Das International Accounting Standards Board (IASB) hat am 13. Januar 2016 den neuen Standard IFRS 16 Leasingverhältnisse veröffentlicht, welcher den bisherigen Standard IAS 17 ersetzt. Mit der Einführung des Standards wird sich bei der Bilanzierung von Leasinggebern nur wenig ändern – ganz anders verhält es sich jedoch bei Leasingnehmern. Diese müssen künftig eine On-Balance-Bilanzierung von Leasing-Verträgen vornehmen. In der Konsequenz müssen auch die Regelungen zu Sale-and-Lease-Back-Transaktionen neu aufgesetzt werden.
Grundsätzlich können Sale-and-Lease-Back-Kontrakte dazu dienen, dem Leasingnehmer eine Reihe von Vorteilen zu verschaffen. So können mit dem Verkauf von Immobilien und deren späterer Rückmietung Gewinne realisiert, die Bilanzsumme reduziert, aber auch Investitionsspielräume durch Generierung von zusätzlichen Zahlungsmitteln geschaffen werden. Entscheidend ist hierbei nur, dass es im Rahmen der Ausgestaltung des Vertrages zum Verlust des wirtschaftlichen Eigentums und somit zum Abgang der Immobilie kommt.
Bei Abbildung eines solchen Geschäftsvorfalls ist laut IFRS 16 Leasingverhältnisse künftig die Frage zu klären, ob der Verkauf des (Immobilien-)Objektes eine Veräußerung (Sale) im Sinne des IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ darstellt und somit ein Abgang des Objektes erfolgt. Je nach Ausgang der Prüfung folgen unterschiedliche Konsequenzen.
Gemäß IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ liegt eine Veräußerung genau dann vor, wenn der Erwerber die Verfügungsmacht über das erstandene Objekt erhält. Selbst wenn das Objekt rückgemietet wird, kann diese jedoch beim Eigentümer noch beibehalten werden. Beispielsweise bedeutet dies zu verhindern, dass andere den Nutzen aus dem Vermögenswert ziehen oder dessen Gebrauch bestimmen können. Anders verhält es sich bei einer vertraglich vereinbarten (Rück-)Kaufoption. Die Verfügungsgewalt kann dadurch ausgeschlossen werden.
Bei Erfüllung der Kriterien eines Sale im Sinne des IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ muss der Veräußerer und spätere Leasingnehmer des Operate Lease das zurückbehaltene Nutzungsrecht in Höhe des anteiligen Buchwertes des veräußerten Immobilien-Objektes ansetzen. Gewinne können demnach nur in der Höhe realisiert werden, in welcher das Nutzungsrecht durch den Verkauf auf den Erwerber übertragen worden ist. Weiterhin werden anteilige Gewinne auf das Nutzungsrecht über die Laufzeit des Leasing-Kontraktes realisiert. Anfallende Verluste müssen sofort und ausschließlich in voller Höhe erfasst werden. Bei Unterschieden in der Bewertung des Fair Values der Immobilie und der hingegebenen Gegenleistung sowie einer Leasingzahlung, die nicht zu Marktkonditionen abgewickelt worden ist, sind Anpassungen vorzunehmen.
Sofern die o. g. Kriterien nicht erfüllt sind, muss der Veräußerer die herkömmliche Bilanzierung des Objekts beibehalten. Ein Abgang ist insofern ausgeschlossen. Zudem muss der Veräußerer eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe des generierten Verkaufserlöses erfassen (gem. IFRS 9). Die Sale-and-Lease-Back-Transaktion lässt sich in diesem Fall als Finanzierung charakterisieren, und wird entsprechend in der Bilanz abgebildet.
Beispiel:
Ein Industriegüterhersteller (Verkäufer-Leasingnehmer) setzt im Werksverkehr eine Güterbahn ein, welche im Jahr 2011 angeschafft wurde. Er verkauft diese Güterbahn an ein Leasingunternehmen (Käufer-Leasinggeber) und mietet diese über die Restnutzungsdauer von 20 Jahren zurück. Der Transaktion liegen außerdem noch folgende Daten zugrunde:
- Gesamtnutzungsdauer: 25 Jahre
- Buchwert: 3.000.000 EUR
- Beizulegender Zeitwert: 3.200.000 EUR
- Geschätzter Restwert nach 20 Jahren: 500.000 EUR
- Verkaufspreis: 3.300.000 EUR
- Jährliche Leasingrate: 240.000 EUR
- Laufzeit Leasingvertrag: 20 Jahre
- Diskontierungszins: 4,59 %
- Kaufoption: Nein
Der Leasingnehmer hat zu Laufzeitbeginn eine Leasingverbindlichkeit zum Barwert der noch nicht gezahlten Leasingraten, d. h. in Höhe von 3.096.406 EUR zu bilanzieren. Davon entfallen 100.000 EUR auf die zusätzlich gewährte Finanzierung und 2.996.406 EUR auf das Leasingverhältnis. Der Nutzenanteil des Leasingnehmers bezogen auf den beizulegenden Zeitwert des Grundstücks in Höhe von 3.200.000 EUR beträgt 94 % (2.996.000 EUR / 3.200.000 EUR). Zu diesem Nutzenanteil hat der Leasingnehmer den Buchwert des Leasingguts als Nutzungsrecht am Leasinggut fortzuführen. In diesem Sinne ist ein Nutzungsrecht i. H. v. 2.809.131 EUR zu aktivieren. Der Veräußerungsgewinn, der nur auf den Nutzungsanteil, der nicht beim Leasingnehmer verbleibt, zu realisieren ist, beträgt somit 12.725 EUR (6 % auf 200.000 EUR). In den folgenden Perioden ist die vom Verkäufer-Leasingnehmer zu zahlende Leasingrate in einen Zins- und einen Tilgungsanteil zu verteilen. Im ersten Jahr sind von der Leasingrate von 240.000 EUR 142.275 EUR (4,59 % × 3.096.406 EUR) als Zinsaufwand zu erfassen und 97.725 EUR (240.000 EUR abzügl. 142.275 EUR) als Tilgungsleistung auf die Schuld. Die Leasingschuld reduziert sich daher im folgenden Jahr auf 2.998.681 EUR.
Die Sale-and-Lease-Back-Transaktion diente bisher dazu, dem Veräußerer eine Reihe an Vorzügen zu verschaffen. Mit Einführung des IFRS ist dies nicht mehr in vollem Umfang möglich. So lassen sich z. B. bilanzielle Entlastungseffekte im Veräußerungszeitpunkt kaum oder gar nicht mehr erreichen, wie das obige Beispiel aufzeigt (Gewinn im Veräußerungszeitpunkt EUR 12.725). Dies lässt sich damit begründen, dass bei Verlust des wirtschaftlichen Eigentums durch die Kaufabwicklung zwar ein völliger Abgang der Immobilie zu verzeichnen ist, gleichzeitig allerdings ein Nutzungsrecht zu aktivieren ist. Betragsmäßig mag sich zwar eine Differenz zwischen dem Buchwert der Immobilie und dem zu aktivierenden Nutzungsrecht ergeben. Die Differenz ist jedoch umso geringer, je mehr sich der Leasingzeitraum der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer des Vermögenswertes annähert.
Der Standard IFRS 16 Leasingverhältnisse ist erstmalig auf Geschäftsjahre anzuwenden, welche am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen. Bestehende Regelungen für den Übergang sehen soweit vor, dass abgeschlossene Sale-and-Lease-Back-Kontrakte nicht noch einmal neu bewertet werden müssen, dies ist jedoch nicht final beschlossen. So kann es doch noch zu einer nachträglichen Aktivierung von Nutzungsrechten kommen. Somit sind nicht nur künftige, sondern auch bereits abgeschlossene Kontrakte weniger attraktiv und das gesamte Geschäftsmodell gilt es zu hinterfragen.
Ansprechpartner
- Andreas Weissinger
- René Witzel