Beteiligungsmodellen sollen daher aus gut nachvollziehbaren Gründen ausschließlich Manager (Arbeitnehmer) teilnehmen. Im logischen Kontext hierzu regeln Management-Beteiligungsmodelle daher regelmäßig, dass den Arbeitgeber verlassende Manager ihre Arbeitgeberbeteiligung bei Verlust des Arbeitsplatzes aufzugeben haben. In Abhängigkeit vom Ausscheidensgrund sind oftmals hinsichtlich der Höhe der Abfindung für den Verlust der Arbeitgeberbeteiligung auch noch Abschläge hinzunehmen (bad leaver-Regelungen). Alles in allem kommt man daher kaum umhin, Management-Beteiligungsmodellen eine gewisse Nähe zum Arbeitsverhältnis des beteiligten Managers zuzuschreiben. Insoweit entsteht naturgemäß die Frage, ob bei derartig strukturierten Management-Beteiligungsmodellen das Arbeitsverhältnis das Beteiligungsverhältnis überlagert und der sich beteiligende Arbeitnehmer aus der Arbeitgeberbeteiligung steuerlich weniger attraktiven Arbeitslohn bezieht.
Mit der Frage, ob auf den Arbeitgeber zugeschnittene gesellschaftsrechtliche Beteiligungsmodelle der Lohnsteuerpflicht unterliegen und zu (Arbeitnehmer-)Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit führen, befasste sich der Bundesfinanzhof und erteilte der von der Finanzverwaltung getriebenen Auffassung eine klare Absage; BFH, Urteil vom 4. Oktober 2016 – Aktenzeichen IX R 43/15 (Vorinstanz FG Köln vom 20. Mai 2015).
Im vorliegenden Fall war der Kläger im mittleren Management seiner Arbeitgebergesellschaft (es handelte sich um eine Kapitalgesellschaft) tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Seine Arbeitgebergesellschaft bot zunächst Mitarbeitern der ersten Führungsebene an, sich an ihr mittelbar – im Rahmen der Beteiligung als Gesellschafter an einer Management-Gesellschaft – zu beteiligen. Später erweiterte die Arbeitgebergesellschaft das Beteiligungsangebot auf Führungskräfte der zweiten Führungsebene.
Gesellschafter der Management-Gesellschaft waren – offenbar kraft Abrede mit der Arbeitgebergesellschaft – ausschließlich Arbeitnehmer der Arbeitgebergesellschaft. Das Beteiligungsmodell war strikt auf die Arbeitgeberbelange zugeschnitten. An der Management-Gesellschaft beteiligte Arbeitnehmer sollten aus dieser ausscheiden, wenn sich bei der Arbeitgebergesellschaft neue Gesellschafter im wesentlichen Umfang beteiligen (change of control) oder der sich mittelbar beteiligende Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgebergesellschaft ausschied. Dabei war die Höhe der Abfindung vom Grund des Ausscheidens abhängig (offenbar im Wege der gängigen good leaver und bad leaver-Regelungen).
Geraume Zeit nach mittelbarer Beteiligung der Arbeitnehmer veräußerte der Mehrheitsgesellschafter der Arbeitgebergesellschaft sämtliche von ihm gehaltenen Geschäftsanteile. In diesen Unternehmensverkauf bezog er die Management-Gesellschaft ein. Auf Ebene der Management-Gesellschaft und deren Gesellschaftern entstand ein erheblicher Veräußerungsgewinn.
Der hier in Rede stehenden Arbeitnehmer deklarierte die Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf der Managementbeteiligung nicht, da er mangels wesentlicher Beteiligung an der Management-Gesellschaft gemäß § 17 EStG und Veräußerung außerhalb der Spekulationsfrist gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG keine Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz erwartete. Der berichtete Fall betrifft die alte Rechtslage in der für den Veranlagungszeitraum 2004 geltenden Fassung. Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 unterfällt jede Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Körperschaften mit einer Beteiligungsquote von weniger als 1% der Steuerpflicht. Die Spekulationsfrist spielt keine Rolle mehr.
In der Folgezeit überprüfte das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung die Einkommensteuerveranlagungen des Klägers und gelangte zu der Auffassung, dass es sich bei dem im Zusammenhang mit dem Managementbeteiligungsprogramm bezogenen Veräußerungsgewinn um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele und nicht um außerhalb der Veräußerungsfrist erzielte sonstige Einkünfte. Den daraufhin vom Finanzamt ergangenen Steuerbescheid griff der Kläger im außergerichtlichen und später auch gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren an.
Vor dem Finanzgericht obsiegte der Kläger. Das Finanzgericht vertrat in seinem Urteil die Auffassung, dass der Veräußerungsgewinn entgegen der Auffassung des FA nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sei. Insbesondere sei ein Veranlassungszusammenhang zwischen dem Veräußerungsgewinn des Klägers und seinem Dienstverhältnis nicht erkennbar. Vielmehr habe es sich bei der vom Kläger gehaltenen Beteiligung um eine eigenständige Einkunftsquelle im Sinne einer Kapitalbeteiligung gehandelt.
Das Finanzamt ging gegen das Urteil des Finanzgerichts in Revision. Im sich anschließenden Revisionsverfahren bestätigte der Bundesfinanzhof allerdings die Auffassung des Finanzgerichts und kam zu folgendem Ergebnis:
- Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein und aus dieser Beteiligung generierte Einkünfte führen nicht zwangsläufig zu lohnsteuerlich relevantem Arbeitslohn. Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung kommt dementsprechend eine Steuerbarkeit nach den einschlägigen Veräußerungstatbeständen des EStG (§§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG) in Betracht.
- Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt insbesondere also nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war (s. BFH in BFHE 226, 47, BStBl. II 2010, 69 = DStR 2009, 2092, und in BFHE 246, 119, BStBl. II 2015, 4 = DStR 2014, 1868).
- Dass ein Erlös aus der Veräußerung einer am Unternehmen des Arbeitgebers bestehenden Kapitalbeteiligung gleichwohl durch das Dienstverhältnis veranlasst und damit lohnsteuerpflichtig sein könne, weil die Möglichkeit einer Beteiligung nur „handverlesenen“ Arbeitnehmern der Unternehmensgruppe angeboten wurde, schloss der Bundesfinanzhof aus.
- Auch die bei change of control oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehende – und zur Gewinnrealisation führende - Pflicht des Arbeitnehmers zur (Rück-) Übertragung der Kapitalbeteiligung führe nicht zur Veranlassung durch das Dienstverhältnis; selbst dann nicht, wenn der zwingende Ausschluss aus der Kapitalbeteiligung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Auswirkung auf die Höhe der Abfindungszahlung gehabt habe.
- Selbst das von der Finanzverwaltung erstaunlicherweise am Tag des Veräußerungsgewinns erkannte lediglich „theoretische“ Verlustrisiko des im oberen Management tätigen Klägers reichte nicht aus, den Bundesfinanzhof zur Veranlassung durch das Dienstverhältnis und damit zur Lohnsteuerpflicht zu führen. Die von der Finanzverwaltung bemühte Logik bezog sich dabei auf dem Management zugängliche „Insiderkenntnisse“. Dabei dürfte der Finanzverwaltung etwas aus den Augen geraten sein, dass in praxi leider immer noch Fälle zu beklagen sind, bei denen Unternehmen trotz Insiderkenntnissen in bedrohliche Schieflagen geraten.
Letztlich sah auch der Bundesfinanzhof eine zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen des Arbeitgebers bestehende gesellschaftsrechtliche Sonderrechtsbeziehung. Diese verdrängt allerdings – so der Bundesfinanzhof – in der steuerlichen Beurteilung das Arbeitsverhältnis. Der Lohnsteuer zu unterwerfende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit fielen daher nicht an.