BFH-Urteil zu Verrechnungspreiskorrektur: Steuerpflichtiger muss wirtschaftliche Gründe für das Abweichens vom Fremdüblichen vorbringen dürfen

Mit dem Urteil vom 27.11.2019, das kürzlich veröffentlicht wurde, hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Möglichkeit genutzt, zur Einordnung der deutschen Verrechnungspreisreglungen in § 1 AStG in das Unionsrecht Stellung zu nehmen.

Sachverhalt: Zinsverzicht gegenüber ausländischer Tochtergesellschaft beziehungsweise Schwestergesellschaft

Die inländische X-GmbH war in den Streitjahren 2003/2004 Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin der inländischen A-GmbH. Außerdem war sie Alleingesellschafterin der C-s.r.o mit Sitz in Tschechien.

X und A gewährten der C Darlehen zum Zinssatz von 6,3 %. Am 18.9.2003 wurden die Darlehen rückwirkend ab 1.1.2003 sowie für die Zukunft (also ab 18.9.2003) zinsfrei gestellt.
Das Finanzamt rechnete für X Zinseinnahmen von 6,3 % außerbilanziell nach § 1 AStG wieder hinzu. Das Finanzgericht wies die hiergegen erhobene Klage ab.

Entscheidung des BFH: Nachweis wirtschaftlicher Gründe für Zinslosigkeit muss möglich sein

Die nachträgliche Vereinbarung vom 18.9.2003 über die künftige Zinslosigkeit weicht nach Auffassung des BFH von der ursprünglichen Abrede (6,3 %) ab und ist nicht fremdüblich. Zudem sind X und C einander nahestehende Personen i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 AStG. Damit sind die Voraussetzungen einer Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG dem Grunde nach gegeben.

1. Verhältnis von Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG (Verrechnungspreiskorrektur) und verdeckter Gewinnausschüttung

Zwar ist § 1 Abs. 1 AStG nur "unbeschadet anderer Vorschriften" anzuwenden und es käme auf Ebene der A auch eine Korrektur nach der allgemeinen Regelung für verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Betracht. Aus dieser Formulierung ergibt sich jedoch kein Vorrang des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Beide Vorschriften überlagern einander. Soweit die Rechtsfolgen nicht voneinander abweichen, besteht daher die Wahl, welche von ihnen vorrangig geprüft wird. Der BFH bestätigt hier seine Auffassung (vgl. BFH v. 4.12.1996, I R 54/95, BFH/NV BFH/R 1997, 190).

Der Vergleich führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Fremdvergleich nach § 1 Abs. 1 AStG eine weitergehende – und damit die vGA-Regelung ausschließende – Gewinnberichtigung ergibt. Zwar würde die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf Ebene der A GmbH zunächst ebenfalls zu einer Erhöhung führen, die der X als Organträgerin zugerechnet würde. Da es sich bei dem Vorteil, das Darlehen zinslos zu nutzen, jedoch um kein einlagefähiges Wirtschaftsgut handelt, würde zugleich das Einkommen der X gemindert mit der Folge, dass die Zinseinnahmen im Ergebnis nicht erfasst würden. Da der Fremdvergleich somit zu weitergehenden Berichtigungen führt, sind nach Auffassung des BFH diese durchzuführen.

2. Verhältnis zum Unionsrecht

Eine Verrechnungspreiskorrektur nach § 1 Abs 1 AStG ist im Grundsatz eine zur ausgewogenen Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen betroffenen Staaten gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 AEUV. Dies gilt allerdings nur, solange der dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt wird, etwaige wirtschaftliche Gründe für sein Handeln vorzubringen und nachzuweisen.

Mit der Entscheidung vom 27. November 2019 bestätigt der BFH die Hornbach-Entscheidung des EuGH (EuGH vom 31.5.2018  C-382/16, Hornbach Baumarkt AG). Der EuGH hatte damals entschieden, dass eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG nur bedingt europarechtskonform ist und dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit des Nachweises einzuräumen ist, dass die nicht der Fremdüblichkeit entsprechenden Bedingungen aus wirtschaftlichen Gründen vereinbart wurden, die sich aus seiner Stellung als Gesellschafter der gebietsfremden Gesellschaft ergeben.

Im Streitfall hatte das Finanzgericht bisher versäumt, Feststellungen zu möglichen wirtschaftlichen Gründen für die Zinsverzichte zu treffen. Der BFH hat das Verfahren an das FG zurückverweisen und gibt ihm die Gelegenheit, dies nachzuholen.

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