Online-Handelsregister in der Kritik: Verband fordert Abschaltung

Verstöße gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union (EU)? Der Verband „Die Familienunternehmer“ fordert auf Grundlage eines neuen Gutachtens die Abschaltung des Portals handelsregister.de bis der Datenzugriff datenschutzkonform umgesetzt ist. Gewerbetreibende sollten ihre eingetragenen Daten möglichst zeitnah überprüfen und können ggf. Löschungsansprüche geltend machen.

Bereits seitdem der Zugriff auf das Online-Handelsregister („handelsregister.de“), kostenlos und ohne Registrierung, am 1. August 2022 freigeschaltet wurde, steht das Portal besonders für die Fülle der dort abrufbaren Daten in der Kritik. Im Mittelpunkt der Vorwürfe: persönliche Details zu Firmengründern können frei abgerufen werden - teilweise inkl. Geburtsdatum, Privatadresse und Bankverbindungen. Hinzu kommen mitunter auch frei verfügbare Bilddateien und PDFs, die sensible Daten, wie Unterschriften, Pässe oder gar Heiratsurkunden enthalten.

Verband fordert Abschaltung des Portals

Die Problematik ist nun infolge eines Gutachtens im Auftrag des Verbands „Die Familienunternehmer“ wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: Der Verband fordert auf Grundlage der Feststellungen des Gutachtens - nämlich Verstöße gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union (EU) -  die Abschaltung des Portals, bis der Datenzugriff datenschutzkonform umgesetzt ist.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hatte bereits im Oktober angekündigt, dass er in Abstimmung mit den Ländern und der Bundesnotarkammer dazu eine schnelle Lösung anstrebe. So soll für die Zukunft sichergestellt werden, dass keine Dokumente mehr hochgeladen werden, die Privatadressen, Unterschriften oder Ausweiskopien enthalten. Ferner soll der derzeitig online verfügbare Datenbestand bereinigt werden. Bis wann und wie gründlich diese Bereinigungen vorgenommen werden, bleibt abzuwarten.

Gewerbetreibende sollten eingetragene Daten überprüfen und können ggf. Löschungsansprüche geltend machen 

Solange die vom Bundesjustizminister angekündigten Maßnahmen nicht konkret in Angriff genommen wurden, empfehlen wir Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister eingetragen sind, die für Einzelpersonen oder Gesellschaften im Register eingetragenen Daten zu überprüfen. Sollten sich unter www.handelsregister.de abrufbare Daten finden, die potenziell über das notwendige Maß hinausgehen, könnten Löschungsansprüche gem. Art. 17 und 21 DSGVO in Betracht kommen.

Hintergrund des Wegfalls der Registrierungs- und Zahlungsschranke für das Handelsregister ist das Bestreben der EU, die Gründung von Gesellschaften und die Verfügbarkeit von Registerinformationen zu simplifizieren. Die Mitgliedsstaaten hatten daher auf Grundlage des Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) der EU mit Ablauf der Umsetzungsfrist am 1. August 2022 den Registerzugang zu vereinheitlichen und damit Zugangsbeschränkungen sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen wegfallen zu lassen.

Ein großes Dankeschön für die Mitwirkung am Artikel geht an Philip Koch, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Baker Tilly.

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