Kryptowährungen und ihre ertragsteuerliche Behandlung

Toni WuSteuern

Nicht zuletzt durch die steilen Kursanstiege zahlreicher bekannter Kryptowährungen und deutliche Kurskorrekturen im Anschluss erfahren Bitcoin, Ethereum und Co. in den letzten Monaten immer mehr Aufmerksamkeit bei Anlegern, Finanzexperten und gleichermaßen in den Medien. Steuerlich gesehen, gibt es bei den rein virtuellen Währungen eine Reihe von Details und Besonderheiten, die zu beachten sind. Reguliert sind sie bisher nur in kleinen Teilen, beispielsweise im Bereich der Umsatzsteuer. Wie aber sind Kryptowährungen ertragsteuerlich zu behandeln? 

Kryptowährungen, auch als virtuelle Währungen, Token oder Coins bekannt, sind in kurzer Zeit zu einer eigenen Anlageklasse geworden. Trotz eines höchst volatilen Markts bleibt das Interesse in diese relativ neue Technologie ungebrochen. Dies zeigt sich unter anderem in dem explosionsartigen Kursanstieg der prominentesten Kryptowährung: Bitcoin. Oftmals verglichen mit Gold, erreichte der Bitcoin jüngst eine Marktkapitalisierung von einer Billion US-Dollar, dies entspricht einem Zehntel der Marktkapitalisierung von Gold (Marktkapitalisierung von ca. zehn Billionen US-Dollar). Die Verwendung als Zahlungsmittel ist jedoch nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten. Aufgrund der Bandbreite an Anwendungsfällen entstehen laufend neue Kryptowährungen. Auf CoinMarketCap, einer der bekanntesten Plattformen für das Preis-Tracking von Kryptowährungen sind bereits 5.340 Kryptowährungen gelistet, Tendenz steigend. So unterschiedlich diese sein mögen, kann erwartet werden, dass Kryptowährungen neben dem Finanzsektor zahlreiche Branchen transformieren werden.

Was sind Kryptowährungen?

Das Grundprinzip von Kryptowährungen basiert auf der Distributed-Ledger-Technologie, auch Blockchain genannt. Hierbei handelt es sich um die manipulationssichere und unveränderbare Handhabung von Transaktionen ohne Intermediäre, wie im klassischen Finanzwesen etwa Banken, in einem dezentralen Netzwerk. 

Wie funktionieren Kryptowährungen?

Ziel der Blockchain ist die dezentrale, manipulationssichere und unveränderbare Handhabung von Transaktionen. Die Sicherheit im Netzwerk wird dadurch gewährt, dass jede Transaktion in der Blockchain dezentral aufgezeichnet und in Echtzeit auf allen Rechnern der Teilnehmer im Netzwerk synchronisiert wird. Dies bedeutet, dass eine nachträgliche Veränderung der Transaktion nicht mehr möglich ist, sobald diese in der Blockchain festgeschrieben ist. Anders als bei einem zentralen Ansatz – zum Beispiel über ein Finanzinstitut – wird diese Aufgabe von den Teilnehmern des Netzwerks selbst übernommen, indem diese ihre Rechenleistung zur Verfügung stellen, um Transaktionen festzuschreiben. Der Korruptionsschutz wird dadurch gewährt, dass über ein Konsensverfahren möglichst verschiedene Teilnehmer des Netzwerks ausgewählt werden, um die nächsten Eintragungen in der Blockchain vorzunehmen. Die aktuell bekanntesten Konsensverfahren sind das Proof of Work-Verfahren (PoW) und das Proof of Stake-Verfahren (PoS).
In Anlehnung an das Schürfen von Gold wird die Gewinnung von Kryptowährungen durch die Durchführung von Transaktionen als Mining bezeichnet. Dieser monetäre Anreiz für erfolgreiche Transaktionsarbeiten soll gewährleisten, dass genügend Teilnehmer im Netzwerk zur Verfügung stehen, um die Verarbeitung der Datenblöcke zu übernehmen (sog. Miner). Dabei sieht das Netzwerk vor, dass für jede festgeschriebene Transaktion neue Einheiten der Kryptowährung entstehen, die als Aufwandsentschädigung den Minern zufließen.

Wie entstehen Einkünfte aus Kryptowährungen?

Einkünfte aus Kryptowährungen können auf verschiedensten Weisen erzielt werden. 

Der rege Handel auf Handelsbörsen zeigt, dass ein Großteil dieser Einkünfte im Rahmen von entgeltlichen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen erzielt wird. Auch der Umtausch von Kryptowährungen untereinander (sog. Swap) ist wie ein gleichzeitiger Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang zu behandeln. 

Eine andere Möglichkeit Einkünfte zu erzielen, ist die Teilnahme am Transaktionsverfahren und die daraus erzielten Aufwandsentschädigungen. Im PoW-Verfahren (z. B. bei Bitcoin) wird nur derjenige Miner entlohnt, der als Erstes eine bestimmte kryptographische Rechenaufgabe lösen kann. Höhere Rechenleistungen führen zu einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit ausgewählt zu werden, aber zwangsweise auch zu einem höheren Stromverbrauch. Deshalb ist das PoW-Verfahren in der Öffentlichkeit in Kritik geraten, da der Stromverbrauch ein Ausmaß erreicht hat, dass nicht mehr mit dem Ziel, der Auswahl eines Miners, in vertretbarer Relation steht. Aktuell verbraucht das Bitcoin-Netzwerk laut einer Studie der University of Cambridge jährlich mehr Strom als die Niederlande. Der Prozess der Festschreibung selbst stellt nur einen unbedeutenden Anteil am weltweiten Kryptostromverbrauch dar. Jedoch gibt es auch an dieser Stelle interessante Projekte bei der die Betreiber von „grüner Energie“ (z. B. bei Solaranlagen) überschüssig erzeugte Energie verwenden, um Kryptowährungen zu schürfen.

Im Gegensatz dazu setzen Kryptowährungen der zweiten und dritten Generation auf einen energieeffizienten Lösungsansatz: das Proof of Stake-Verfahren. Auch in diesem Verfahren wird ein Teilnehmer aus dem Netzwerk ausgewählt. Die Auswahl des Teilnehmers erfolgt nicht über einen Rechenwettbewerb, sondern durch die gewichtete zufällige Bestimmung eines wesentlichen Stakeholders des Netzwerks. Bewerkstelligt wird dies über den Verzicht der Verfügungsgewalt für eine bestimmte Zeit von einer bestimmten Anzahl von Kryptowährungen (sog. Staking). Durch das Staking wird dem Teilnehmer die Möglichkeit gewährt, als Validator am Konsensverfahren teilzunehmen. Der Einsatz von Kryptowährungen wurde vor dem spieltheoretischen Hintergrund eingebaut, dass Korruptionsversuche des Validators durch intrinsische Beweggründe verhindert werden sollen. Die eigene Bereicherung im Rahmen eines Manipulationsversuches würde ins Leere laufen, da das verwahrte Vermögen für längere Zeit als Sicherheit hinterlegt wird und die Folgen eines Vertrauensverlustes in die Blockchain zu einem Kurseinbruch führen würde, dem sich der Validator mit seinem verwahrten Vermögen nicht entziehen könnte. Denn der Wert der Kryptowährungen fundiert auf dem Vertrauen in die Integrität des Netzwerks.

Wie sind Kryptowährungen ertragsteuerlich zu behandeln?

Während für die umsatzsteuerliche Behandlung von Bitcoin und anderen sog. Virtuellen Währungen nach Urteil des EuGH vom 22. Oktober 2015, C-264 / 14, Hedqvist vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Schreiben vom 27. Februar 2018 erlassen wurde, gibt es aktuell für Fragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen nur einen Entwurf zu einem BMF-Schreiben vom 17. Juni 2021. Zwar gibt es Rechtsprechungen von Finanzgerichten, die das Thema Kryptowährung aufgreifen, aber auch eine endgültige höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist noch ausstehend. 

Festzuhalten ist demnach, dass für Steuerpflichtige hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Fragestellungen derzeit eine relative Rechtssicherheit herrscht, während für die ertragsteuerliche Behandlung nur der Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021 Anhaltspunkte aufgibt. Im Folgenden wird daher die ertragsteuerliche Behandlung näher beleuchtet.

Nach dem Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021, beschränkt die Finanzverwaltung die Einkunftserzielungsmöglichkeiten auf folgende fünf Arten:

  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 15 EStG
  • Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, § 19 EStG
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 EStG
  • Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 EStG
  • Sonstigen Einkünften, § 22 Nr. 3 EStG
Behandlung von Kryptowährungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Kryptowährungen sind durch ihre höchst liquiden Eigenschaften – vergleichbar mit denjenigen von Bankguthaben bei Kreditinstituten – und volatilen Wertsteigerungspotenziale nicht nur in der Theorie als Instrument zur Verbesserung von Quartalsergebnissen interessant. Als Praxisbeispiel kann der erste Quartalsbericht 2021 von Tesla angeführt werden. Nach dem Umtausch von 1,5 Milliarden US-Dollar in Bitcoin, zeigte Tesla, dass die liquiden Eigenschaften von Bitcoin auch auf Unternehmensebene genutzt werden können. Durch eine kurzfristige Veräußerung eines Teils ihrer Bestände, realisierte Tesla einem kurzfristigen Gewinn in Höhe von 101 Millionen US-Dollar.

Bilanzsteuerrechtlich werden Kryptowährungen im Betriebsvermögensvergleich als nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter behandelt, die entweder dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Die Finanzverwaltung geht in ihrem Entwurf vom 17. Juni 2021 davon aus, dass die Zuordnung im Anlagevermögen unter den Finanzanlagen auszuweisen ist und bei einer Zuordnung im Umlaufvermögen unter den sonstigen Vermögensgegenständen. 

Im Betriebsvermögensvergleich ist der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Für die Frage der Besteuerung ist daher maßgebend, ob das Betriebsvermögen durch den An- und Verkauf bzw. das Mining berührt wird. Der Kurs von Kryptowährungen ist – ähnlich einem Aktienmarkt – auf verschiedenen Handelsplattformen frei zugänglich. Gezahlte Preise stellen abgrenzbare Aufwendungen dar und ermöglichen eine Bewertung von Kryptowährungen, sodass Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter beim Ankauf mit den Anschaffungskosten in der Steuerbilanz zu aktivieren sind. Eine Realisierung der Gewinne erfolgt erst mit dem Verkauf oder Umtausch von Kryptowährungen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkaufspreis und dem Buchwert in der Steuerbilanz erhöht bzw. verringert das Betriebsvermögen und wirkt sich auf die Besteuerung aus. Hinsichtlich etwaiger Verluste ergeben sich keine besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen.

Die Einordnung als gewerbliche Tätigkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 EStG ist vom Umfang der Tätigkeit abhängig. Ist der Steuerpflichtige nachhaltig für eigene Rechnung tätig (Unternehmerinitiative) und trägt er auch das Unternehmerrisiko, kann im Regelfall von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden. Die im Rahmen des Mining als Aufwandsentschädigung gewonnenen Kryptowährungen, werden regelmäßig als Betriebsvermögen qualifiziert, da die Bereitstellung von Rechenleistung im Blockchain Netzwerk zu einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr führt. Im derzeitigen Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021 werden Mining-Leistungen von der Finanzverwaltung – unabhängig der erforderlichen Anfangsinvestitionen für Mining-Ausrüstung und Energiekosten – widerlegbar als gewerbliche Tätigkeit vermutet. Übersteigen die Kosten auf nicht absehbare Zeit den Gewinn, ist die Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen, da diese Kosten ggf. der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Damit das Mining nicht als Liebhaberei gewertet wird, muss das Mining auf Dauer gesehen dazu geeignet sein, aus dieser Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen (vgl. H15.3 (Totalgewinn) EStH 2019). 

Aufgrund des Aktivierungsverbotes nach § 5 Abs. 2 EStG für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, welche selbst hergestellt wurden, stellt der Aufwand im Mining sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar, welche sich steuermindernd auswirken. Sollten die Kryptowährungen jedoch als Umlaufvermögen qualifiziert werden, wirken sich die Aufwendungen erst im Zeitpunkt des Verkaufes der Kryptowährungen aus, da sie als Herstellungskosten zu aktivieren sind.

Gemäß Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021 führt bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG der Zugang von Kryptowährungen im Rahmen eines tauschähnlichen Vorgangs zu Betriebseinnahmen. Einheiten der Kryptowährungen sind als mit Wertpapieren vergleichbare, nicht verbriefte Forderungen und Rechte als Wirtschaftsgüter im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz  4 EStG anzusehen, deren Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 6 EStG) erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahmen im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen sind (Entwurf BMF-Schreiben 17.06.2021 Rz. 34).

Behandlung von Kryptowährungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Kryptowährungen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, kann nach Einzelfallprüfung eine Geldleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG oder einen Sachbezug im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellen, Entwurf BMF-Schreiben 17.06.2021 Rz. 70. Sachbezüge bleiben steuerfrei, wenn sie monatlich insgesamt 44 Euro –  ab dem 1. Januar 2022 50 Euro – nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).
Behandlung von Kryptowährungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen

Obwohl Kryptowährungen faktisch wie eine digitale Währung genutzt werden, handelt es sich mangels Zulassung nicht um ein gesetzliches Zahlungsmittel. Gemäß BaFin handelt es sich bei Kryptowährungen um Rechnungseinheiten im Sinne des § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG. Vergleichbar mit Devisen, gelten somit dieselben Grundsätze, die auch für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind (OFD Nordrhein-Westfalen vom 20.04.2018).
Der Gesetzgeber hat für Kryptowährungen bisher noch kein einschlägiges Tatbestandsmerkmal in § 20 EStG aufgenommen.

Einkünfte aus Kapitalvermögen können erzielt werden, wenn die Kryptowährungen wie Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente anzusehen sind (BMF-Schreiben 17.06.2021 Rz. 63). Voraussetzung dafür ist, dass die Kryptowährung als Wertpapier im Sinne des § 2 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) anzusehen ist. Die Finanzverwaltung weist diesbezüglich auf das Hinweisschreiben der BaFin vom 20. Februar 2018 - WA 11-QB 4100-2017/0010 hin. Auch kann es sich bei vermittelten Rechten um eine Schuldverschreibung handeln. 

Behandlung von Kryptowährungen als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und sonstigen Einkünften

Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen, die im Privatvermögen gehalten werden, sind als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne von § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren. Auf Anfrage der FDP (Drucksache 19/28573 vom 15.04.2021) sieht die Bundesregierung derzeit keinen Bedarf für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ertragsbesteuerung von Kryptowährungen.

Das FG Berlin-Brandenburg geht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2019 (AZ 13 V 13100/19) davon aus, dass Kryptowährungen als anderes bzw. sonstiges Wirtschaftsgut zu beurteilen sind. Dieser Meinung schließt sich auch die Finanzverwaltung in ihrem Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021 an. Kryptowährungen sind insoweit strukturell vergleichbar mit Fremdwährungen oder Devisen, deren Transaktionen ebenfalls von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG erfasst werden (vgl. Reiter/Nolte, Betriebs-Berater -BB-2018, 1179, 1181). Ob es sich aber tatsächlich um ein solches anderes Wirtschaftsgut handelt, ist derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt, weshalb auch eine vollständige Nichtsteuerbarkeit denkbar wäre. 

Die Qualifizierung unter den privaten Veräußerungsgeschäften erfolgt grundsätzlich nur, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Damit sind Gewinne aus dem An- und Verkauf von Kryptowährungen, bei denen der Zeitraum zwischen An- und Verkauf mindestens ein Jahr beträgt, nicht steuerbar. Darüber hinaus bleiben Gewinne steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften im Kalenderjahr weniger als 600 Euro beträgt. Die mögliche Steuerfreiheit aus der aktuell geduldeten steuerlichen Behandlung erklärt zumindest zum Teil die steigende Beliebtheit von Kryptowährungen als Vermögensanlage. 

Der Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften ermittelt sich aus der Differenz des Veräußerungserlöses und der Anschaffungskosten sowie der Werbungskosten wie z. B. Transaktionsgebühren (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EstG). Werden Einheiten einer Kryptowährung gegen Einheiten einer anderen Kryptowährung getauscht, ist als Veräußerungspreis der hingegebenen Einheiten einer Währung der Marktkurs der erlangten Einheiten der anderen Kryptowährung am Tauschtag anzusetzen (Entwurf BMF-Schreiben vom 17. Juni 2021 Rz. 42).

Werden Kryptowährungen wiederholt an- und verkauft (inkl. Tausch/Swaps in Einheiten anderer Kryptowährungen), kann nach Ansicht der Finanzverwaltung ein solcher Handel als gewerbliche Tätigkeit angesehen werden. Für die Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung können die Kriterien zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel herangezogen werden. Gem. Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 - X R 1/97 BStBl II 2001, S. 706) begründen häufige An- und Verkäufe noch keine gewerbliche Tätigkeit, auch wenn dabei ein größerer Umfang erreicht wird. Eine gewerbliche Betätigung setze demgegenüber voraus, dass sich der Steuerpflichtige „wie ein Händler“ bzw. „banktypisch“ verhält und einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nutzt (Entwurf BMF-Schreiben vom 17. Juni 2021 Rz. 38).

Im Gegensatz zu Verlusten im Betriebsvermögen unterliegen Verluste im Privatvermögen einer eingeschränkten Verlustverrechnung. Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften können nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften desselben Kalenderjahres verrechnet werden (§ 23 Abs. 3 Satz 7 EstG). Soweit kein anderer Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt worden ist, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit einen Verlustrücktrag in das unmittelbar vorangegangene Kalenderjahr sowie einen Verlustvortrag in die Folgejahre vorzunehmen (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG).

Der Zeitpunkt der Spekulationsfrist beginnt mit der Anschaffung. Dies spielt insbesondere eine Rolle, wenn Kryptowährungen sukzessiv nachgekauft werden. Für die Verwendungsreihenfolge geht die Finanzverwaltung in Ihrem Entwurf vom Grundsatz der Einzelbetrachtung aus. Aus Vereinfachungsgründen ist die Anwendung des FIFO-Verfahrens (First in First out) zulässig. Die einmal gewählte Methode ist auf jedes einzelne Wallet (Speicherort von privaten und öffentlichen Schlüsseln für Transaktionen im Netzwerk) und bis zur vollständigen Veräußerung der Einheiten einer Kryptowährung in diesem Wallet beizubehalten (Entwurf BMF-Schreiben vom 17. Juni 2021 Rz. 45). Daher ist eine lückenlose Dokumentation zwingend notwendig, da Mängel in der Dokumentation die Nichtsteuerbarkeit gefährden können. Auch der Wechsel oder die Umrechnung von einer Kryptowährung in eine andere sollte in der Dokumentation nicht vernachlässigt werden, da jede Umrechnung eine neue Spekulationsfrist auslöst.

Im Gegensatz zum Mining im PoW-Verfahren, ist die Abgrenzung zwischen gewerblichen Einkünften und privater Vermögensverwaltung beim Staking im PoS-Verfahren deutlich schwieriger. 

Grundsätzlich ist die bloße Verwaltung eigenen Vermögens regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit. Eine bloße Vermögensverwaltung ist anzunehmen, wenn sich die Betätigung noch als Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung nicht entscheidend in den Vordergrund tritt, (Entwurf BMF-Schreiben 17.06.2021 Rz. 29). Wann der Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. R 15.7 Abs. 1 EStR 2012).

Beide Konsensverfahren haben zwar das gleiche Ziel, könnten jedoch unterschiedlich steuerlich zu beurteilen sein. Eines der Abgrenzungsmerkmale ist die zufällige Auswahl der Validators im PoS-Verfahren. Die Chance ausgewählt zu werden, steht zwar in Korrelation mit der Höhe der verwahrten Kryptowährungen, der Erfolg kann jedoch nicht wirtschaftlich herbeigeführt werden, da eine gewichtete Zufallskomponente im Konsensverfahren integriert ist. Die Subsumtion der Aufwandsentschädigungen unter den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 3 EStG) liegt nahe, da hierunter jedes Tun, Dulden oder Unterlassen für eine Gegenleistung fällt. Auch diese Einkunftsart sieht einen Freibetrag vor. Einkünfte aus sonstigen Leistungen sind nicht steuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 Euro im Kalenderjahr betragen haben.

Sofern die Freigrenzen nicht überschritten werden oder die Spekulationsfrist bei privaten Veräußerungen nicht unterschritten wird, unterliegen Einkünfte aus privaten Kryptovermögen keiner Besteuerung. Andernfalls unterliegen alle Gewinne aus Kryptowährungen dem persönlichen Steuersatz.

Die Finanzverwaltung bezieht in Ihrem Entwurf erstmals Stellung zur Verlängerung der Spekulationsfrist auf 10 Jahre bei der Verwendung von Kryptowährungen als Einkunftsquelle, wenn zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG). Die Nutzung als Einkunftsquelle sieht die Finanzverwaltung eindeutig erfüllt beim Lending (Überlassung von Kryptowährungen gegen Entgelt), mit der Folge, dass die überlassenen Kryptowährungen einer verlängerten Spekulationsfrist von zehn Jahren unterliegen. 

Das Staking wird von der Finanzverwaltung als Nutzung einer Einkunftsquelle im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG ausgelegt, wenn das Halten von Kryptowährungen dazu führt, dass der Teilnehmer Transaktionen durchführt und dadurch zusätzliche Einheiten der Kryptowährung generiert (Entwurf BMF-Schreiben 17.06.2021 Rz. 49). Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist dies insbesondere beim Coldstaking und beim Betrieb einer Masternode der Fall. Unter dem Coldstaking versteht die Finanzverwaltung die langfristige Verwahrung von Einheiten einer Kryptowährung durch Aufgabe der Verfügungsgewalt über einen bestimmten Zeitraum im Austausch für ein Entgelt in Form von zusätzlichen Einheiten der Kryptowährung. Eine Masternode fungiert als Knotenpunkt/Speicherort einer vollständigen Kopie der kompletten Blockchain und dient als Durchführungsort von Transaktionen. 

Da das Staking die Verwahrung einer hohen Anzahl von Kryptowährungen erfordert, schließen sich kleine Stakeholder in der Praxis oft in einem Pool zusammen. Ziel des Zusammenschlusses ist, im Falle einer erfolgreichen Validierung des Pools, proportional an der Aufwandsentschädigung beteiligt zu werden, gemessen an der zur Verfügung gestellten Menge an Kryptowährungen. Mittlerweile bieten zahlreiche Handelsplattformen selbst diese Funktion für Ihre Kunden an. Der Zusammenschluss in einem Pool kann je nach vertraglicher Lage dazu führen, dass die allgemeinen Grundsätze zur Annahme einer Mitunternehmerschaft (vgl. H 15.8 Abs. 1 (Allgemeines) EStR 2012) zugrunde zu legen sind, da die Pool-Teilnehmer gemeinschaftlich das unternehmerische Risiko tragen.
Die Verwendung von Kryptowährungen kann somit weitreichende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen, sofern diese als Einkunftsquelle dienen. Ob diese Vorgehensweise auch von den Finanzgerichten getragen wird, bleibt weiterhin umstritten. Es muss abgewogen werden, ob die Nutzung als Einkunftsquelle im Vordergrund steht oder andere systematische Gründe vorliegen. Während die Nutzung als Einkunftsquelle beim Lending einfacher zu bewerten ist, sind die Gründe für das Staking nicht allein auf die Nutzung als Einkunftsquelle begrenzt. Unter anderem führt die Teilnahme am Staking-Verfahren zu einer Bereicherung des ganzen Netzwerks, da der Manipulationsschutz des Netzwerks mit der Anzahl der Validatoren ansteigt. Auch kann das Staking eine Art der Willensbildung der Netzwerkteilnehmer darstellen, mit dem Ziel eine nachhaltigere und umweltfreundliche Handhabung von Transaktionen zu bewirken. 

Neubeurteilung der steuerlichen Anknüpfungsmerkmale von Kryptowährungen bald notwendig

Kryptowährungen ermöglichen innovative Geschäftsmodelle, indem sie die Limitationen der traditionellen zentralen Systeme adressieren. Kryptowährungen haben zwar den Zugang zur Öffentlichkeit gefunden, befinden sich aber noch in ihrer Anfangsphase, die durch einen volatilen Markt geprägt ist. Kinderkrankheiten, wie der hohe Stromverbrauch im PoW-Verfahren, werden jedoch mittelfristig über laufende Updates der Netzwerk-Community gelöst. Mit den Updates einhergehend, wird eine Neubeurteilung der steuerlichen Anknüpfungsmerkmale notwendig werden. 

Empfehlung zum ertragsteuerlichem Umgang mit Kryptowährungen

Abschließend sollte zumindest das endgültige BMF-Schreiben des BMF abgewartet werden, da nur ein solches Bindungswirkung für die Finanzverwaltung entfaltet. Es bietet sich daher an, bei umstrittenen Fällen einen Einspruch einzulegen, sodass erst einmal keine materielle Bestandskraft eintritt. Zusätzlich sollte ggf. eine Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Darüber hinaus entfaltet das BMF-Schreiben keine Bindungswirkung auf die Finanzgerichte. Das FG Nürnberg weist in seinem Beschluss vom 08.04.2020 - 3 V 1239/19 darauf hin, dass die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen bisher noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen ist, weshalb eine endgültige Beurteilung abzuwarten ist. 
Aus unserer Sicht ist die Einzelfallbetrachtung zwingend notwendig, da jede Kryptowährung in ihrer Programmierung und Wirkungsweise sehr unterschiedlich aufgebaut sein kann. In den Medien werden Kryptowährungen oftmals mit Bitcoin gleichgesetzt, obwohl Bitcoin in seinen technischen Eigenschaften nicht maßstäblich für die technischen Eigenschaften aller Kryptowährungen stehen muss. Eine Aussage darüber, wie Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind, sollte daher pauschal nicht getroffen werden. Die Unterschiede zeigen sich beispielsweise in den vielen Konsensmodellen. 

Der Entwurf des BMF-Schreibens vom 17. Juni 2021 zeigt zwar einen steuerrechtlichen Rahmen auf, verweist aber gleichzeitig auch auf die gegebenenfalls notwendige Einzelbetrachtung. Zumindest bezüglich des Stakings stellt der Entwurf der Finanzverwaltung erhebliche Nachteile für den Steuerpflichtigen dar (Verlängerung der „Spekulationsfrist“). 

Ob diese Auffassung sich auch in der Rechtsprechung wiederfinden wird, wird sich erst durch zukünftige Klagen ergeben. Da die Verwendung von Kryptowährungen bereits weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann, ist die steuerliche Würdigung mit Hilfe eines Steuerberaters zu empfehlen. Dieser kann bei der Dokumentation sowie bei der steuerlichen Gestaltung – unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung – unterstützen. Besonders die Möglichkeit im Vorwege Rechtsschutz durch eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes einzuholen, ist vor dem Hintergrund fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechungen empfehlenswert. 

Vielen Dank an meine Co-Autoren Matthias Chuchra und Sascha Hoormann.

Dieser Beitrag soll und kann eine rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Trotz sorgfältiger Recherchen übernehmen die Autoren keine Haftung für die Aktualität, die Richtigkeit und die Vollständigkeit des Beitrags.

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