Ein Mietverhältnis, welches zwischen nahen Angehörigen geschlossen wird, muss für die steuerliche Anerkennung den Kriterien des Fremdvergleichs entsprechen. Dies ist dann nicht der Fall, wenn es in zahlreichen Punkten von den zwischen fremden Dritten üblichen Vertragsinhalten abweicht.
Nach der Rechtsprechung des BFH führt nicht schon allein eine geringfügige Abweichung einzelner Merkmale des Sachverhaltes vom Üblichen zu einer Nichtanerkennung eines Mietverhältnisses. Nach der sich bereits umfangreich gebildeten Rechtsprechung, kommt es auf eine Gesamtbeurteilung des Vertragsverhältnisses an, bei der die einzelnen Kriterien lediglich Indizfunktion haben.
Sollten ursprünglich unklare Vereinbarungen getroffen worden sein, kann für die Prüfung des Fremdvergleichs der Mietverträge unter Angehörigen die spätere tatsächliche Übung der Vertragspartner betrachtet werden.
Hierbei können auch Tatsachen außerhalb des strittigen Zeitraums herangezogen werden, wenn sie für die Streitjahre von Bedeutung sind.
Wichtig ist, dass die vertraglichen Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden, wie bspw. Zahlung der Miete entsprechend der vertraglichen Regelungen. Die Miete sollte daher stets (durch einen Dauerauftrag, damit nicht verspätet) überwiesen werden und eine Abrechnung der Nebenkosten sollte regelmäßig erfolgen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass, auch wenn einzelne Regelungen eines Vertrages nicht dem Fremdvergleich standhalten sollten, nicht der gesamte Vertrag steuerlich unberücksichtigt bleiben muss. Vielmehr ist der streitige Umstand im Zusammenhang mit sämtlichen weiteren Aspekten zu würdigen, die für oder gegen eine private Veranlassung des Vertragsverhältnisses sprechen.
In dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4. Oktober 2016 (IX R 8/16) ging es um den Fremdvergleich des Mietverhältnisses zwischen Mutter und Sohn; dies entsprach nicht den Kriterien des Fremdvergleichs und konnte daher in den Streitjahren nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
In dem Urteil ging es um folgenden Sachverhalt:
Der Kläger (Sohn) war in den Streitjahren 2006 und 2007 Eigentümer einer Doppelhaushälfte, in der er früher einmal selbst gewohnt hatte. Im Juni 2002 schloss er mit seiner Mutter eine privatschriftliche Schenkungsvereinbarung ab, nach der die Mutter ihm einen Betrag in Höhe von EUR 115.000,00 schenkte. Ferner wurde vereinbart, dass die Mutter die Schenkung jährlich bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 10.000,00 durch schriftliche Erklärung, ohne, dass eine Begründung erforderlich wäre, bis zur ersten Dezemberwoche des jeweiligen Jahres widerrufen durfte.
Am 10. Oktober 2002 schloss der Sohn mit seiner Mutter einen schriftlichen Mietvertrag über das Haus. Darin wurde vereinbart, dass die monatliche Miete von EUR 400,00 zum dritten Werktag eines Monats auf das Konto des Sohnes zu zahlen sei. Die Nebenkosten sollten nach einer einmal jährlich zu erstellenden Abrechnung gezahlt werden. Eine Vorauszahlung der Nebenkosten wurde nicht vereinbart. Die Kündigungsfrist betrug zwölf Monate. Eine Anpassung der Kaltmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete war jederzeit mit einer Frist von einem Monat möglich.
Am 6. Dezember 2002 erfolgte ein Nachtrag zum Mietvertrag: Darin wurde abweichend von den bisher im Mietvertrag geregelten Zahlungsbestimmungen vereinbart, die Miete und die Nebenkosten einmal jährlich durch Widerruf der Schenkung und Aufrechnung zu leisten. Dies sollte gelten, solange noch Schenkungsbeträge vorhanden seien.
Ab Januar 2004 wurde die Miete auf EUR 470,00 und ab Januar 2005 auf EUR 550,00 erhöht.
In seinen Steuererklärungen für 2006 (EUR -15.152,00) und 2007 (EUR -7.364,00) erklärte der Sohn Verluste aus Vermietung und Verpachtung der Doppelhaushälfte, was zunächst erklärungsgemäß berücksichtigt wurde.
Anlässlich einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass eine verbilligte Vermietung vorliege und daher die Werbungskosten nur anteilig zu berücksichtigen seien. Es erließ entsprechende Änderungsbescheide, gegen die der Kläger Einspruch einlegte.
Das Finanzamt vertrat die Meinung, dass die Gestaltung des Mietverhältnisses einem Fremdvergleich nicht standhalte und wies in seiner Einspruchsentscheidung die Einsprüche des Sohnes als unbegründet zurück. Zugleich erfolgte eine Verböserung der Steuerfestsetzungen der Jahre 2006 und 2007 indem die Verluste aus der Vermietung der Doppelhaushälfte nicht mehr berücksichtigt wurden.
Die nachfolgend erhobene Klage beim Finanzgericht hatte zunächst Erfolg. Das erstentscheidende Finanzgericht war der Meinung, dass das Mietverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam zustande gekommen sei und mit Blick auf die getroffenen Vereinbarungen und in seiner Durchführung einem Fremdvergleich standhalte. Zwar bestünden Abweichungen vom Normalfall eines Mietvertrages, diese seien aber nicht wesentlich, so dass die Verluste vollständig anzuerkennen seien.
Das Finanzamt legte hiergegen Revision ein.
Entsprechend der Auffassung des Bundesfinanzhofes – in seinem Urteil vom 04.10.2016 – kann das streitige Mietverhältnis nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Wie in der Urteilsbegründung ausgeführt wurde, sind an die Vereinbarung und Durchführung von Verträgen zwischen nahe stehenden Personen strenge Anforderungen zu stellen, da es typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und erklärte wörtlich: „Das Finanzgericht hat im Rahmen einer unvollständigen und unzutreffenden Gesamtwürdigung rechtsfehlerhaft angenommen, dass das streitige Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter einem Fremdvergleich standhält und der Besteuerung zugrunde zu legen ist.“
Insbesondere hat es die im zeitlichen Zusammenhang vereinbarte Schenkungsabrede nicht entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf Fremdüblichkeit geprüft. Ebenso wurden die mietvertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend auf ihre Fremdüblichkeit sowie ihre Verstöße gegen zwingende bürgerlich-rechtliche Vorschriften gewertet, bei denen es sich um zwingendes, nicht abdingbares Recht handelt (hier: Kündigungsfrist, Anpassung der Kaltmiete, fehlende Mietsicherheit).
Ferner hat das Finanzgericht weder die nicht fremdübliche Durchführung noch die von den getroffenen Vereinbarungen abweichende Durchführung hinreichend gewürdigt.
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Ausgestaltung entsprechender Mietverhältnisse darauf zu achten ist, dass die getroffenen Vereinbarungen bei der Gesamtbeurteilung des Vertragsverhältnisses den Kriterien des Fremdvergleichs standhalten müssen. Die Rechtsgrundlage für den Fremdvergleich sind die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO.